- Lexikon
- Geschichte
- 7 Von der Reformation bis zum Absolutismus
- 7.3 Soziale Unruhen
- 7.3.1 Ritteraufstände
- Ulrich von Hutten – Reichsritter und streitbarer Humanist
Die Ursprünge der Burg Steckelberg in Hessen reichen in das 12. Jh. zurück. Die Burganlage ist allerdings schon im späten 17. Jh. endgültig zerfallen.
Auf dieser kleinen Burg, die zeitweise auch Raubritternest war, wurde ULRICH VON HUTTEN am 21. April 1488 geboren.
Da er einen geistlichen Beruf ergreifen sollte, schickte ihn seine Familie auf die Klosterschule Fulda. Von dort floh er allerdings 1505 und besuchte danach als ziemlich mittelloser Student eine Reihe deutscher Universitäten, darunter die Universitäten in Mainz, Köln, Leipzig, Wittenberg und Rostock.
An den Universitäten fand er Eingang in humanistische Kreise. Zugleich zeigte sich auch seine literarische Begabung. Im Jahre 1513 trat er in die Dienste des Erzbischofs von Mainz, ALBRECHT VON BRANDENBURG.
Dieser ermöglichte es ihm, seine Studien in Italien fortzusetzen. Dabei spürte er mit eigenem Erleben in Rom die Missstände am dortigen päpstlichen Hof. Er sah die Prunksucht der Päpste und ihren so gar nicht den christlichen Geboten entsprechenden Lebenswandel. Dadurch wurde ULRICH VON HUTTEN zu einem entschiedenen Kritiker des Papsttums und der auch von vielen Zeitgenossen als sehr kritikwürdig angesehenen Zustände in der katholischen Kirche überhaupt.
Die „Dunkelmännerbriefe“
Ab 1510 entwickelte sich in Köln ein Streit zwischen dem Humanisten JOHANNES REUCHLIN und dem Schriftsteller JOHANNES PFEFFERKORN. Letzterer war vom Judentum zum Christentum übergetreten und wandte sich nun in seinen Schriften vehement gegen seine früheren Glaubensbrüder. Er scheute sich dabei nicht, deren Ausweisung aus deutschen Städten zu fordern.
Dagegen wandte sich REUCHLIN. In einem Gutachten verteidigte er entschlossen die Rechte der Juden. Einige Jahr später veröffentlichte er eine Schrift mit dem Titel „Clarorum virorum epistolae“, was mit „Briefe klar denkender Männer“ übersetzt werden kann. Weitere Humanisten kamen REUCHLIN zu Hilfe und unterstützten dessen Position.
Ein Teil der Schriften über den Streit wurde unter dem Titel „Dunkelmännerbriefe“ veröffentlicht. Der größte Teil der Veröffentlichungen stammte maßgeblich aus der Feder des ULRICH VON HUTTEN. In etwas derbem Latein kritisierte er auf geistreiche wie auch auf polemische Art und Weise die Missstände in der Kirche im Allgemeinen und am päpstlichen Hof in Rom im Besonderen. Vor allem geißelte er die Heuchelei und die vielen Zeremonien in der Kirche sowie die mangelhafte Bildung und Ausbildung der Geistlichen. Obwohl sich ULRICH VON HUTTEN mit seiner Kritik auf die Seite von LUTHER stellte, übernahm er nicht dessen religiöse Vorstellungen und Lehren.
In den folgenden Jahren gab er weitere gegen das Papsttum gerichtete Schriften heraus. Dafür ernannte ihn der damalige Kaiser MAXIMILIAN II. 1517 zum Poeta laureatus, zum mit dem Lorbeerkranz gekrönten Dichter.
ULRICH VON HUTTEN kämpfte nicht nur mit der Feder, sondern auch mit dem Schwert in der Hand für ein verändertes Deutsches Reich. Das Rittertum befand sich in einer schwierigen Situation.
Die Reichsritter hatten in der damaligen Zeit häufig kaum ausreichende Einkünfte von ihren Ländereien. Dazu kam, dass durch die Ausbreitung der Handfeuerwaffen die Ritter, deren eigentliche Waffen das Schwert und die Lanze waren, für das Kriegshandwerk kaum noch benötigt wurden. Auch ihr politischer Einfluss hatte sich unter dem Einfluss der Landesfürsten stark verringert.
Um die Macht der Fürsten zurückzudrängen, setzte sich ULRICH VON HUTTEN für ein starkes Kaisertum, für die Aufwertung des Ritterstandes in der Gesellschaft und für die Eindämmung des Einflusses der römischen Päpste auf die Geschicke des Reichs ein.
ULRICH VON HUTTEN sah in einem der erfolgreichsten Haudegen und Raubritter seiner Zeit, dem Reichsritter FRANZ VON SICKINGEN, einen geeigneten Kampfgefährten.
Der hatte sich durch kriegerische Unternehmungen und Überfälle auf reiche städtische Kaufleute ein beträchtliches Vermögen und einen ansehnlichen Landbesitz verschafft. Sein Besitztum reichte von seiner Stammburg, der Ebernburg bei Bad Münster am Stein (Rheinland-Pfalz), bis an die Grenze zum Elsass.
ULRICH VON HUTTEN war mit von der Partie, als FRANZ VON SICKINGEN im Jahre 1519 gegen den ebenfalls sehr gewalttätigen und sogar vom Kaiser geächteten Herzog ULRICH VON WÜRTTEMBERG zog. Dafür hatte der dichtende Ritter noch einen triftigen persönlichen Grund. Jahre zuvor hatte der Herzog seinen Vetter HANS VON HUTTEN im Streit erschlagen. Der Kriegszug endete mit der Vertreibung des Württembergers.
Erfolglos war dagegen 1522 der Krieg der Ritter um FRANZ VON SICKINGEN gegen den Erzbischof und Kurfürsten von Trier. Die Ritter wollten diesen stürzen, um sich sein Land einzuverleiben. Nach einer achttägigen Belagerung musste das Heer der Ritter allerdings wieder abziehen.
Nun sammelten sich die Gegner des FRANZ VON SICKINGEN.
Eine Streitmacht aus Trier, aus der Pfalz und aus Hessen verfolgte ihn und stellte ihn westlich von Kaiserslautern.
SICKINGEN hatte sich zwar noch in der nahe gelegenen Festung Landstuhl verschanzen können. Die Festung fiel jedoch schon nach wenigen Tagen. Der Ritter selbst starb noch am Tag der Eroberung an seinen Verwundungen. Mit dem Tod ihres Führers war auch die militärische Macht der Reichsritterschaft gebrochen. Ein gewisser politischer Einfluss blieb aber noch fast 300 Jahre lang in beschränktem Maß erhalten.
Nach der Niederlage musste ULRICH VON HUTTEN fliehen. Er begab sich in die Obhut des Schweizer Reformators ZWINGLI, der ihm auf der Insel Ufenau im Zürichsee Asyl gewährte. Hier starb er am 29. August 1523 an den Folgen der Syphilis, einer Krankheit, unter der er schon seit Jahren gelitten hatte.
FRANZ VON SICKINGEN (1481–1523)
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