Der Vietnamkrieg endete am 30. April 1975. Sein Beginn ist nicht mit derselben Eindeutigkeit festzustellen. Die Lehrbücher und Lexika geben als Jahreszahl 1964 oder 65 an, aber im Grunde genommen erfolgte ein gleitender Übergang vom Ende des ersten Indochinakrieges in den zweiten.
Der erste Indochinakrieg, die Auseinandersetzung mit der Kolonialmacht Frankreich, wurde 1954 mit der Genfer Indochinakonferenz beendet.
In Nordvietnam etablierte sich die bereits 1945 unter HO CHI MINH gegründete Demokratische Republik Vietnam (DRV) , unterstützt von der Sowjetunion und der Volksrepublik China. Anderthalb Millionen Vietnamesen, vor allem Katholiken, flohen vom Norden nach dem Süden.
USA-Präsident EISENHOWER bot dem (katholischen) Präsidenten Südvietnams, NGO DINH DIEM amerikanische Hilfe und Unterstützung an. Das Engagement der USA in Südvietnam leitete sich aus der Politik des „containment“ (der Eingrenzung des Kommunismus) ab. Sie sahen sich an diesem Platz als Verteidiger der freien Welt.
1954 übernahmen die USA – nach einer Selbstdarstellung – von Frankreich „die Verantwortung für den Schutz Vietnams südlich der Demarkationslinie“. Von 1955 bis 1961 leisteten sie für 7 Milliarden Dollar Wirtschafts- und Militärhilfe.
DIEM lehnte freie Wahlen ab, formal verletzte er damit das Genfer Abkommen. 1955 entstand die „Republik Südvietnam“, ein Jahr später erhielt sie eine Verfassung. Das bedeutete die langfristige oder dauerhafte Teilung Vietnams in zwei Staaten.
Dagegen rührte sich Widerstand. 1960 wurde die Nationale Front für die Befreiung Südvietnams ins Leben gerufen. Neben der Opposition von Intellektuellen, Buddhisten und politischen Gruppierungen in den Städten wuchs die militärisch organisierte Widerstandsbewegung bekannt als Vietcong, die weitgehend von Nordvietnam versorgt und ausgerüstet wurde, das sich seinerseits auf die Hilfe der Sowjetunion und der unter sowjetischem Einfluss stehenden Staaten.
Es kam zu einem Guerillakrieg, wie er seit 1944 schon einmal gegen die Franzosen geführt worden war, mit Guerillastützpunkten im Dschungel, befreiten Gebieten usw. Die südvietnamesische Regierung setzte ihre Armee gegen den Vietcong ein und blieb dabei alles in allem erfolglos.
Der Anspruch der USA, in Südostasien die freie Welt zu verteidigen, wurde dadurch belastet, dass sie es in Saigon mit einem unfähigen, vom Volk nicht unterstützten Regime zu tun hatten. Die Korruption nahm überhand und im Militär herrschten Uneinigkeit und Cliquenwirtschaft. Nach einem von der CIA und der amerikanischen Botschaft unterstützten Militärputsch im Jahre 1963, der DIEM das Leben kostete und Cliquenkämpfe der sich rasch abwechselnden Nachfolger nach sich zog, wurde das Chaos eher noch größer.
Unter LYNDON B. JOHNSON, dem Nachfolger des ermordeten KENNEDY, weiteten sich die Kämpfe zum Krieg der USA gegen Vietnam aus. Als Auslöser diente der umstrittene „Zwischenfall“ im Golf von Tonking im August 1964. Im Schusswechsel nordvietnamesischer Patrouillenboote mit südvietnamesischen Sabotage-Kommandos soll der amerikanische Zerstörer „Maddox“, ein schwimmender elektronischer Aufklärer, in internationalem Gewässer angegriffen worden sein.
JOHNSON nahm dies zum Anlass, nur drei Tage später, am 7. August, im amerikanischen Kongress eine Resolution einzubringen, die den Präsidenten der USA ermächtigte, Militäreinsätze selbstständig zu befehlen.
Wenn auch bis heute strittig ist, wer ursprünglich wen provoziert hat, so unstrittig ist: mit der Tonking-Resolution, der eigentlichen Kriegserklärung an die DRV, öffneten sich die Schleusen für das direkte militärische Engagement der USA in Vietnam.
Als Verbündete der USA beteiligten sich Südkorea, Thailand, die Philippinen, Australien und Neuseeland. Kriegsbedingte Zahlungen der Bundesrepublik betrugen mehr als 25 Milliarden DM. Darüber hinaus wurde Entwicklungshilfe aus der BRD so positioniert, dass sie Projekten der südvietnamesischen Regierung zugutekam oder in die militärische Kriegführung der USA einbezogen werden konnte.
Der Krieg wurde auf verschiedenen Ebenen geführt:
Die politische und nationale Dimension des Guerilla-Krieges wurde nicht zur Kenntnis genommen. Weder Bombardierungen noch Bodenoperationen erreichten die gewünschte Wirkung.
Die Armee Nordvietnams und der Vietcong waren es, die bestimmten, wo, wann und wie lange gekämpft wurde, und damit die eigenen Verluste möglichst gering halten konnten, wie aus amerikanischen Einschätzungen hervorgeht.
Mit der vietnamesischen „Tet-Offensive“ 1968 wurde offensichtlich, dass ein militärischer Sieg der Amerikaner nicht zu erreichen war. 1968 konstituierte sich eine Provisorische Revolutionäre Regierung für Südvietnam.
Im November 1965 (14.–19.) fand die erste große Schlacht des Vietnamkrieges statt. Im gleichen Monat (27. November) wurde die erste bedeutende Antikriegsdemonstration vor dem Weißen Haus in Washington veranstaltet. Ab 1968 wuchsen die Proteste an, zunächst in den USA. Sie steigerten sich, je mehr amerikanische Soldaten in Vietnam fielen.
Im Hintergrund wurde verhandelt; das erste Treffen amerikanischer und nordvietnamesischer Unterhändler fand am 10. Mai 1968 in Paris statt. Mit der Unterzeichnung des Pariser Vietnam-Abkommens am 27. Januar 1973 beendeten die USA ihr militärisches Engagement in Vietnam und begannen mit dem Truppenabzug. Der Krieg hatte sie 58 000 Tote gekostet. Die amerikanische Wirtschaft war geschwächt, der politische Konsens der Gesellschaft zerbrochen.
Es war klar, dass Südvietnam nach dem Abzug der US-Streitkräfte nicht mehr zu halten war. Am 30. April 1975 marschierte die sogenannte Volksbefreiungsarmee in Saigon ein. Das Regime kapitulierte.
Die Folgen für Vietnam waren schwerwiegend. Wenn es auch nicht gelungen war, das Land „in die Steinzeit zurück zu bomben“, so war es doch durchgängig zerstört – und bleibt von den Folgen der chemischen Kriegführung wie von hinterlassenen Landminen bis heute bedroht. Die menschlichen Verluste können nur geschätzt werden; allein das Programm Phönix forderte in nur einem einzigen Jahr (1969) 13 000 Menschenopfer.
Die Einheit eines unabhängigen vietnamesischen Staates war erreicht. Am 2. Juli 1976 wurde die Sozialistische Republik Vietnam gegründet, Saigon wurde zu Ho-Chi-Minh-Stadt. Zum Schaden des Wiederaufbaus und der nationalen Einheit wurde das breite nationale Bündnis nicht erhalten, das den Sieg über die ausländische Aggression möglich gemacht hatte.
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