Onomatopoesie

Beispiele der Schallnachahmung tierischer Laute

Summ, summ (Biene);
Miau (Katze)
Tschiep, tschiep (Spatz)
Kikeriki (Hahn)
Muhh! (Kuh)

Auch der Klang anderer Geräusche wird onomatopoetisch nachgeahmt ( vor allem in Comics):

KlirrI
Bäng!
Doing!
Autsch!

Ursprünglich onomatopoetisch entstandene Worte haben in der Sprachgeschichte veränderungen erfahren, u.a. durch Flexion oder Ableitung (Derivation), sodass sie heute kaum noch als Lautmalereien zu erkennen sind:

Kuckuck
bellen
summen
klatschen
tirilieren
quietschen
piepsen
zirpen
zwitschern

Die folgenden Gedichte enthalten Lautmalereien:

JOHANN KLAJ

An einen Springbrunnen

Hellglänzendes Silber! mit welchem sich gatten
Der astigen Linden weitstreifende Schatten!
Deine sanftkühlend-geruhige Lust
Ist jedem bewusst.

Wie sollten kunstahmende Pinsel bemalen
Die Blätter, die schirmen vor brennenden Strahlen?
Keiner der Stämme, so grünlich beziert,
Die Ordnung verführt.

Es lispeln und wispeln die schlüpfrigen Brunnen,
Von ihnen ist diese Begrünung gerunnen.
Sie schaurn, betraurn und fürchten bereit.
Die schneeichte Zeit.

(Müller, Wilhelm: Bibliothek deutscher Dichter des 17. Jahrhunderts. Leipzig: F. A. Brockhaus, 1826, S. 76)


HEINRICH HOFFMANN VON FALLERSLEBEN
Frühlings Ankunft

Alle Vögel sind schon da,
alle Vögel, alle.
Welch ein Singen, Musizieren,
Pfeifen, Zwitschern, Tirilieren!
Frühling will nun einmaschieren,
kommt mit Sang und Schalle.

Wie sie alle lustig sind,
flink und froh sich regen.
Amsel, Drossel, Fink und Star,
und die ganze Vogelschar,
wünschen uns ein frohes Jahr,
lauter Heil und Segen.

Was sie uns verkünden nun,
nehmen wir zu Herzen.
Wir auch wollen lustig sein,
lustig wie die Vögelein,
hier und dort, Feldaus, Feldein,
Singen, Springen, Scherzen.

(Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich: Kinderlieder, Hildesheim/New York: Georg Olms Verlag, 1976, S. 19-20.)

 

LUDWIG TIECK 

Blumen

Blumen sind uns nah befreundet,
Pflanzen unserm Blut verwandt,
Und sie werden angefeindet,
Und wir tun so unbekannt.

Unser Kopf lenkt sich zum Denken
Und die Blume nach dem Licht,
Und wenn Nacht und Tau einbricht
Sieht man sich die Blätter senken.
Wie der Mensch zum Schlaf' einnickt,
Schlummert sie in sich gebückt.

Schmetterlinge fahren nieder,
Summen hier und summen dort,
Summen ihre trägen Lieder,
Kommen her und schwirren fort.
Und wenn Morgenrot den Himmel säumt,
Wacht die Blum' und sagt, sie hat geträumt,
Weiß es nicht, dass voll von Schmetterlingen
Alle Blätter ihres Kopfes hingen.

(Tieck, Ludwig: Gedichte. Teil 2, Heidelberg: Lambert Schneider, 1967, S. 243-244.)

 

CLEMENS BRENTANO

Wiegenlied

Singet leise, leise, leise,
Singt ein flüsternd Wiegenlied;
Von dem Monde lernt die Weise,
Der so still am Himmel zieht.

Singt ein Lied so süß gelinde,
Wie die Quellen auf den Kieseln,
Wie die Bienen um die Linde
Summen, murmeln, flüstern, rieseln.

(www.gutenberg.spiegel.de)


KLABUND
Ode an Zeesen

Aus Jupiters Hand geschleudert
Donnerkeil
Im Juligewitter
Mein steinernes Herz
Du glühst nicht mehr -

Aus den Sternen gestürzt
Aus den Wolken geschüttet
Bruch
Wolkenbruch
Blitz
Donner
Aufschlagend am Feldgestein
Regenbogen
Verwirrt im Dorngesträuch
Du siebenfarbener Schleier
Zerfetzt
Ihr kleinen Heckenrosen
Ihr willigen Trösterinnen
Ihr haltet das flatternde Band der Tristitia.

Verwundet
Verwundert
Erblickt
Zwischen zwei ragenden Föhren
Das graue Auge
Den goldenen Tag
Blauer See
Blauer lauer See
Mückensingsong
Linde Ufer
Und der Winde Rufer
Springen durch das Korn
Unter ihren kühlen Sohlen
Beugen die heißen Halme sich zärtlich
Richten sich zärtlich auf
Und winken
Dem so herrlich taumelnden Mittagswinde nach.

Drüben vom Jenseits
Drüben vom Jenseits des Sees
Ruft der Kuckuck
Allen Lebenden ruft der Kuckuck
Tausend lebendige Jahre zu.

Hinein mit einem Hechtsprung
Zu den Hechten und Barschen
Hinaus aus den Binsen
In die schaumige Weite
Aufscheuchend die Frösche
Welche geblähter Kehle
Die Liebe locken die Liebste locken
Voll geiler Gier
Fische selbst und faulendes Holz bespringen
Denn es rast die Liebe in den Geschöpfen
Kitty die Hündin ist läufig
Und Bodo der Hund
Jault die Tage und Nächte nach ihr
Nimmt das Fressen nicht und magert bis auf die Rippen
Auf dem Dachfirst schnäbeln die Tauben
Im Wasser
Tanzt der Gründlinge silberner Reigen
Im Schilf
Jagen und jachtern blau schillernde Libellen
Und auf den Wogen des Sees
Sieh die Taucher schlank weißlichen Halses mit gelbem Kropf
Immer zu zweit
Segeln die Liebenden
Und auf dem Rücken trägt sorglich die Mutter
Die flaumige Zukunft das krächzende Kind.

Auch wir
Mädchen
Geliebte
Frau
Mensch
Immer zu zweit zu zweit seit zweien Jahren
Schwimmen wir auf den Wassern des Lebens
Auf den Zeesener Gewässern
Dahme Middelwede und großer Peetz.

Aus dem Luch
Erhebt sich ein Wind der wie Fuchs auf der Lauer lag
Zwischen Heidelbeerkraut und Moosen
Er springt dem See in den silbernen Nacken
Daß die Gischt aufspritzt wie weißes Blut
Es wogen die Wellen
Es wogen die Binsen
Es wogen die Felder
Es wogen die Wipfel der Bäume
Wir selber treiben auf den Wellen
Wie Wasser Gras und Buchenkrone
Auf und nieder
Auf und nieder
Auf und nieder.

Zurück an den Strand
Jetzt Sonne recke den feurigen Schild
Über unsre dampfenden Leiber
Zu heiß du flammender Ritter trifft uns dein roter Speer
Ihr schattenden Bäume
Vom Borkenkäfer durchwandert
Vom Specht beklopft
Ihr schattet mein müdes
Im Zittergras versinkendes Haupt
Ihr fächelt mit euren grünen Armen
Mit euren blättrigen Händen
Mir Trost und Vergessen zu
Sei bedankt
Geliebtes Geschwister
Akazie
Wie gerne starb ich den Schlaf
In deinen kühlen Armen
Wie gerne will ich den Tod
Einst in deinen Armen verschlafen
Will ich in deinem feuchten Schatten
Ach noch viele Ewigkeiten verschlafen
Wenn die grelle Mittagssommersonne
Die gemähte Stoppelwiese dörrt
Und zu meinen Füßen
Dämmert verdämmert Bodo der Hund.

He Bodo
Hierher Bodo
Wolfssohn
Willst du wohl die Gänse nicht scheuchen
Die heiligen Träger des Daunenschlafes
Die gütigen Behälter des Gänsefettes
Wackelnd mit den feisten dermaleinst gebratenen Gänsekeulen.

Ganz von fern wie ferner Krieg
Rollen
Auf der Königswusterhausener Bahn die Güterzüge.

Und ich sitze nackt auf der Veranda
Wie des Sommers Gott
Sitz ich nackt und faul auf der Veranda
Violett umblühen mich Bethulien
Mich umtanzen
Dicke Fliegen Filigran von Mücken
Pfauenauge und Zitronenfalter
Und ich hock und fress wie ein Kaninchen
Frischen mildesten Salat
Kohlrabi
Auch gezuckerte Johannisbeeren
Und danach ein Glas
Erdbeerbowle
Wie ein Mensch
Wie ein Gott
Und ich sitz und schwitz und fress und sauf
Und ich denk und träume
Nichts
Träum und denk das Nichts vom Nichts des Nichtses
Bin am Ende meiner Kräfte
Und am Anfang aller Seligkeit.

Hochbeladen mit dem gelben Korn
Schwankt der Wagen in die Scheune.
Und das brave Pferd umspringen bellend
Sieben schwarz und weiße Wolleknäuel
Sieben Terrier Basko Ratty Step
Tipsy Kitty Bill und Fap
Aus dem offenen Stall fegt eine Schwalbe
Drin im Stalle säugt die Kuh das Kälbchen.

Zwischen Bäumen
Wachsen schlanke steile dünne Eisensäulen
In den Horizont
Die Funktürme von Königswusterhausen
Hier Königswusterhausen auf Welle 1300
Achtung Achtung Achtung
Der Dichter Klabund spricht eigene Verse.

Er spricht mit abgehackter blecherner Stimme
Dieweil er im Grase liegt -
Das rechte Ohr an die Erde gepresst
Horcht er auf den Herzschlag der Erde
Und auf den Wanderschritt des Maulwurfs
Er wirft die Worte in die Luft
Wie nicht entzündete Raketen
Sie brennen nicht
Sie leuchten nicht
Sie fallen zischend ins feuchte Gras
Achtung Achtung Achtung
Hochachtung Hochachtung Hochachtung
Ganz besondre Hochachtung
Ihm lauscht kein Mensch kein Wesen kein Tier
Die Luft spielt mit den Worten wie mit Brennesselsamen
Sie weht sie da und dorthin
Einige Participia bleiben in einer Konifere hängen
Ein strahlendes Adjektiv treibt Bauch nach oben wie
        ein toter Fisch im See.

Aber ein liebliches Präpositum
Fiel in einen Baumritz
Einer Dryade in die Augenbrauen
Und kitzelte sie aus dem Schlaf
Zierlich trat sie aus dem dunklen Baumstamm ins grelle Licht
Und stand geblendet -
Da begannen die Grillen zu zirpen
Die Heuschrecken musikalisch ihre Hinterbeine zu reiben
Und der Jazz des Sommers rauschte auf
Meckernd fielen die Ziegen ein
Die Kuh blökte die Hunde bellten die Gänse schnatterten
In der Ferne Gewittergrollen
Die dumpfe Pauke des Donners
Gott sitzt am Schlagzeug
Yes Sir that's my baby
Da stampfte die entfesselte Dryade den Charleston
Die braunen rötlich überkupferten Haare fielen ihr mähnig
        über die Stirn
Wie einem Pony.

Tanz stampf tritt den Boden
Tritt die Erde dass sie dir Untertan sei
Die Erde dem Weibe
Wie seit Urbeginn
So heute
Zertritt die Butterblumen im Tanz
Was tut's
Zermalme die kleinen roten Käfer im tollsten Takt
Töte die dir aufspielen zum Tanz mit deinen tanzenden Sohlen
Töte Grille und Heupferd
Tanze tanze
Töte töte
Schon springst du mir in den Nacken
Puma
Und tanzest auf meinen Knabenschultern
Yes Sir yes Sir
Den Jazz des Sommers.

Genug genug wilde Nymphe
Zieh dir den schwarzrotgestreiften Bademantel an
Und komm auf den Tennisplatz
Henry der Trainer wartet schon auf die gnädige Frau
Du schlägst die Bälle
Zwei Dutzend Bälle
Zwei Dutzend Menschenköpfe
Haarscharf übers Netz
Keinen Liebesblick
Keinen Ball
Lässt du aus.

Abends nach dem Essen
Yes Sir yes Sir
Steppst du im blauen Pyjama
Blauer Pyjama blauer Himmel blauer See -
Wie ein japanischer Ringer
Mit dem dicken gebräunten Sharakugesicht
Boxt der gewaltige Herr des Gutes
Rittergutes
Raubrittergutes
Zeesen
(Nach der Volkszählung von 1905 besaß der 352 Hektar umfassende
        Gutsbezirk Zeesen 25 Einwohner)
Boxt die erhabene märkische Majestät
Den Raum
Boxt mit Träumen mathematischen Reihen Börsenkursen und
        wilden Ziffern
Oberbedarf
Unterbedarf
Mannesmann
Weibesweib
Die Firmen Frisch Frank Fröhlich Frei haben
        Geschäftsaufsicht angemeldet

Yes Sir that's my baby
Noch ein Glas Bowle
Elektrisches Licht überm Garten
Sommernachtstraum
Ein Gang noch mit den englischen Terriern
Kitty Bill Tipsy Bosko Fatty Step Fap
Licht aus
Happy-end
Week-end.

Nachts
Schlafe ich schlecht
Durch geöffnete Fenster
Wandert die ganze Unterwelt
Weiße Spinner kommen geflattert mit riesigen roten Augen
Spanische Fliegen mit fetten grünen Bäuchen
Braune Motten und kleine Perlmutterfalter
Summende Mücken sirrende Gnitzen
Ihnen nach die Königin des Dunkels
Ihre Herrin und Vertilgerin
Die gefräßige
Fledermaus
Und am Boden raschelt's: schwarze Schwaben
Aus der Mauer kriechen Tausendfüßler
Alles lärmt und knackt und surrt und raschelt
Plötzlich trappt und trippelt's auf den Bohlen
Wie ein Pony trappelt und ein weißes
Tier steht wie gebäumt im Rabenschwarzen
Wie ein Schimmel auf den Hinterbeinen
Hebt die Vorderhufe drohend
Schnaubt gar grimmig durch die Nüstern
Schreien will ich mir verschlägt's die Sprache

Da - ein Sprung - das Tier hockt auf dem Bettrand
Und umschlingt mich mit den weißen Armen
Drückt die heißen Lippen auf die meinen
Yes Sir that's my baby.
Mein steinernes Herz – – –
Du glühst noch –

(Klabund: Die Harfenjule. Neue Zeit-, Streit- und Leidgedichte, Berlin: Verlag Die Schmiede, [1927], S. 53-58)

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