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Der Glaube an Hexen in Gestalt weiblicher Wesen war bei verschiedenen Religionen und bei Völkern im Altertum verbreitet. Es gab sie in antiken Mythen, bei den Germanen wie im Orient. Auch in Märchen und Sagen tauchen sie auf. Bei diesen Hexen handelte es sich zumeist um Frauen mit magischen und in der Regel Schaden zufügenden Fähigkeiten. Sie verhielten sich anders als die „normalen“ Mitglieder der jeweiligen Gesellschaft, ja, sie wollten diese Gemeinschaften schädigen.
Das Wort Hexe stamt wahrscheinlich von hagazussa = die Zaunreiterin ab. Im Volksbrockhaus heißt es unter dem Stichwort
Hexe:
„lt. Volksglauben zauberkundige Frau, die über okkulte Kräfte verfügen soll, am Hexensabbat am Blocksberg teilnimmt, oft alt und häßlich.“
Fähigkeiten und Merkmale von Hexen
Aufgrund eines Paktes mit dem Teufel hatten Hexen, nach den damaligen allgemeinen Vorstellungen, alle möglichen übernatürlichen Fähigkeiten. Sie konnten anderen Personen Schaden zufügen, sie sogar töten. Angeblich trafen sie sich oft an bestimmten Plätzen (Hexentanzplatz), und man glaubte, dass sie auch auf einem Besen durch die Luft reiten konnten.
Hexen wurden für Unwetter und Missernten verantwortlich gemacht, sie konnten die Zukunft vorhersagen und sich wie auch andere Personen in Tiere verwandeln. Oftmals trieben sie Unzucht (Geschlechtsverkehr) mit dem Teufel selbst („Teufelsbuhlschaft“). Nach den alten Vorstellungen hatten Hexen folgende Merkmale:
Seit ihrer Erhebung zur Staatsreligion durch den römischen Kaiser THEODOSIUS im Jahre 380 ging die christliche Kirche gegen Menschen vor, die von einzelnen Punkten der offiziellen Lehre abwichen. Man nannte sie Häretiker oder Ketzer. Schwere Fälle der Häresie bzw. der Ketzerei wurden mit dem Tode bestraft.
Vom frühen Mittelalter an bis etwa zum Jahre 1230 setzte sich der Glaube an eine übernatürliche Hexerei erst allmählich durch. In den beiden hierauf folgenden Jahrhunderten beschäftigte man sich wissenschaftlich mit Zauberei und Hexerei. Man glaubte, dass vor allem Frauen von Natur aus verdorben und triebhaft seien und daher zur Hexerei neigten. Da Hexen, ebenso wie Ketzer, einen Bund mit dem Teufel geschlossen hatten, wurden auch sie mit dem Tode bestraft. In den meisten Fällen war es der Feuertod auf dem Scheiterhaufen. Ein frühes und bekanntes Beispiel hierfür ist die von den Franzosen als Nationalheldin verehrte JEANNE D'ARC, die 1431 zur Hexe erklärt und auf dem Scheiterhaufen hingerichtet wurde. Insgesamt waren kirchliche Gerichte nicht in dem Ausmaß an den Hexenprozessen beteiligt, wie das bisweilen angenommen wurde.
Papst JOHANNES XXII. hatte 1326 bestimmt, dass ebenso wie die Ketzerei jetzt auch die Hexerei gerichtlich geahndet werden sollte. Die systematische Hexenverfolgung begann im darauffolgenden Jahrhundert mit einer Urkunde des Papstes INNOZENZ VIII., der sog. Hexenbulle (1484, siehe PDF "Bulle „Summis desiderantes“ 1484"). Hierin wurden sämtliche Untaten und Verbrechen aufgeführt, von denen man glaubte, dass sie von Hexen verübt werden konnten. Zwei Dominikaner, HEINRICH INSTITORIS (eigentlich HEINRICH KRAMER) und JAKOB SPRENGER, sollten für die Hexengerichte eine Art Anleitung und Gesetzbuch verfassen.
Drei Jahre später (1487) erschien das berüchtigte Buch „Malleus maleficarum“, der sogenannte Hexenhammer. Die behauptete Minderwertigkeit der Frau wurde darin mit dem Hinweis auf die Schöpfungsgeschichte des Alten Testaments (‚Genesis', 1.Buch Moses) erklärt: Danach wurde Eva aus einer Rippe des Mannes Adam geschaffen, im Paradies verführte sie den Adam mittels eines Apfels.
Auch im „Hexenhammer“ wurden die verschiedenen Formen der Hexerei aufgeführt. Es wurde erklärt, wie das Gericht vorgehen sollte und was als Beweis für das Vorliegen von Hexerei anzusehen sei. Neu war die Denunziation, eine Anzeige aus niederen Beweggründen, z. B.
Auch der bloße Verdacht genügte, um einen Prozess durchzuführen. Einzelne Prediger trugen ebenso zur Verbreitung des Aberglaubens bei wie Flugschriften mit Hexendarstellungen.
Zur Wahrheitsfindung wurden verschiedene Methoden empfohlen. Ein wichtiges Instrument hierbei war, wie in anderen Gerichtsverfahren des Mittelalters üblich,
Neben den schon genannten Ansichten über die weibliche Natur gab es noch andere Gründe für die Tatsache, warum 70–80% der Hingerichteten Frauen waren.
Die Verursacher der Missstände sah man häufig in Hexen, und als solche galten überwiegend Frauen. Bei der Suche nach den Schuldigen kam man auch deswegen auf Frauen, weil diese für sogenannte gefährdete Bereiche zuständig waren. Dazu zählen
Wie schnell konnte es bei diesen Tätigkeiten zu Krankheiten und Tod kommen.
Die Zahl der Todesopfer insgesamt wird zumeist auf 50 000 bis 80 000 geschätzt. Es gibt vereinzelt auch Wissenschaftler, die über 100 000 Tote als wahrscheinlich ansehen. Für das Heilige Römische Reich geht man von 15 000 bis 20 000 Opfern aus.
Die Zeit der großen Verfolgungen und der Massenprozesse fiel in die Jahrzehnte zwischen 1560 und 1650. Drei Viertel aller Prozesse fanden in Mitteleuropa statt, vor allem
In den an diese Länder angrenzenden Staaten und Territorien war die Zahl der Hinrichtungen wesentlich geringer. Katholische und evangelische Territorien waren gleichermaßen daran beteiligt.
Mit der Ausbreitung des Protestantismus und des Kalvinismus gelangten der Hexenglaube und die Praxis der Verfahren auch nach Dänemark und Schottland. Aus England ausgewanderte Puritaner veranstalteten noch 1692 in Salem, heute ein Vorort von Boston (USA), einen Massenprozess, der mit der Hinrichtung von 19 Personen endete.
Hexenprozesse
Nach vereinzelter vorsichtiger Kritik im 15. Jahrhundert entstand im 16. und 17. Jahrhundert eine Reihe von Schriften, in denen der Hexenwahn als Geisteskrankheit bezeichnet und die Prozesse als unmenschlich und gesetzeswidrig charakterisiert wurden. Mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges ebbte die Hexenverfolgung ab. Der letzte Hexenprozess, der eine Hinrichtung zur Folge hatte, fand 1782 im schweizerischen Kanton Glarus statt.
In Dramen, Romanen und Erzählungen nahmen sich Autoren immer wieder des Themas an.
Es seien folgende genannt:
MILLER hat in dem Drama die oben genannten Ereignisse des Jahres 1792 in Salem (USA) dargestellt.
Siehe auch die Abhandlung von Dr. Oskar Wächter in PDF "Dr. Oskar Wächter - Femgerichte und Hexenprozesse in Deutschland".
Seit dem frühen Mittelalter intensivierte die katholische Kirche die Verfolgung von Ketzern.
Das Wort Ketzer leitet sich von einer mittelalterlichen christlichen Sekte in Südfrankreich, den Katharern, ab, die sich auf das Neue Testament beriefen. Ihren Gottesbegriff prägte die Vorstellung, dass Gott als Schöpfer des Lichts lediglich das „Gute“ hervorbringt, während der Teufel als Fürst der Finsternis das „Böse“ repräsentiert. Das Wort geht auf das griechische „katharos“= „rein“ bzw. „Katharoi“ = „Die Reinen“ zurück. Die Katharer selbst nannten sich „Gläubige“, „Christen“ bzw. „Gute Christen“ oder „Vollkommene“. Nach der Stadt Albi in Frankreich werden die Katharer auch Albigenser genannt. Aus dem Lateinischen „hereticus perfectus“ für „Vollkommener“ wurde der Begriff Häretiker.
Papst INNOZENZ III. wollte die Einheit der Kirche Roms wiederherstellen. Deshalb rief er 1209 zum Kreuzzug gegen die Katharer auf. Innerhalb von 20 Jahren wurde Südfrankreich seit dem 24. Juni 1209 im so genannten „Albigenserkrieg“ verwüstet und gebrandschatzt.
Als Ketzer wurden nach den Kreuzzügen gegen die Katharer und Albigenser, unabhängig von ihrem Stand, Männer und Frauen bezeichnet, die nach Auffassung der Kirche Häresie betrieben, d. h. das kirchliche Dogma mit seinen Glaubenssätzen bzw. die Botschaft des Evangeliums bezweifelten, leugneten, verkürzten oder entstellten.
Der Häresie bezichtigt und gnadenlos verfolgt wurden jedoch sehr häufig völlig Unschuldige.
Zumeist handelte es sich dabei um Gläubige, die gegen Missstände in der mittelalterlichen Kirche, wie den Reichtum und die Willkür der Kirche und ihrer Würdenträger, den Amtsmissbrauch, den Ämterschacher oder eine von den christlichen Normen abweichende Lebensführung, und für die Reformierung der Kirche auftraten.
Der Beginn der systematischen Ketzerverfolgung
Nach ersten Anfängen im 8. Jh. begann im ausgehenden 12. Jh. die Ketzerverfolgung in vielen Regionen Europas in großem Ausmaß. Sie wurde gemeinsam von den Päpsten und den weltlichen Herrschern betrieben.
So legte das sogenannte Ketzerdekret, das auf einem Konzil der katholischen Kirche im Jahre 1215 erlassen wurde, fest:
„Wir verwerfen und verurteilen jede Häresie, die sich gegen den heiligen, rechten und katholischen Glauben erhebt. Wir verurteilen alle Häretiker, wie immer man sie bezeichnen mag ... Die verurteilten Häretiker aber sollen den weltlichen Obrigkeiten ... zur gebührenden Bestrafung übergeben werden.“
Der deutsche Kaiser FRIEDRICH II. entsprach mit folgendem Erlass gegen die Ketzer den Forderungen des Kirchenkonzils:
„Wir bestimmen daher, dass Ketzern, welchen Namens auch immer, wo sie innerhalb des Reiches von der Kirche verdammt und dem weltlichen Gericht überwiesen sind, mit der gebührenden Strafe belegt werden. Wenn aber welche von ihnen nach der Verhaftung aus Furcht vor dem Tod zur Einheit des Glaubens zurückkehren wollen, so sollen sie ... lebenslänglich in den Kerker geworfen werden.“
Das Konzil beauftragte gleichzeitig alle kirchlichen Würdenträger, in ihrem Zuständigkeitsbereich Ketzer aufzuspüren, zu überführen und abzuurteilen und der weltlichen Gerichtsbarkeit zur Urteilsvollstreckung zu übergeben.
Zur rascheren und gezielteren Verfolgung von Ketzern wurde 1184 die bischöfliche Inquisition (lat. für eine gerichtliche Untersuchung) eingeführt, die alle Bischöfe verpflichtete, in ihrem Amtsbereich Ketzer aufzuspüren, zu überführen und abzuurteilen.
1231 verfügte Papst GREGOR IX. in seiner Schrift „Excommunicamus“ (dt.: „wir exkommunizieren“) die päpstliche Ketzerinqisition, mit deren Durchführung er Mönchsorden, vor allem die Dominikaner, beauftragte.
Die heilige Inquisition als zentrale kirchliche Institution zur Reinhaltung des Glaubens ging fortan gerichtlich gegen Ketzer vor. Die kirchlichen Gerichtshöfe, die nach 1231 überall eingerichtet wurden, waren meist mit Ordensangehörigen der Dominikaner besetzt. Die Richter an den Inquisitionsgerichten hatten nahezu uneingeschränkte Vollmachten und Handlungsspielräume, da sie in ihrer Person die Rollen des Anklägers, des Verteidigers und des Richters vereinigten.
Der Ketzerei bezichtigt und der Inquisition angezeigt werden konnte jeder durch jeden anderen. Die Angeklagten hatten vor dem Inquisitionsgericht nur eine Wahl: Geständnis der Schuld oder Leugnung der Anschuldigung.
Das Schuldgeständnis galt den Inquisitionsrichtern als das zuverlässigste Beweismittel. Geständige Ketzer wurden in leichteren Fällen zu Gefängnisstrafen und zu Bußen, u. U. zum Verlust ihres gesamten Vermögens, verurteilt. Außerdem mussten sie fortan als sichtbares Zeichen ihrer „Verfehlung“ ein Büßerkreuz auf ihrer Kleidung tragen. In schweren Fällen der Ketzerei wurde die Todesstrafe verhängt.
Ein Geständnis der Schuld verlangte außerdem die Bezichtigung von Mitwissern, die dann ebenfalls vor die Inquisition gezerrt wurden. Das führte zur lawinenartigen Ausbreitung der Inquisitionsverfahren, da die völlig verängstigten Beschuldigten nicht selten wahllos Namen von völlig Unschuldigen von sich gaben, mitunter dabei auch „alte Rechnungen“ mit verfeindeten Nachbarn beglichen.
Die anhaltende Leugnung der Ketzerei bedeutete unweigerlich den Tod. Die Inquisitoren waren berechtigt, die Beschuldigten notfalls durch die peinliche Befragung zum Geständnis zu zwingen.
Die peinliche Befragung war seit den Verfügungen von GREGOR IX. mit der Anwendung der Folter verbunden, die häufig bereits zum Tod, wenigstens aber zur dauerhaften Verstümmelung der Angeklagten führte. Die überlieferten Folterwerkzeuge, die heute noch in vielen Heimatmuseen zu sehen sind, vermitteln nicht annähernd eine Vorstellung von den Qualen, die die der Ketzerei Bezichtigten bei dieser Tortur ertragen mussten.
Versagte der Schuldbeweis durch Zeugen, wurde zur Überführung hartnäckiger Leugner auch das sogenannte Gottesurteil angewandt. Diese Art, über Schuld oder Unschuld zu entscheiden, beruhte auf dem Glauben, dass der Unschuldige in einer Probe, der er unterworfen wurde, dem Schutz Gottes untersteht.
Angewandt wurden folgende Formen des Gottesurteils:
Bei der Feuerprobe mussten die Beschuldigten beispielsweise über glühende Pflugscharen schreiten. Bestanden sie diese Probe schadlos, war ihre Unschuld bewiesen.
Ging bei der Wasserprobe der gefesselt ins Wasser Geworfene nicht unter, sondern blieb oben, war der Teufel im Spiel. Die Angeklagten waren schuldig, weil sie das reine Wasser nicht aufnehmen wollte.
Die Wasserprobe wurde bis in die Neuzeit hinein angewandt; beispielsweise bei zahlreichen Hexenprozessen, die in Deutschland noch im 17. Jh. stattfanden.
Nicht geständige, hartnäckige oder durch Folter und Gottesurteil überführte Ketzer wurden dem Henker, d. h. der weltlichen Gerichtsbarkeit, überordnet und öffentlich verbrannt.
Der Feuertod als übliches Urteil für Ketzer galt im Verständnis der Inquisition als Gnadenakt, weil er die sonst zu ewiger Verdammnis verurteilten Seelen der Ketzer rettete.
Dabei war den Inquisitionsrichtern häufig auch klar, dass sich unter den Verbrannten auch Unschuldige befanden. So bezeichnete der deutsche Inquisitor KONRAD VON MARBURG unschuldig Verbrannte als Märtyrer.
Ihren Höhepunkt und besonders grausame Ausmaße erreichte die Inquisition in Spanien, Portugal und Teilen Frankreichs. In anderen europäischen Ländern, wie England oder Deutschland, erreichte sie nur vorübergehend eine Bedeutung, in Deutschland nur bis in die Mitte des 15. Jh., die hohe Zeit der Hexenprozesse, hinein.
In Spanien richtete sie sich wie in anderen Ländern vor allem gegen Juden, aber auch gegen noch in Spanien lebende, zum Christentum übergetretene ehemals muslimische Mauren. Sie wurden zu Hunderttausenden entweder zwangsweise zum Christentum bekehrt oder vor ein Inquisitionsgericht gezerrt.
Das charakteristische Merkmal der spanischen Inquisition war das Autodafé (aus port. auto da fé, von lat. actus fidei, „Glaubensakt“, übertragen: Ketzerverbrennung). Auf einem Autodafé wurden Inquisitionsurteile öffentlich verkündigt und danach feierlich vollstreckt.
Auf den Scheiterhaufen von Autodafés starben in Spanien ab 1488 mehr als 30 000 Menschen.
Bis Mitte des 19. Jh. wurde die kirchliche Institution der Inquisition in allen Länder abgeschafft; war sie doch zum Inbegriff von Ungerechtigkeit, Willkür und abschreckender Grausamkeit im Namen der Kirche geworden. Auch in der Kirche selbst geriet die Inquisition immer mehr in die Kritik, die sich bis in die Gegenwart hinein noch ausgeweitet hat.
Ausdruck dafür sind u. a. die Rehabilitation von GALILEO GALILEI im Jahre 1992 und das vom Papst JOHANNES PAUL II. in 2000, im heiligen Jahr der Kirche, vorgetragene Schuldbekenntnis und die Vergebungsbitte für die Verfehlungen und die Irrtümer der Kirche in ihrer Geschichte.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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