PHILIPP VON ZESENs Roman „Die Adriatische Rosemund“ (1645, siehe PDF "Philipp von Zesen - Adriatische Rosemund") gilt als der erste große deutsche Barockroman. Er ließ sein Buch im Amsterdamer Verlag Elzevier drucken, denn Holland wurde für ihn in diesen Jahren zu einer Wahlheimat. Als erster deutscher Berufsschriftsteller fertigte er vor allem Romanübersetzungen an. Der autobiografisch gefärbte Roman „Die Adriatische Rosemund“ hat auch Amsterdam zum Schauplatz.
HANS JAKOB CHRISTOFFEL VON GRIMMELSHAUSEN (1622–1676) schrieb mit „Der Abenteuerliche Simplicissimus Teutsch“ (1669, siehe PDF "Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen - Der Abenteuerliche Simplicissimus Teutsch") den ersten deutschen Prosaroman von Weltgeltung und den berühmtesten aller Barockromane in der Manier des spanischen Schelmenromans.
In urwüchsiger Sprache und mit hintergründigem Humor verarbeitete er gängige Schwankstoffe. Das Buch beschreibt, wie der einzelne ausschließlich über Erfahrungen zu Urteilen kommt.
Es ist die Geschichte des Simplicius, des „Einfältigen“, Simplicissimus, der im Dreißigjährigen Krieg (1618–48) zunächst als Page am Hanauer Hof, dann bei den kaiserlichen Truppen den Narren spielen muss und sich schließlich als „Jäger von Soest“ einen Namen macht, bis er in schwedische Gefangenschaft gerät, zu einer Heirat gezwungen wird, sich in Paris als Musiker und Schauspieler durchschlägt, eine zweite Ehe eingeht und schließlich den Westfälischen Frieden erlebt, sich nach Afrika einschifft, Schiffbruch erleidet und auf diese Art und Weise mehrere Kontinente bereist.
GRIMMELSHAUSEN, der 1635 selbst in den Militärdienst gezwungen worden war, zunächst als kaiserlicher Dragoner und später als Regimentssekretär, verarbeitete in diesem Roman in 6 Büchern seine Erlebnisse. GRIMMELSHAUSENs sprachlich genauer Realismus bestach ganze Generationen von Lesern und gehört heute zum Leseswertesten der Schelmenliteratur.
Fortsetzungen findet der „Simplizissimus“ in den Romanen „Trutz Simplex oder ausführliche und wunderseltsame Lebensbeschreibung der Erzbetrügerin und Landstörzerinn Courasche” (siehe PDF "Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen - Trutz Simplex") und „Der seltzame Springinsfeld” (siehe PDF "Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen - Der seltsame Springinsfeld", beide 1670). Die Hauptpersonen der Romane waren im „Simplicissimus Teutsch” bereits aufgetreten.
Die „Courasche“ als weibliches Gegenstück zum „Simplicissimus” zeichnet das erbarmungslos realistische Portrait einer Frau, die in die Wirren des Dreißigjährigen Krieges hineingezogen wird. Einst einigermaßen wohlhabend, endet sie als Landstreicherin. Die Geschichte der „Courasche” inspirierte BERTOLT BRECHT 1939, angesichts des gerade gescheiterten Spanischen Bürgerkrieges und des bevorstehenden Zweiten Weltkrieges, zu seinem Antikriegsstück „Mutter Courage und ihre Kinder”.
Der „Springinsfeld” beschreibt die Geschichte eines ehemals tüchtigen Soldaten, mit dem sich Simplicissimus in Westfalen befreundet hat. Später erscheint er als ausgemergelter und heruntergekommener Landstreicher.
JOHANN BEER (1655–1700), Erfinder des Musikantenromans, gilt neben GRIMMELSHAUSEN als der bedeutendste deutschsprachige Romanschriftsteller des 17. Jahrhunderts. Er wirkte u.a. als Literat, Musiker und Komponist. In der Tradition des Schelmenromans geschrieben ist der Doppelroman „Die kurzweiligen Sommer=Täge“ (1683) und „Die teutschen Winter=Nächte“ (1682, siehe PDF "Johann Beer - Die teutschen Winter-Nächte").
CHRISTIAN REUTERs (1656 bis um 1712) „Schelmuffskys Warhafftige Curiöse und sehr gefährliche Reisebeschreibung zu Wasser und Lande“ (1696/97, siehe PDF "Christian Reuter - Schelmuffskys warhafftige curiöse und sehr gefährliche Reisebeschreibung zu Wasser und Lande") ist eine derbe Vermischung von Abenteuer- und Schelmenroman und parodiert den Abenteuerroman als triviales Genre. Reuter gilt als Dichter zwischen Barock und Aufklärung.
Der Schäferroman und der Staatsroman sind vor allem als Übersetzungen aus dem Englischen mit
und aus dem Französischen mit
HONORÉ D’URFÉs (1567–1625) „Astree“(1607, dt.: 1619)
im Deutschland des Barock vertreten.
Der erste utopische Roman Deutschlands entstand 1619 mit „Rei publicae christianopolitanae“ des lutheranischen Pastors JOHANN VALENTIN ANDRAÉ (1586–1654) unter dem Einfluss der „Utopia“ von THOMAS MORUS (1516) und THOMAS CAMPANELLAs „Cita del Sole“ (1623). Herzog ANTON ULRICH VON BRAUNSCHWEIG UND LÜNEBURG (1633–1714) schrieb die Romane „Die durchläuchtige Syrerin Aramens“ (5 Bde., 1669–73, siehe PDF "Anton Ulrich Herzog von Braunschweig - Die durchleuchtige Syrerinn Aramena") und „Römische Octavia“ (6 Bde., 1677–85).
Der heroisch-galante Roman schließlich verband den mittelalterlichen Amadis-Roman mit der antiken Schäferdichtung.
Stand: 2010
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