Widerstand oder Anpassung?

Nach der Machtübertragung an HITLER durch den Reichspräsidenten PAUL VON HINDENBURG am 30.1.1933 musste sich das deutsche Volk entscheiden, ob es Widerstand gegen die NS-Diktatur, die bereits in den ersten Tagen durch SA und SS-Terror ihren Charakter andeutete, leisten wollte oder ob es sich anpasste und dem neuen Regime folgen wollte.

  • Aktive Unterstützung,
  • Mitläufertum und
  • Anpassung

waren die vorherrschenden Verhaltensweisen der Deutschen gegenüber dem NS-Regime.

Kernstück der Anpassung

Ein Kernstück der Anpassung war die NS-Ideologie mit der Losung der „Volksgemeinschaft“. Sie propagierte den Gedanken, dass das deutsche Volk eine „Volksgemeinschaft“ bilden sollte, die alle sozialen, kulturellen und politischen Unterschiede aufheben oder gar ersetzen sollte. Die willensmäßige Geschlossenheit des ganzen deutschen Volkes sah das NS-Regime als Voraussetzung der Widerherstellung der deutschen Nation an. Sozial sollte die angestrebte „Volksgemeinschaft“ in der Teilnahme an Massenkundgebungen, der Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen wie dem „Winterhilfswerk“ und preiswertem Urlaub in Heimen für Arbeiter und Angestellten sowie Schiffsreisen mit speziell gebauten Urlauberschiffen verwirklicht werden. Der Zusammenschluss von „Betriebsführern“ und „Gefolgschaftsmitgliedern“ diente ebenfalls dem Ziel eine Volksgemeinschaft zu propagieren und zu errichten. Die Formel der „Volksgemeinschaft“, von der NS-Propaganda geschickt verbreitet, fand über die Jahre 1933 bis 1939 breite Zustimmung im deutschen Volk. Das war angesichts der vorangegangenen großen Weltwirtschaftskrise und der Weimarer Republik keineswegs verwunderlich. Nicht ohne Grund vertraute die NS-Diktatur auf die Verführungskraft der Idee. Das Regime konnte an aktuelle Stimmungen und emotionale Bedürfnisse anknüpfen, die in der deutschen Bevölkerung in den letzten Jahren der Weimarer Republik weitverbreitet waren.Ferner verstand das NS-Regime mit Propagandageschick, große Teile der Jugend für sich zu gewinnen. Es knüpfte an die Interessen der Jugend wie

  • Kriegsromantik,
  • Abenteuerlust,
  • Kameradschaft,
  • Heimatsinn und
  • Treue

an. Beeindruckt wurden die heranwachsenden Mädel und Jungen auch durch die scheinbar antikapitalistische Einstellung der NS-Machthaber. Nicht zufällig heißt es im Programm der NSDAP

„… Wir fordern die Ausbildung besonders veranlagter Kinder armer Eltern ohne Rücksicht auf deren Stand oder Beruf auf Staatskosten.“

Und im Kino nebenan lief der Propagandafilm „Hitlerjunge Quex“. In diesem Film wurde die Jugend zum Terror gegen alle Antifaschisten ermuntert. Die schwer durchschaubare Mischung von Propaganda und Terror bewirkte eine rasche Anpassung der deutschen Bevölkerung an das NS-Regime, die bis zum Mai 1945 vorhielt.

Widerstand

Die Zahl der widerstehenden Bürger im Land war sehr klein, dennoch ist die Stimme des Widerstand es nie verstummt. Bereits in den ersten Tagen nach der Machtergreifung setzte der Widerstand der Arbeiterbewegung ein. In Berlin tauchten an Mauern, Zäunen und Brücken Losungen auf: „Weg mit der Hitlerregierung!“, „Generalstreik“, „Arbeitereinheit gegen Hitler!“ „Hitler bedeutet Krieg!“ Auch in anderen Industriegebieten Deutschlands fanden bereits am 30. und 31. Januar 1933 Protestdemonstrationen statt, so in Breslau, Chemnitz, Dresden, Düsseldorf, Essen, Frankfurt a. M, Hamburg, Köln, Mannheim und Wuppertal.
Bedingt durch die bereits im Januar 1933 einsetzende Verfolgung aller Regimegegner entstanden illegale Widerstandsgruppen vor allem aus den Reihen der alten deutschen Arbeiterbewegung. Die Widerständler versuchten mit offensiver Propaganda und mit konspirativen kleinen Gruppen, sich eine Basis für den Sturz der Hitlerregierung zu schaffen.
Grenzstützpunkte im benachbarten Ausland halfen durch Schriftenschmuggel und Kurierdienste beim illegalen Ringen gegen die NS-Diktatur.
Das politische Exil deutscher Regimegegner bemühte sich um die publizistische Wahrheit über das Terrorregime in Deutschland z. B. mit der Herausgabe des „Braunbuches“.
Einigungsversuche zu einer Deutschen Volksfront in Frankreich scheiterten 1937. Durch eine Vielzahl von Terrorprozessen in Deutschland ging ab Mitte der dreißiger Jahre der Arbeiterwiderstand zurück.

Der Widerstand aus den Reihen des Militärs, der Beamtenschaft und Kirche formierte sich erst gegen die NS-Diktatur als deren Kriegskurs deutlich wurde. Eine 1938 geplante Beseitigung HITLERS gelangte nicht zur Ausführung.
Die deutsche Bevölkerung war 1939 keineswegs kriegsbegeistert. Aber es kam nur zu vereinzelten Widerstandaktionen gegen den Krieg.
Nach den deutschen militärischen Anfangserfolgen im Kriegsverlauf von 1939 bis 1941 war Widerstand gegen das Regime nur unter größter Vorsicht zu organisieren und durchzuführen.
Die Entbehrungen des Kriegsalltages und die ersten Niederlagen nach dem Überfall auf die Sowjetunion an der Ostfront führten zum Nachdenken über die NS-Diktatur. Widerstandsgruppen aus der Arbeiterbewegung artikulierten in den Kriegsjahren öffentliche Kritik am Regime.
Unter den harten Bedingungen der alltäglichen Verfolgung streuten Kommunisten, Sozialdemokraten ehemalige Gewerkschaftsmitglieder und parteilose Arbeiter und Angestellte Flugschriften aus, riefen zur Sabotage der Kriegsproduktion auf sowie zur Hilfe für Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. Sie verbreiteten illegale Informationen über die tatsächliche militärische Lage an den Fronten. Nicht wenige halfen bedrohten jüdischen Mitbürgern beim Überleben.

Jugendprotest gab es aus vielen Motiven. So versuchten jugendliche Mitglieder der nach HERBERT BAUM benannten Gruppe in Berlin, die zumeist aus der jüdischen Jugendbewegung stammten, mit einem Brandanschlag auf die Hetzausstellung „Das Sowjetparadies“ am 18. Mai 1942 am Berliner Lustgarten ein Signal des Widerstandes gegen das NS-Regime zu setzen.
Die Münchener Gruppe „Die Weiße Rose“ rief aus christlich-humanistischer Gesinnung in ihren Flugblättern zum Widerstand gegen den Krieg auf.

Der Widerstand in Deutschland war weder ausschließlich an eine Gruppe, eine soziale Schicht oder eine politische Partei gebunden. Er stand auch nicht unter einer einheitlichen Führung und er wurde keineswegs von einer einheitlichen Konzeption bestimmt. Die deutschen Widerständler vermochten nicht aus eigener Kraft die faschistische Diktatur zu stürzen, dennoch halfen sie vor allem moralisch bei der Befreiung des deutschen Volkes vom NS-Regime durch die Antihitlerkoalition am 8. Mai 1945.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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