Direktinvestitionen im internationalen Vergleich

Internationaler Kapitalverkehr ist in den vergangenen vier Jahrzehnten explosionsartig gewachsen. Der Großteil dieser Finanztransaktionen sind spekulativer Natur, d. h. mit einem Anlagezeitraum von höchstens einer Woche. Neben diesen kurzfristigen Kapitalanlagen zählen

  • Kredite,
  • Anleihen,
  • Portfolioinvestitionen und
  • Direktinvestitionen

zu den grenzüberschreitenden Kapitalströmen.

Portfolios sind eine Kombination von verschiedenen Wertpapieren. Sie werden tendenziell kurzfristig angelegt und zielen auf Gewinne aus Kursentwicklung und Dividendenauszahlung. Bei Portfolioinvestitionen bestimmen ausschließlich kurzfristige Renditeinteressen der Anleger Anlageentscheidungen. In das Management des aufnehmenden Unternehmens wird in der Regel nicht eingegriffen.

Investitionen

„Anlage finanzieller Mittel in Sach-, Finanz- oder sonstiges Vermögen, das nicht für den kurzfristigen Verbrauch bestimmt, sondern längerfristig, zukunftsorientiert dazu dienen soll, Nutzen (i. d. R. Einnahmen, Gewinne) zu stiften. Es wird unterschieden zwischen

  • Anlage-Investitionen (Maschinen, Fahrzeuge, Gebäude),
  • Vorrats-Investitionen (Bestände an Rohstoffen oder Waren),
  • Ersatz-Investitionen (für aufgebrauchte oder abgenutzte Maschinen usw.) und
  • Erweiterungs-Investitionen (für zusätzliche Maschinen usw.)“.

Globalisierung und Direktinvestitionen

Direktinvestitionen gelten als wichtiger Indikator für die Globalisierung. Sie bilden in der Regel direkte, stabile und langfristige Verflechtungen zwischen Volkswirtschaften ab und es liegen weltweit vergleichbare Daten vor.
Direktinvestitionen in Prozent des nominellen Bruttoinlandproduktes (BIP) gelten als das am häufigsten verwendete, aus der Direktinvestitionsstatistik ableitbare Maß für die Globalisierung einer Volkswirtschaft. Dieser Indikator wird für die Zuflüsse, die Bestände oder die Einkommen aus Direktinvestitionen erstellt. Für längerfristige Betrachtungen eignet sich besonders der Kapitalbestand in Prozent des BIP.

Es bestehen mehrere Gründe für Auslandsinvestitionen, u.a.:

  • Erschließung neuer Absatzmärkte
  • Nutzen günstigerer Produktionsstandorte (Niedriglohnland) siehe auch: Outsourcing
  • Vermeiden von Wechselkursrisiken durch Verlagern von Produktionskapazitäten in die Absatzländer (Natural Hedging)
  • Diversifizierung des Anlageportfolios

Die Ausweitung der weltweiten Arbeitsteilung ist der Kern der so genannten Globalisierung. Multinationale Unternehmen bzw. transnationale Unternehmen sind zu einem entscheidenden Faktor der Weltwirtschaft geworden. Damit verbunden ist ein beträchtlich zunehmender Welthandel.

Der weltweite statistisch nachweisbare Warenhandel stieg zwischen 1950 und 2007 auf über das 29-fache, während die statistisch dokumentierte Produktion von Gütern sich nur auf das 8,6-fache vergrößerte.
Von 1980 bis 2007 stieg das Welthandelsvolumen von 2,4 auf 17,0 Billionen US-Dollar. Im Jahr 2007 wurden weltweit Waren im Wert von etwa 13.600 Mrd. US-Dollar und Dienstleistungen in der Höhe von etwa 3.300 Mrd. US-Dollar exportiert.

Ausländische Direktinvestitionen wuchsen 1970 und 2007 von 13 auf mehr als 1.800 Milliarden US-Dollar. Sie sind somit eine wesentliche Antriebskraft der Globalisierung. Ihr Wachstum wird nur noch von dem der internationalen Finanzmärkte deutlich übertroffen. Durch Direktinvestitionen werden ein bestimmender Einfluss auf ein ausländisches Unternehmen ausgeübt und langfristige Interessen verfolgt. Die überwiegende Mehrzahl der internationalen Direktinvestitionen in den Industriestaaten waren in den letzten Jahren Fusionen und Firmenübernahmen.
Direktinvestitionsunternehmen sind nach OECD-Definition Unternehmen, an denen der Direktanleger Anteile hält, darunter:

  • Tochterunternehmen (der ausländische Investor besitzt 50 Prozent des Kapitals),
  • Beteiligungsgesellschaften (der ausländische Investor besitzt zwischen 10 und 50 % des Kapitals),
  • Zweigniederlassungen (Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit im alleinigen Besitz des Investors).

Regionale und strukturelle Probleme bei Direktinvestitionen

Direktinvestitionen stammen weiterhin hauptsächlich aus Industrieländern. Allerdings treten immer häufiger auch Unternehmen aus so genannten Schwellenländern, wie

  • China,
  • Hongkong,
  • Taiwan,
  • Malaysia,
  • Singapur,
  • Südkorea,
  • Brasilien,
  • Mexiko und
  • Südafrika

als multinationale Akteure in Erscheinung. In Industrieländern werden auch die meisten Direktinvestitionen getätigt, doch ist ihr Anteil an den weltweit eingeflossenen Direktinvestitionen seit den 1990er-Jahren stetig gesunken.

Umgekehrt ziehen Entwicklungs- und Transformationsländer verstärkt Direktinvestitionen an. Mit der Umstrukturierung ihrer Volkswirtschaften haben vor allem China und die Länder Mittel- und Osteuropas in den letzten Jahren als Investitionsstandorte erheblich an Bedeutung gewonnen. Bei der regionalen Verteilung der Direktinvestitionen ist eine Schwerpunktverlagerung von Lateinamerika nach Asien sichtbar. China hat inzwischen traditionelle Empfängerländer wie Brasilien und Mexiko übertroffen. Die Kritik an internationalen Direktinvestitionen ist heute weitgehend verstummt. Direktinvestitionen werden als eine vorteilhafte Form der externen Finanzierung und des Technologietransfers in und für die Entwicklungsländer betrachtet. Kritisiert wird das Unterlaufen von Umweltstandards und Sozialstandards durch ausländische Investoren in den Entwicklungsländern.

Zwischen den Industrieländern fallen insbesondere die unterschiedlichen Entwicklungen in Westeuropa und Nordamerika auf. Während sich in Westeuropa die Schere zwischen aus- und einfließenden Direktinvestitionen immer weiter geöffnet hat, haben sich die Investitionsströme in Nordamerika zunehmend angeglichen.

  • In sektoraler Hinsicht ist bei Direktinvestitionen, stärker noch als im Außenhandel, ein Trend zum tertiären Sektor (Dienstleistungen) zu erkennen, insbesondere zu Finanzdienstleistungen und Handelsunternehmen,
  • während der Primärsektor (Rohstoffe) weiter schrumpft und nunmehr
  • auch der sekundäre Sektor (Industrieprodukte) insgesamt Anteile einbüßt.

Innerhalb des Industriesektors sind jedoch Direktinvestitionen in wissensintensiven Branchen wie der Chemie-, Pharmazie-, Automobil- und Elektronikindustrie ähnlich expansiv wie Dienstleistungsinvestitionen.
Direktinvestitionen sind auch ein Indikator für die Attraktivität und Qualität eines Produktionsstandortes. Vom Zu- oder Abfluss derartiger Investitionen hängt es ab, ob Arbeitsplätze entstehen oder fortfallen und ob die Produktion am Standort wächst oder schrumpft. Daraus ergeben sich Interessenkonflikte zwischen den Investoren einerseits und regionalen bzw. nationalen Politikern und Beschäftigten andererseits. Allerdings wäre es falsch, von einem Überschuss abfließender über zufließende Direktinvestitionen auf Standortmängel zu schließen. Direktinvestitionen im Ausland dienen nämlich nicht zuletzt auch der Abstützung des Exports. Unternehmensbefragungen in vielen Industrieländern zeigen, dass die Exportbegleitung, also etwa der Aufbau eines kundennahen Vertriebs- und Servicenetzes im Ausland, eines der wichtigsten Direktinvestitionsmotive ist.
Auch multilaterale Abkommen beinhalten zunehmend Komponenten, die Investitionen betreffen, wie die WTO-Abkommen

  • TRIMS (handelsbezogene Investitionsmaßnahmen),
  • GATS (Dienstleistungen) und
  • TRIPS (geistiges Eigentum).

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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