Die „Rote Kapelle“

Fahndung und Verhaftung

Im Herbst 1942 gelang der Gestapo nach langjähriger Fahndungstätigkeit das Aufspüren der Berliner Widerstandsorganisation um den Nationalökonom und Oberregierungsrat im Reichswehrwirtschaftsministerium Dr. ARVID HARNACK (1901–1942) und den Oberleutnant der Luftwaffe im Reichsluftfahrtministerium HARRO SCHULZE-BOYSEN (1909–1942). Mit den am 31. August 1942 einsetzenden Festnahmen gerieten bis in das Jahr 1943 hinein reichend über einhundert Mitglieder der illegalen Organisation in die Hände der Gestapo-Sonderkommission. Diese wurde vom Reichssicherheitshauptamt extra für den Fall „Rote Kapelle“ gebildet. Von der Gestapo wurde die Bezeichnung „Rote Kapelle“ geprägt, da sie zu einem weitverzweigten illegalen Funknachrichtendienst der Sowjetunion gehörte. Nach Abschluss der Ermittlungen wurden in einer Prozessserie vor dem Reichskriegsgericht und in Nebenverfahren vor dem Volksgericht mehr als fünfzig der beteiligten Frauen und Männer zum Tode verurteilt. Über 25 der Kampfgefährten verurteilte die NS-Justiz zu mehr als 130 Jahren Zuchthaus- bzw. Gefängnishaft. Sieben Antifaschisten kamen bereits während der Gestapoverhöre und der „Voruntersuchung“ ums Leben.

Anklage

Angeklagt waren die Antifaschisten des sogenannten Hoch- und Landesverrats. Mit diesen Begriffen sollte der völkerrechtlich gebotene und geführte Widerstand der Frauen und Männer der Schulze-Boysen/Harnack-Organisation diffamiert werden.
Die hinsichtlich ihrer Anfänge bis auf das Jahr 1933 zurückreichenden Widerstandsaktivitäten der Organisation markieren eine über acht Jahre andauernde konspirativ durchgeführte Opposition gegen das NS-Regime. Die Zusammensetzung der Widerstandorganisation offenbart ein breites und differenziertes Bild sozialer Herkunftsbereiche und Tätigkeitsfelder. So finden wir neben Offizieren der Wehrmacht wie HARRO SCHULZE-BOYSEN und den Oberst bei der Luftwaffe ERWIN GEHRTS (1890–1943), Männer wie Dr. ARVID HARNACK aus hohen Regierungspositionen und Theaterpublizisten wie Dr. ADAM KUCKHOFF (1887–1943) in der Widerstandsorganisation. Kunstschaffende Frauen und Männer wie die Bildhauerin RUTHILD HAHNE (1910–2001), die Grafikerin ILSE SCHAEFFER, die Bildhauerin und Tänzerin ODA SCHOTTMÜLLER (1905–1943) und das Künstlerehepaar ELISABETH (1904–1942) und KURT SCHUMACHER (1905–1942) stärkten die Reihen der Organisation. Ärzte wie Dr. ELFRIEDE PAUL (1900–1981), der Zahnarzt HELMUT HIMPEL (1907–1943) und Dr. JOHN RITTMEISTER wirkten bei der illegalen Arbeit mit. Die Studentin URSULA GOETZE (1916–1943) und die Buchhändlerin und Fernstudentin EVA-MARIA BUCH (1916–1943 waren aktive Mitstreiter der Organisation. Vielfältige Kontakte entwickelten sich zu Arbeitern und Angestellten dazu zählten u. a. HILDE (1909–1943) und HANS COPPI (1916–1942), MARTHA und WALTER HUSEMANN (1909–1943), HERBERT GRASSE (1910–1942), JOHN SIEG (1903–1942) sowie KLARA SCHABBEL (1884–1943).

Geheimhaltung

Die absolute Geheimhaltung der gesamten Ermittlungen zur Aufdeckung der illegalen Organisation und die direkten persönlichen Eingriffe HITLERs und GÖRINGs im Verlauf der Verfolgung und Verurteilung der Hitlergegner markieren die besondere Betroffenheit der NS-Führung über die Widerstandshandlungen der Kämpfer um A. HARNACK und H. SCHULZE-BOYSEN. So wurde das Todesurteil gegen MILDRED HARNACK von HITLER persönlich gefordert. Ursache für das brutale Vorgehen des Regimes gegen die Mitglieder der Widerstandorganisation war die bittere Erkenntnis der NS-Machthaber, dass die von ihnen die als sicher und loyal gedachten Bevölkerungsschichten sich bewusst gegen die NS-Diktatur stellten und einen Beitrag zu seinem Sturz sowie zur Beendigung des Krieges leisteten.

Aktivitäten der Hitlergegner

Vielfältig waren die Aktivitäten der Hitlergegner. Sie reichten von wirtschaftlichen und militärischen Informationen an die Sowjetunion, über Flugblattaktionen gegen den Krieg, Aufrufe gegen die Hetzausstellung „Das Sowjetparadies“. Sie organisierten Hilfe für deutsche Fallschirmspringer, die nach Deutschland kamen um Informationen für die Sowjetunion zu beschaffen und halfen Kriegsgefangen und Zwangsarbeitern beim Überleben.
Die Widerstandsorganisation verstärkte nach dem Überfall auf die Sowjetunion im Sommer 1941 nicht nur ihre Flugblattaktionen, sondern sammelte und beschaffte, soweit es ihr möglich war, militärische und wirtschaftliche Informationen für die Sowjetunion, um auf diese Weise mitzuhelfen das Völkermorden zu verkürzen und ein demokratisches Deutschland in der Mitte Europas zu ermöglichen.

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