Die wohl bekannteste atmosphärische Erscheinung ist der Regenbogen. Jeder hat ihn schon einmal gesehen und ist fasziniert von seinem Farbenspiel. Allerdings sieht man den Regenbogen meist zufällig. Wer gezielt nach einem Regenbogen Ausschau halten will, der muss die Bedingungen kennen unter denen ein Regenbogen zu finden ist. Ein Regenbogen ist nur sichtbar, wenn bei Regen die Sonne scheint.
Der Regenbogen ist ein Teil eines Kreisbogens, dessen Mittelpunkt auf der von der Sonne durch das Auge des Beobachters gezogenen Geraden liegt. An der Außenseite ist er rot, gefolgt von orange, gelb, grün, blau und violett mit fließenden Übergängen.
DESCARTES stellte fest, dass die Ablenkung des Lichts sehr stark vom Einfallswinkel des parallelen Sonnenlichts abhängt. Der Winkel zwischen austretendem und einfallenden Strahl ist nie größer als 42°.
D.h. die Sonnehöhe muss weniger als 42° betragen. Falls die Sonne höher steht, ist kein Regenbogen zu erkennen. Im Sommer steigt bei uns die Sonne bis an die 60° hoch. Die besten Beobachtungsbedingungen für einen Regenbogen herrschen daher in den Abend- und Morgenstunden, wenn die Sonne flach, unter 42° steht. Dann steht der Regenbogen besonders hoch über dem Horizont. In den Wintermonaten steigt die Sonne dagegen nie höher als 42°, sodass den ganzen Tag über ein Regenbogen entstehen kann.
Fällt Sonnenlicht auf Regentropfen, so tritt ein Teil des Lichts vorzugsweise unter einem bestimmten Winkel wieder aus.
Der Lichtstrahl wird nun beim Auftreffen auf den Regentropfen teils reflektiert, teils gebrochen, der gebrochene Teil durchstrahlt dann den Tropfen und wird an der „Rückseite“ (dem Beobachter abgewandten Seite) des Tropfens wiederum zu einem kleinen Teil reflektiert, während der größte Teil des Lichtes den Tropfen unter erneuter Brechung verlässt und für den Beobachter nicht sichtbar ist. Der reflektierte Strahl durchquert ein weiteres Mal den Tropfen und verlässt ebenfalls unter Brechung den Tropfen. Diese nach einmaliger Reflexion austretende Strahlung erzeugt den Hauptregenbogen (Bild 3).
Manchmal sieht man über dem Regenbogen, der auch als Hauptregenbogen bezeichnet wird, noch einen zweiten lichtschwächeren Regenbogen, den Nebenregenbogen (Bild 1). Den Nebenregenbogen beobachtet man unter einem Winkel von ca. 52°.
Ein Nebenregenbogen entsteht, weil ein kleiner Teil der Strahlung jedoch nach der Reflexion nicht sofort austritt, sondern ein zweites Mal reflektiert wird, um erst dann den Tropfen nach Brechung zu verlassen. Durch diese zweimal reflektierte Strahlung kommt der zweite, schwächere Bogen, der Nebenregenbogen, zustande. Die Farbfolge ist im Vergleich zu der im Hauptregenbogen umgekehrt, weil durch die zweite Reflexion die Reihenfolge vertauscht wird. Man könnte diesen Vorgang weiter fortführen, denn immer wieder wird ein kleiner Bruchteil der Strahlung reflektiert, während der Rest austritt. So könnten eigentlich noch viele immer schwächer werdende Regenbögen entstehen. Allerdings ist schon der dritte Bogen von so geringer Intensität, dass er mit dem bloßen Auge nicht erkennbar ist.
Der britische Mathematiker und Astronom GEORGE AIRY (1801-1892) entwickelte eine modifizierte Theorie des Regenbogens, da DESCARTES' Ansatz nicht erklären konnte, warum Regenbögen mal intensiver, mal schwächer leuchten, mal breiter, mal schmaler, mal klarer und mal verschwommener sind. Während das Modell von DESCARTES auf reiner Strahlenoptik basierte, geht AIRY auch auf die Wellennatur des Lichtes ein. Er betrachtet zunächst ein Bündel parallel auf den Tropfen fallender Strahlen, die nach Brechung, Reflexion und nochmaliger Brechung den Tropfen wieder verlassen. Da die Strahlen in verschiedener Höhe auf den Tropfen auftreffen, hat jeder dieser Strahlen nach dem Austritt eine andere Wegstrecke zurückgelegt, und es besteht zwischen den Wellen ein Gangunterschied, die Wellenberge sind also gegeneinander verschoben.
Brechung und Totalreflexion von Licht in einem Regentropfen
Es tritt Interferenz ein, das heißt, die Wellen schwächen sich gegenseitig ab, bis auf diejenigen, deren Gangunterschied ein Vielfaches der Wellenlänge beträgt. Bei diesen Winkeln treten Intensitätsmaxima auf. Die Gesamtzahl der Maxima hängt von der Oberflächenkrümmung der Tropfen und damit von ihrem Radius ab. Eine kleine Krümmung, die bei großen Tropfen vorliegt, ergibt häufig nur ein Maximum. Bei kleineren Tropfen ergeben sich mehrere Maxima von abnehmender Intensität. Für verschiedene Farben unterscheidet sich auch die Lage der Maxima. Deren relative Lage ist wieder abhängig von der Tropfengröße: Bei großen Tropfen liegen die Maxima weiter auseinander und man erhält breitere, klarere Streifen als bei kleinen Wassertropfen. So lässt sich die Beobachtung erklären, dass sich manchmal auf der Innenseite des Regenbogens an die rote Farbe noch ein zweites Mal und eventuell weitere Male die Spektralfarben anschließen.
Die Erforschung des Regenbogens war mit AIRY keineswegs abgeschlossen. Theorien des 20. Jahrhunderts betrachten zum Beispiel die Wechselwirkung von Lichtquanten mit den Wassermolekülen der Tröpfchen. Des Weiteren wurde die genaue Form der Wassertropfen berücksichtigt, die je nach Größe mehr oder weniger vom sphärischen (kugelförmigen) Ideal abweicht. Während kleine Tropfen von etwa 0,014 Zentimeter Durchmesser noch als kugelförmig angesehen werden können, ist mit zunehmender Größe eine Abflachung zu beobachten, die bei Tropfen von 0,14 Zentimeter Durchmesser schon zu einem Höhe-zu-Breite-Verhältnis von 0,85 führt. Diese asphärischen Tropfen bewirken eine ungleichmäßige Lichtintensität, das heißt, die vertikalen Bereiche des Bogens sind heller als der Scheitelbereich. Auch die Größe der Regentropfen ist nie einheitlich, ein Schauer produziert immer eine gewisse Spannbreite an Größen und Formen, sodass gewissermaßen eine Überlagerung mehrerer Regenbögen erscheint. Interessant ist auch die Beobachtung, dass das Licht des Regenbogens teilweise polarisiert ist. Betrachtet man einen Regenbogen durch einen Polarisationsfilter und dreht diesen, so verschwindet der Bogen teilweise.
Auch heute ist das Phänomen Regenbogen keineswegs in allen Einzelheiten geklärt. Noch immer beschäftigen sich Wissenschaftler mit dieser optischen Erscheinung. Mit Lasern werden künstliche Regenbögen im Labor erzeugt, um eine genauere Untersuchung zu ermöglichen. Auch Regenbogensimulationsprogramme wurden erstellt und tragen zum Verständnis bei.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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