- Lexikon
- Kunst
- 2 Kunstgeschichte
- 2.7 Tendenzen der Kunst nach 1945
- 2.7.1 Die Nachkriegsjahre
- Tendenzen der Kunst 1945 bis heute
Zu den Begriffen, Strömungen und Stilen, die unter Umständen synonym gebraucht wurden und werden, gehören u.a.:
In der DDR entstanden im Wesentlichen drei Schulen, die nach den Sitzen der Kunsthochschulen benannt werden können:
Nicht nur verschiedene Stilrichtungen entstanden, sondern die Künstler versuchten auch, die Grenzen der Gattungen zu verwischen, aufzuheben. Plastische Bildwerke entstanden, Kombinationen zwischen Malerei und Plastik, sogenannte combine Paintings. Auch die Plastik wandelte sich und eroberte als
den Raum, kombiniert mit Video, Audio oder Malerei. Den durch Wände abgegrenzte Raum hob man z.B. in der Land-art ebenfalls auf, sodass plastische Gebilde in die Landschaften gesetzt wurden. Das sonst Generationen überdauernde Material ersetzten die Künstler zuweilen durch organische, sich langsam zersetzende Stoffe, sodass diese plastischen Gebilde den Verfall alles Seienden dokumentierten.
Die Zäsur 1945 ist innerhalb der Kunstgeschichte keine, die sich aus der Kunst selbst ergibt, sondern aus dem tiefen Einschnitt, den Europa und die Welt durch den Zweiten Weltkrieg und sein Ende erlebte. Deshalb wird das Jahr 1945 in jedem Künstler einen anderen Nachhall und also andere künstlerische Ergebnisse gehabt haben.
Die Katastrophe des Jahres 1945 endete in Deutschland politisch mit der bedingungslosen Kapitulation, die am 7. Mai vom Oberkommando der Wehrmacht unterzeichnet wurde.
Die Regierungen des Vereinigten Königreichs, der Vereinigten Staaten von Amerika, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und die Provisorische Regierung der Französischen Republik übernahmen am 5. Juni 1945 die oberste Regierungsgewalt in Deutschland. Das Dokument wurde von
unterzeichnet.
Die ersten Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Deutschland galten dem Überleben, der materiellen Sicherung der Existenz. Den Lebensalltag bestimmten Hunger, Not und soziale Härten. Millionen Flüchtlinge, zerstörte Städte, Infrastruktur und Industrie, knappe Lebensmittel und der mühevolle Wiederaufbau aller gesellschaftlichen Strukturen markieren die Epoche. Deutschland war ein besetztes Land, das durch die Siegermächte in vier Besatzungszonen aufgeteilt war:
In den Nachkriegsjahren kehrten einige jener Künstler nach Deutschland zurück, die während der NS-Zeit emigriert waren. Nicht wenige entschieden sich jedoch auch dafür, im Land ihrer Emigration zu bleiben.
Auch Künstler, die während der Weimarer Republik aus dem Ausland nach Deutschland gekommen waren und das vitale Kulturklima dieser Jahre geschätzt hatten, blieben nun Deutschland fern.
Nur zwei Jahre lang, von 1946 bis 1948, wirkte in allen Besatzungszonen ein liberaler Geist unter den Kulturverantwortlichen. Es schien Einigkeit darüber zu bestehen, dass sich „die geistige Erneuerung nur aus dem antifaschistischen Konsens“ entwickeln kann.
Künstlerisch begann eine Auseinandersetzung mit der unmittelbaren Vergangenheit: Eine ganze Reihe von Künstlern dokumentierte die infernalischen Zustände in den vom Bombenkrieg heimgesuchten Städten, die Ruinenlandschaften, die von Entsetzen, Trauer und Verzweiflung gepeinigten Menschen, die Haltlosigkeit im Angesicht des Todes.
So ist der umfassende Zyklus von Federzeichnungen und Holzschnitten des Malers, Grafikers und Zeichners WILHELM RUDOLPH (1889–1982) eine wertvolle Quelle über die Zerstörung Dresdens nach der Bombardierung in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945.
Andere Künstler, die die Erfahrungen des letzten Kriegsjahres unmittelbar künstlerisch umsetzten, sind:
Viele andere Künstler setzten sich in den folgenden, ersten Nachkriegsjahren mit diesem Themengebiet auseinander.
Für die vielen Künstler, die sich in anderen europäischen Ländern mit dem Elend des Zweiten Weltkrieges beschäftigten, seien stellvertretend erwähnt:
Stilistisch arbeiteten die Künstler in Ost und West sowohl gegenständlich als auch abstrakt. Die Besatzungsmächte dominierten zwar inhaltlich wie formal die Richtung der Kunstentwicklung in den Zonen, es gab zu Beginn der Besatzungszeit jedoch keinerlei Repressionen gegenüber den Künstlern.
Die Partei- bzw. Staatsführung der DDR ging nach 1949 dazu über, einen „volksverbundenen“ sozialistischen Realismus einzufordern, während in den Westzonen bzw. in der BRD sich die Orientierung an Frankreich und den USA verstärkte, wo sich schon während des Krieges Künstler der lyrischen Abstraktion zugewandt hatten.
Der abstrakte Expressionismus ging um 1945 von amerikanischen Künstlern aus. Die Kunstgeschichte kennt diesen Stil unter dem Begriff „New Yorker Schule“. Das „Action Painting“, hauptsächlich vertreten durch
sowie das „Colour Field Painting“ (Farbfeldmalerei), hauptsächlich vertreten durch
sind die hauptsächlichen Techniken des abstrakten Expressionismus.
1945/1946 entstand das Informel (frz.: art informel = informelle Kunst) als Malerei der Ungegenständlichkeit in Paris. Die Künstler wollten sich bewusst von der geometrischen Abstraktion abgrenzen. Die Maler waren gegen jegliche organisierte Formstruktur und gegen jede Kompositionsregeln ihrer Bilder. Deshalb mischten sie unterschiedliche Materialien mit Farbe und strukturierten diese Masse auf Malgründen. Die Linien und Farbflecken sollten spontan entstehen. Der Begriff entstand aus „signifiance de l’informel“ = Bedeutung des Formlosen, wie es der Kritiker MICHEL TAPIÉ nannte. Zu den Künstlern des Informel gehörten:
Das Informel wird von TAPIÉ, wie der Tachismus (von franz. tache = Klecks, Fleck), zur Art autre (franz. = andere Kunst) gezählt.
Der deutsche Maler, Grafiker und Bildhauer JÖRG IMMENDORFF wurde am 14. Juni 1945 in Bleckede bei Lüneburg geboren. Er war Schüler von JOSEPH BEUYS (1921–1986)an der Kunstakademie Düsseldorf. Seit 1976 hatte er mehrere kollektive Projekte mit A. R. PENCK (eigentlich Ralf Winkler, * 1939).
Seit 1977 entstand die Serie „Café Deutschland“. IMMENDORFF, der über ein Jahrzehnt als Kunstlehrer an einer Hauptschule arbeitete, wurde mit dieser Serie zum einem der bekanntesten deutschen bildenden Künstler. Er lebt in Düsseldorf.
Die Polaroidkamera wurde 1947 populär. Sie liefert nach einem von EDWIN H. LAND (1909–1991) entwickelten Sofortbildverfahren kurz nach der Aufnahme die fertigen Abzüge (fertiges Bild).
Am 26. April 1947 wurde die Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig wiedereröffnet. Berühmte Professoren waren:
Die Hochschule ging aus der Akademie für grafische Künste und Buchgewerbe hervor. Die sogenannte „Leipziger Schule“ der frühen 1970er-Jahre um
ist eine ihrer Ergebnisse. Diese Schule ist aber sehr heterogen, obwohl sie sich am sozialistischen Realismus orientierte. Gemeinsam ist allen Künstlern jedoch die gegenständliche Malweise. Während man den Leipziger Schülern
einen Rückgriff und eine Weiterentwicklung des Verismus nachsagt, sind
wohl eher einer traditionellen, an den alten Meistern geschulten, Malweise verpflichtet. Andere zur „Leipziger Schule“ gerechnete Künstler erbten den expressiven Ausdruck ihres Lehrers BERNHARD HEISIG. Dazu gehören:
Ebenso heterogen zeigt sich die seit dem Ende der 1990er-Jahre schon fast sprichwörtlich gewordene „Neue Leipziger Schule“. In neuerer Zeit machen die „Jungen“ um
international Furore. Auch diese Künstler malen gegenständlich. Für ihre Bilder werden in den USA derzeit Höchstpreise gezahlt. Ob sie sich auf Dauer durchsetzen können, ist jedoch ungewiss.
Als „Entdecker“ der Neuen Leipziger Schule gilt der Galerist GERD HARRY LYBKE (* 1961), Inhaber der „Galerie Eigen+Art“ in der Berliner Auguststraße sowie der Leipziger Dependenz in der ehemaligen Baumwollspinnerei, Spinnereistraße 7.
1948 wurde in Paris die Gruppe „CoBrA“ gegründet. Ihr Name bildete sich aus den Anfangsbuchstaben der Städte, aus denen die Künstler kamen: Copenhagen, Brüssel und Amsterdam.
gehörten mehr oder weniger fest dazu.
Der deutsche Maler und Bildhauer RAINER FETTING (* 1949) wurde am 31. Dezember 1949 in Wilhelmshaven geboren. Er gehört, wie auch SALOMÉ (WOLFGANG CIHLARZ, * 1954) und ELVIRA BACH (* 1951), zu den Neuen Wilden. Sein Hauptthema sind männliche Akte und Stadtlandschaften. Daneben schuf er auch Plastiken. Die Bronze „Willy Brandt“ wurde 1996 für das Berliner Willy-Brand-Haus gegossen. Daneben entstanden auch Combine Paintings und Filme.
Die Junk Art bzw. Junk Culture fand in den 1950er-Jahren Eingang in die Kunst. Dabei stellten JOHN CHAMBERLAIN (* 1926) und JEAN TINGUELY (1925–1991) u.a. Objektkünstler Abfallprodukte der Konsumgesellschaft in einen neuen Zusammenhang, indem sie sie für Assemblagen oder Environments verwendeten.
Die deutsche Malerin ELVIRA BACH wurde am 22. Juni 1951 in Neuenhain geboren. Sie wird von den Kunsthistorikern zu den Neuen Wilden gerechnet. Ihr Thema sind vor allem farbintensive Frauengestalten.
Der deutsche Maler MARTIN KIPPENBERGER wurde am 25. Februar 1953 in Dortmund geboren. Er malte, gestaltete Plakate und Collagen, probierte sich in Fotografie und Skulptur. Dieses Feld erweiterte er bis zu Rauminstallationen. Nach seiner Übersiedlung nach Berlin organisierte er u. a. Konzerte, war Geschäftsführer des Berliner „S.O.36“, einer Veranstaltungshalle im ehemaligen Kreuzberger Bezirks S(üd)O(st) 36. In den 1980er-Jahren entstanden erste Skulpturen. Sein Credo lautete, in Umkehrung zu JOSEPH BEUYS (1921–1986), „Künstler ist ein Mensch“. KIPPENBERGER starb am 7. März 1997 in Wien.
Seit 1954 wurde der Begriff Tachismus (von franz. Tache = Klecks, Fleck) vom französischen Kunstkritiker PIERRE GUÉGUEN verwendet. Dieser Malstil wird jedoch bereits seit der Mitte der 1940er-Jahre praktiziert. Der Tachismus wird von Michel TAPIÉ, wie das Informel (frz.: art informel: informelle Kunst), zur Art autre (franz. = andere Kunst) gezählt. Eine Abgrenzung der beiden Begriffe ist auch heute noch schwierig, deshalb werden sie oft synonym gebraucht.
zählt man zu den Künstlern des Tachismus.
Die Situationistische Internationale (S.I.) wurde 1957 von GUY-ERNEST DEBORD (1931–1994) in Cosio d’Arroscia/Norditalien gegründet. Sie existierte bis 1972. Die Künstler kritisierten die Gesellschaft und die Mediengesellschaft radikal, sie wollten theoretisch wie praktisch Situationen herstellen, die das Leben zum Kunstwerk machten. Zuweilen postulierten sie die Aufhebung der Kunst. Radikalste Forderung von Debord war, „die Abschaffung des Studiums und der Arbeit, der totale Umsturz und die endgültige proletarische Weltrevolution“ mit dem Ziel des unendlichen Genusses. Zu ihnen gehörten
Seit 1960 wird der Käthe-Kollwitz-Preis jährlich verliehen; gestiftet wurde der Preis von der Akademie der Künste der DDR. Seit den 1990er-Jahren wird er von der Berliner Akademie der Künste verliehen.
Der bekannteste Vertreter der Neuen Leipziger Schule ist NEO RAUCH. Er wurde am 18. April 1960 in Leipzig geboren. Einige Kunstkritiker zählen ihn jedoch noch zur (alten) Leipziger Schule, als Vorbereiter der „neuen“. RAUCH gehört zumindest zu einem der international gefragtesten Künstler der Gegenwart. Er war 1981–1986 Schüler von ARNO RINK (* 1940) und 1986–1990 Meisterschüler bei BERNHARD HEISIG (* 1925). Seit 2005 hat er selbst einen Lehrauftrag an der renommierten Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Seine figurative Ölmalerei nimmt Anregungen aus Werbung, Design, Comic und aus der Kunst der ehemaligen Lehrer des Malers auf. So übernahm er von HEISIG wohl die vielschichtigen Bildebenen, wie sie auch schon bei HIERONYMUS BOSCH (eigentlich JERONIMUS B. VAN AKEN, um 1450–1516) zu finden sind.
Der italienische Kritiker GERMANO CELANT kreierte 1967 den Begriff „Arte povera“ (ärmliche Kunst, eine Form der Objektkunst) und förderte die so benannte Kunstrichtung ins öffentliche Bewusstsein. Die Arte povera erklärt Banales zum Kunstwerk. Die Armut besteht hier nicht nur in der Armut des Materials, sondern auch in der Armut der Mittel, die der Künstler anwendet. Man verwendete z.B. Bordsteine oder steinerne Treppen, die man aus ihrer Umgebung in die Kunsthallen beförderte und zu Kunst erklärte. Aber auch natürliche Materialien, wie Pflanzen, wurden verwendet.
Der Will-Grohmann-Preis wird seit 1967 jährlich am 4. Dezember von der Akademie der Künste verliehen.
Der deutsche Maler TIM EITEL wurde 1971 in Leonberg (Baden-Württemberg) geboren. Er begann ein Romanistik-, Germanistik- und Philosophie-Studium in Stuttgart, dann Freie Kunst an der Hochschule für Kunst und Design in Halle (Burg Giebichenstein) und Malerei an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. In Leipzig war EITEL Meisterschüler bei ARNO RINK * 1940). Diesem Umstand verdankt er es, als Vertreter der Neuen Leipziger Schule genannt zu werden.
Die Menschen in seinen fast fotorealistisch wirkenden Bildern wirken vereinzelt, vereinsamt. Oft fehlen sie ganz. Sie atmen ein wenig den Hauch von EDWARD HOPPER (1882–1967), verleugnen das fotografische Vorbild nicht.
EITEL gründete 2004 die Künstler- und Ateliergruppe LIGA Berlin, die bis 2004 bestand.
Der Maler TILO BAUMGÄRTEL zählt zur Neuen Leipziger Schule. Er wurde 1972 in Leipzig geboren. Er war von 1991 bis 1994 Student der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig und Schüler von ARNO RINK (* 1940). BAUMGÄRTEL ist Mitglied des Künstler- und Atelierprojekts LIGA Berlin.
Seine Bilder erinnern an EDWARD HOPPERs (1882–1967) Stadtansichten, jedoch greifen sie Sujets aus, die dem deutschen Betrachter sehr vertraut erscheinen: die Wagenburg, Haltestellen, in denen der Efeu rankt und eine dem menschlichen Skelett ähnelnde Körperlichkeit bekommt. Es sind zum Teil surreale Blicke, die durch die giftig wirkenden Farben noch unwirklicher werden. Die Menschen in BAUMGÄRTELs Bildern werden zu Wartenden, zu Schatten. Die Apokalypse ist nah.
TOM FABRITIUS wurde 1972 in Radeberg geboren. Er studierte von 1996 bis 2001 Malerei/Grafik an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig bei ARNO RINK (* 1940). Seit 2001 ist er Meisterschüler bei RINK. Die Bilder von FABRITIUS erinnern nicht nur an Schnappschüsse aus dem Fernsehen: Seine Motive stammen aus den Action-Filmen Hollywoods. Es sind Nahaufnahmen, farbig stark konturiert, oder flächig gestaltete irreale Landschaften und Innenräume.
Der Maler MATTHIAS WEISCHER wurde 1973 in Elte bei Rheine geboren. Er zählt zu den Künstlern Neuen Leipziger Schule. An der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig war EITEL Schüler bei ARNO RINK (* 1940). Er ist Mitglied des Künstler- und Atelierprojekts LIGA Berlin. WEISCHER malt vor allem Innenräume, die
„auf den ersten Blick einen gewissen Eindruck von Verfall vermitteln, der auf den zweiten Blick eher rätselhaft erscheint und gespannt macht, was im nächsten Moment passieren könnte“ (Quelle: www.kunstmarkt.com).
Der Maler MARTIN KOBE wurde 1973 geboren. Er zählt zu den Künstlern der „Neuen Leipziger Schule“. KOBE ist Meisterschüler der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig.
Der Karl-Hofer-Preis wird seit 1979 jährlich von der Universität der Künste Berlin verliehen.
1980 wurde der Oskar-Kokoschka-Preis für Leistungen auf dem Gebiet der bildenden Kunst ins Leben gerufen.
Der (Joseph Mallord William)-Turner-Preis wird seit 1984 jährlich in Großbritannien von der Tate Gallery London verliehen. 2004 wurde der Künstler JEREMY DELLER (* 1966) geehrt.
Seit 1999 wird der HAP-Grieshaber-Preis von der Stiftung Kunstfonds und der VG Bild-Kunst verliehen. Preisträger waren:
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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