- Lexikon
- Geschichte
- 10 Demokratie und Diktatur in Deutschland
- 10.3 Der Zweite Weltkrieg
- 10.3.3 Widerstand in Deutschland und den besetzten Ländern
- Die Männer des 20. Juli 1944 – z. B. Carl-Heinrich von Stülpnagel
Der zwanzigste Juli 1944 ist in die Geschichte als Datum des Attentatsversuchs auf HITLER durch Vertreter des militärischen deutschen Widerstandes eingegangen.
Das Ziel des Attentates war, den Sturz des NS-Regimes herbeizuführen und die Wiederherstellung rechtsstaatlicher Verhältnisse sowie die sofortige Beendigung des aussichtslosen Krieges zu ermöglichen.
In der militärischen Führung bildeten sich bereits 1938 oppositionelle Kräfte, die aber durch die außenpolitischen Erfolge nicht wirksam werden konnten. Angesichts der Niederlagen der Hitlerdiktatur an allen Fronten ab 1943 aktivierten im Oberkommando des Heeres um den General FRIEDRICH OLBRECHT (188–1944) und den Oberst CLAUS GRAF SCHENK VON STAUFFENBERG ihre Bemühungen zur Sammlung von Gleichgesinnten, um HITLER zu beseitigen. Sie hatten Kontakte zu Admiral CANARIS (1887–1945) dem Chef des Amtes Ausland/Abwehr und dessen Stellvertreter Generalmajor HANS OSTER (1888–1945) sowie zum Generalmajor HENNIG VON TRESKOW (1901–1944) an der Ostfront und zum General CARL-HEINRICH VON STÜLPNAGEL. Der militärische Widerstand suchte und fand auch Verbindungen zum sozialdemokratischen und bürgerlichen Widerstand.
Eine kaum bekannte, bzw. wenig beachtete Aktivität im Rahmen des Attentats vom 20. Juli 1944 erfolgte durch den Militäroberbefehlshaber CARL-HEINRICH VON STÜLPNAGEL (1886–1944), dessen Adjutanten den Oberstleutnant CAESAR VON HOFACKER (1896–1944), ein Schwager des Hitler-Attentäters Graf STAUFFENBERG, und unter Mitghilfe von HANS OTTFRIED VON LINSTOW (1899–1944). Beide hatten seit Sommer 1943 intensive Kontakte zur militärischen Opposition in Berlin und vor allem zum Komitee „Freies Deutschland“ im Westen. Dieses Komitee hatte sich zum politisch-organisatorischen Zentrum deutscher Antifaschisten in Frankreich, Belgien und Luxemburg entwickelt. Der Präsident des Komitees OTTO NIEBERGALL traf sich seit Ende 1943 mehrmals mit CAESAR VON HOFACKER. Sie vereinbarten die Zusammenarbeit mit dem Ziel, das NS-Regime zu stürzen.
Als die Nachricht vom Attentat auf HITLER Paris erreichte, veranlasste CAESAR VON HOFACKER seinen Chef den General CARL-HEINRICH VON STÜLPNAGEL die Verhaftung aller Gestapobeamter, Führer des Sicherheitsdiensts (SD) und SS-Angehöriger zu befehlen. General CARL-HEINRICH VON STÜLPNAGEL erteilte den Befehl zur Festnahme des genannten Personenkreises. In der Nacht zum 21. Juli 1944 erfolgte in Paris die Verhaftung von 1200 Gestapo- und SS-Leuten. Ein Standgericht sollte umgehend ein Urteil über sie fällen.
Als das Scheitern des Attentats in Paris bekannt wurde, schlug CAESAR VON HOFACKER vor, eigenständig den Krieg im Westen zu beenden. Der Oberbefehlshaber Feldmarschall HANS-GÜNTHER VON KLUGE lehnte den Vorschlag beim Besuch General STÜLPNAGELS in seinem Hauptquartier, dem Schloss von La Roche-Guyon, ab und befahl ihm, die verhafteten Gestapo- und SS-Schergen aus der Haft zu entlassen. Diese befanden sich ab 22. Juli 1944 wieder in Freiheit. KLUGE riet dem General zwar noch, sich Zivil anzuziehen und unterzutauchen, STÜLPNAGEL verweigerte sich jedoch diesem Vorschlag. Generalfeldmarschall WILHELM KEITEL beorderte den General am 21. Juli unverzüglich nach Berlin zur „Berichterstattung“. Der General ließ sich in seinem Kraftfahrzeug in die Reichshauptstadt fahren. Er ließ bei Verdun anhalten und schoss sich mit seiner Dienstwaffe in den Kopf und erblindete infolge dieses Selbstmordversuchs.
Das Nichtbefolgen eines eigenständigen Schrittes den Krieg im Westen zu beenden führte dazu, dass CARL-HEINRICH VON STÜLPNAGEL und CAESAR VON HOFACKER zum Tode verurteilt und am 30. August 1944 bzw. am 20. Dezember 1944 im Gefängnis Berlin-Plötzensee hingerichtet wurden.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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