Zentralverwaltungswirtschaft am Beispiel der ehemaligen DDR

Zwei Grundvarianten von Wirtschaftsordnungen

Jedem Wirtschaftssystem liegt eine Wirtschaftsordnung zugrunde, welche mit entsprechenden Regeln und Gesetzen sowie zuständigen Institutionen das wirtschaftliche Verhalten in der Gesellschaft bestimmt.

Die Grundelemente einer Wirtschaftsordnung sind:

  • die Eigentumsverhältnisse,
  • die Ordnungsfunktion des Staates,
  • die Mechanismen zur Beeinflussung von Angebot und Nachfrage.

Je nachdem, wie diese drei Elemente gestaltet werden, handelt es sich bei einer zu betrachtenden Wirtschaftsform entweder um freie Marktwirtschaft oder Zentralverwaltungswirtschaft.

In der freien Marktwirtschaft sichert der Staat als Grundrechte der freien Wirtschaft die Vertrags-, Koalitions-, Niederlassungs- und Gewerbefreiheit, ohne direkt in das Wirtschaftsgeschehen oder in die Beziehungen zwischen den Marktteilnehmern einzugreifen. Dabei basiert die Marktwirtschaft auf dem vorherrschenden privaten Eigentum an Produktionsmitteln. Dieser Eigentumsform entspricht das erwerbswirtschaftliche Prinzip, d. h. das Streben der Eigentümer nach höchstmöglichem Gewinn.
Die Wirtschaftsprozesse selbst werden von Angebot und Nachfrage auf den Märkten organisiert und geregelt.

Basis der Zentralverwaltungswirtschaft ist im Unterschied zur freien Marktwirtschaft das gesamtgesellschaftliche Eigentum an den Produktionsmitteln. In dieser Wirtschaftsordnung unterliegen alle Wirtschaftsprozesse, die Entwicklung der Produktion, die Produktion selbst und die Verteilung und Verwendung der Güter, der staatlichen Planung, Koordinierung und Überwachung.

Zentralverwaltungswirtschaft in der DDR ...

Die Deutsche Demokratische Republik wurde – aus der sowjetischen Besatzungszone hervorgegangen – im Jahre 1949 gegründet.
Bis zur deutschen Wiedervereinigung 1990 war die DDR ein sozialistischer Staat, der den gesamten Wirtschaftsprozess zentral plante, steuerte und kontrollierte. Die Wirtschaft basierte auf dem sozialistischen Eigentum. Die höchste Form des sozialistischen Eigentums war das Volkseigentum, das z. B. den Boden, die Bodenschätze, Bergwerke, Kraftwerke, Talsperren, Banken, Versicherungen, Verkehrswege und seit 1974 auch alle Industriebetriebe einschloss. Weitere Eigentumsformen waren das genossenschaftliche Eigentum, u. a. von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG), sowie das Eigentum gesellschaftlicher Organisationen, von Parteien, Gewerkschaften usw. Privateigentum gab es nur noch in kleinen Handwerks- und Gewerbebetrieben.

Während unter marktwirtschaftlichen Bedingungen die einzelnen Unternehmen nach dem Autonomieprinzip selbstständig und ohne Einfluss des Staates planen und entscheiden, waren unter den gesellschaftlichen Bedingungen in der DDR sämtliche wirtschaftliche Kompetenzen auf die politische Führung, also den Staat, übertragen. Wichtigstes Steuerinstrument der Wirtschaft war ein hierarchisch strukturierter bürokratischer Lenkungsapparat, der seine Entscheidungen durch verbindliche Direktiven durchsetzte. Dazu wurden die einzelnen volkseigenen Betriebe (VEB) in einem verwaltungswirtschaftlichen System verankert, welches beispielsweise aus einem übergeordneten Ministerium, einem zuständigen Außenhandelsbetrieb und/oder der Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) als Zwischenebene bestand.

Sämtliche wirtschaftlichen Vorgänge wurden in einem zentralen Plan erfasst. Die Planvorgaben resultierten aus der politischen Zielsetzung innerhalb eines bestimmten Zeitraums, den gegebenen volkswirtschaftlichen Bedingungen, u. a. der Zahl vorhandener Arbeitskräfte, dem Technisierungs- und Mechanisierungsgrad der Produktion oder dem Stand der Forschung, sowie den Anforderungen aus internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Außerdem waren die Löhne und Gehälter weitestgehend zentral festgelegt.

Auf den Warenmärkten der DDR und der übrigen sozialistischen Länder existierte kein freier Wettbewerb, sondern die zentrale Verbrauchsplanung. Sie hatte die Aufgabe, die Marktfaktoren Angebot und Nachfrage aneinander anzugleichen. Das geschah u. a. über die zentrale Festlegung von Preisen und über die Kontingentierung von Waren, die nicht im erforderlichen Umfang produziert werden konnten, so genannter Mangelware. So haben beispielsweise die extrem überhöhten Verkaufspreise für Personenkraftwagen zwangsläufig die Nachfrage gedrosselt, wenngleich die Wartezeit von der Bestellung bis zum Erwerb eines PKW trotzdem noch mehr als ein Jahrzehnt betrug. Gleichzeitig wurde mit dieser Art der Preisgestaltung auch die vohandene Kaufkraft der DDR-Bevölkerung abgeschöpft.

... und ihre Folgen

Schon in den Jahren des Bestehens der Deutschen Demokratischen Republik traten die Diskrepanzen zwischen den Zielvorstellungen der Pläne und den real erreichten Ergebnissen der Zentralverwaltungswirtschaft immer offener zutage: starke Lücken im Warenangebot, Schwarzhandel und überhöhte Preise für Waren und Dienstleistungen, bei denen der Bedarf nicht gedeckt werden konnte, oder schludriger Umgang mit Waren, deren Preise durch staatliche Stützung (Subventionierung) extrem niedrig gehalten wurden (für Grundnahrungsmittel, wie Brot, Mehl, Zucker usw.).

Als nach der Währungsunion am 1. Juli 1990 die Unternehmen in den neuen Bundesländern plötzlich dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt waren, traten die Folgen der Zentralverwaltungswirtschaft erschreckend offen zutage:
Der Mangel an Managementerfahrung und an Vermarktungsstrategien, die niedrigere Produktivität und geringe Rentabilität der meisten Betriebe sowie unflexible große Wirtschaftseinheiten führten meist in den Ruin. Die Betriebe verloren sehr schnell ihre angestammten Märkte vor allem in Osteuropa, und bis auf Ausnahmen konnten sie auch nicht auf dem Weltmarkt bestehen.

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