IMMANUEL KANT (1724–1804), der bedeutendste deutsche Philosoph der Aufklärung, veröffentlichte seine Schrift „Zum ewigen Frieden“ 1795. Es ist eine Abhandlung in der Form allgemeiner Vertragsbestimmungen, die einen dauerhaften Frieden zwischen Staaten nach Vernunftsprizipien garantieren sollen. Damit hat KANT eine Diskussion ausgelöst, die in der Politikwissenschaft bis heute anhält, weil er zwei entscheidende Bedingungen des internationalen Friedens zuerst formuliert hat.
Die erste Bedingung liegt im Zusammenhang von Demokratie und Frieden:
„Die bürgerliche Verfassung in jedem Staat soll republikanisch (= demokratisch) sein“.
Demokratien seien zum Frieden geneigt, weil die politische Vernunft ihrer Bürger die Kriegslasten und Kriegsfolgen ablehnen muss. Keine Kriegsbegründung kann der demokratischen Kontrolle durch die Staatsbürger standhalten.
Die zweite Bedingung liegt in einem „Föderalismus freier Staaten“, d. h. in einer internationalen Organisation als Friedensbund. Nur eine internationale Organisation kann garantieren, dass sich alle Staaten an den Kriegsverzicht halten. Sie bietet als freiwillige Rechtsgemeinschaft, was kein Staat für sich allein erzeugen kann: Sicherheit und gegenseitiges Vertrauen.
KANTs Leistung bestand darin, dass er die beiden Friedenskonzepte,
zusammengefügt hat. Obwohl die Welt von heute komplexer geworden ist, hat KANT die beiden Grundprobleme richtig benannt und die beiden wichtigsten Friedensursachen zutreffend beschrieben.
Mit Pazifismus wird zweierlei bezeichnet: zum einen eine menschliche Haltung und Einstellung, zum anderen eine politische Bewegung.
Pazifismus ist keine einheitliche Lehre. Es gibt:
Allen Richtungen geht es in Publikationen und Kongressen (Erster Weltfriedenskongress 1889 in Paris) um das Problem der Friedenssicherung durch
Die pazifistische Bewegung konnte den Ersten Weltkrieg nicht verhindern und verlor danach an Bedeutung. Pazifistische Positionen wurden aber weiterhin von Schriftstellern wie KARL KRAUS, STEFAN ZWEIG, ROMAIN ROLLAND und ERICH MARIA REMARQUE vertreten sowie von den Publizisten CARL VON OSSIETZKY und KURT TUCHOLSKY u. a.
Pazifistische Grundsätze sind in die Charta der Vereinten Nationen (1945) sowie in die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948) eingegangen.
Die Anti-Atomwaffen-Bewegung nach 1945 wird auch als Nuklearpazifismus bezeichnet. Seine Ziele waren das Verbot aller Atomwaffenversuche und die völlige atomare Abrüstung als wichtigste Schritte zu internationalem Frieden. Für den Nuklearpazifismus haben sich u. a. der bedeutendste Physiker des 20. Jh., Nobelpreisträger ALBERT EINSTEIN, und der deutsche Schriftsteller und Nobelpreisträger HEINRICH BÖLL engagiert.
Der damalige Präsident der USA WOODROW WILSON (1856–1926) hatte im Januar 1918 ein „14-Punkte-Friedensprogramm“ verkündet. Es sollte zur Beendigung des Ersten Weltkrieges führen und als Richtlinie für einen dauerhaften Weltfrieden dienen. Zu den Forderungen WILSONs gehörten:
WILSON vertrat weiterhin die Grundsätze einer Herrschaft des Rechts und eines „Bundes von Nationen mit demokratischen Verfassungen“ als Friedensorganisation. Die Errichtung des Völkerbundes 1920 war ein Erfolg des WILSONschen Friedenskonzeptes.
Der schwedische Friedensforscher JOHAN GALTUNG (geb. 1930) hat das Nachdenken über Friedenskonzepte als die
„größte geistige Herausforderung unserer Zeit“
bezeichnet. Er vertritt die Auffassung, dass Friedenskonzepte an zwei Zielen orientiert sein müssen:
Beide Ziele hat GALTUNG in einem Friedenskonzept verbunden, das er als Alternative zur militärischen Verteidigung eines Staates gegen einen militärischen Angriff entwickelt hat: das Konzept der gewaltlosen sozialen Verteidigung. Es besteht in der Strategie, jede Zusammenarbeit mit einer feindlichen Macht zu verweigern und die Institutionen und den Zusammenhalt der eigenen Gesellschaft trotz militärischer Besetzung durch solidarischen gewaltfreien Widerstand aufrecht zu erhalten. Nicht ein bestimmtes Territorium, sondern eine bestimmte Art zu leben und die Integrität einer Kultur werden so verteidigt.
Von GALTUNG stammt auch die grundlegende Unterscheidung von
Auf dieser Unterscheidung gründet sich sein erweiterter Friedensbegriff: Frieden ist definiert
Den Inhalt des positiven Friedens setzt GALTUNG mit sozialer Gerechtigkeit gleich. Das unterscheidet seine Friedenskonzeption von allen vorhergehenden. Er fordert nicht nur die Erforschung von Konflikten, um durch ihre Beilegung einen negativen Frieden zu sichern, sondern auch eine Entwicklungsforschung besonders für die Dritte Welt, um positiven Frieden durch größere soziale Gerechtigkeit zu erreichen.
Stand: 2010
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