Im 9. Jahrhundert erlangt im Zuge der Christianisierung Mitteleuropas das Lateinische auf die deutsche Sprache größeren Einfluss. Deutlich wird dies bereits im mittelhochdeutschen (um 1200) Nibelungenlied. Hier ist ein Endreim zu konstatieren mit dem Reimschema ababcdcd.
Uns ist in alten mæren / wvnders vil geseit
von helden lobebæren / von grozer arebeit
von frövden hôchgezîten / von weinen unde von klagen
von küener recken strîten / mvget ir nv wvnder hœren sagen
Je nachdem, wie sich die Wörter am Ende der Zeile reimen, unterscheidet man
Der Reim (mhd. rim) verbindet Teile eines Gedichtes, wirkt ordnend.
Es gibt die verschiedensten Formen.
Der Endreim ist durch den vollständigen lautlichen Gleichklang mehrerer Wörter vom letzten betonten Vokal ab (ohne die Konsonanten) definiert.
Endreime sind
Der Kreuzreim wird auch Wechselreim genannt. In einer paarweise gekreuzten Reimstellung reimt sich der erste mit dem dritten, der zweite mit dem vierten Vers usw. (ababcdcd):
Früh im Wagen
EDUARD MÖRIKEEs graut von Morgenreif
in Dämmerung das Feld,
da schon ein blasser Streif
den fernen Ost erhellt.Man sieht im Lichte schon
den Morgenstern vergehn,
und doch am Fichtenwald
den vollen Mond noch stehn.So ist mein scheuer Blick,
den schon die Ferne drängt,
noch in das Schmerzensglück
der Abschiedsnacht versenkt.Dein blaues Auge steht,
ein dunkler See vor mir,
dein Hauch, dein Kuß umweht,
dein Flüstern mich noch hier.An deinem Busen birgt
sich weinend mein Gesicht.
Und Purpurschwärze webt
mir vor dem Auge dicht.Die Sonne kommt; sie scheucht
die Wolken weg im Nu,
und von den Bergen streicht
ein Schauer auf mich zu.
(Mörike, Eduard: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 1, München: Winkler, 1967, S. 744-745)
Der Kreuzreim wird häufig im Volkslied und volkstümlicher Lyrik verwendet.
Der Paarreim ist eine Form der Reimbildung mit jeweils zwei aufeinanderfolgenden Versen, (aa bb cc usw.).
Der Rattenfänger
JOHANN WOLFGANG VON GOETHEIch bin der wohlbekannte Sänger,
Der vielgereiste Rattenfänger,
Den diese altberühmte Stadt
Gewiß besonders nötig hat.
Und wären's Ratten noch so viele,
Und wären Wiesel mit im Spiele:
Von allen säubr' ich diesen Ort,
Sie müssen miteinander fort.Dann ist der gutgelaunte Sänger
Mitunter auch ein Kinderfänger,
Der selbst die wildesten bezwingt,
Wenn er die goldnen Märchen singt.
Und wären Knaben noch so trutzig,
Und wären Mädchen noch so stutzig,
In meine Saiten greif' ich ein,
Sie müssen alle hinterdrein.Dann ist der vielgewandte Sänger
Gelegentlich ein Mädchenfänger;
In keinem Städtchen langt er an,
Wo er's nicht mancher angetan.
Und wären Mädchen noch so blöde,
Und wären Weiber noch so spröde,
Doch allen wird so liebebang
Bei Zaubersaiten und Gesang.
(Goethe, Johann Wolfgang von: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 1, Berlin: Aufbau, 1960 ff, S. 127.)
Eine Sonderform des Paarreims ist dieReimhäufung (aaa, bbb, ccc)
Ein Schweifreim reimt nach dem Reimschema aabccb usw..
Die Frösche
JOHANN WOLFGANG VON GOETHE
Ein großer Teich war zugefroren;
Die Fröschlein, in der Tiefe verloren,
Durften nicht ferner quaken noch springen,
Versprachen sich aber im halben Traum:
Fänden sie nur da oben Raum,
Wie Nachtigallen wollten sie singen.
Der Tauwind kam, das Eis zerschmolz,
Nun ruderten sie und landeten stolz
Und saßen am Ufer weit und breit
Und quakten wie vor alter Zeit.
(Goethes Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand, Bd. 1-4: Gedichte, Stuttgart und Tübingen: Cotta, 1827.)
Ein umarmender Reim wird nach dem Reimschema abba usw. gebaut:
Gebet
EDUARD MÖRIKEHerr! Schicke, was du willst,
Ein Liebes oder Leides;
Ich bin vergnügt, daß beides
Aus deinen Händen quillt.Wollest mit Freuden
Und wollest mit Leiden
Mich nicht erschüttern!
Doch in der Mitten
Liegt holdes Bescheiden.
(Mörike, Eduard: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 1, München 1967, S. 773.)
Ein verschränkter Reim hat folgendes Reimschema:
abc[d] abc[d] usw.
RAINER MARIA RILKE verwendet in seinem Sonett IX des zweiten Teils seiner „Sonette an Orpheus“ einen verschränkten Reim. Das Gedicht beginnt in Strophe eins mit einem Kreuzreim, dieser setzt sich in Strophe zwei fort.
Sonett IX Nur wer die Leier schon hob Nur wer mit Toten vom Mohn Mag auch die Spieglung im Teich Erst in dem Doppelbereich. | Reimschema:
c e e |
(Rilke, Rainer Maria : Sämtliche Werke. Band 1–6, Band 1, Wiesbaden und Frankfurt a.M.: Insel, 1955–1966, S. 736.) Der Schüttelreim ist ein Reim zweier Wörter, wobei die Anfangskonsonanten dieser Wörter getauscht werden:
Die böse Tat den Schächer reut,
Doch nur, weil er den Rächer scheut.
Der Kehrreim wird auch Refrain genannt. Er besteht aus der Wiederholung einer Reihe am Schluss der Strophe.
Neben endreimenden und lautreimenden Reimen gibt es noch:
Krieg! Ist das Losungswort.
Sieg! Und so klingt es fort.
Bei stiller Nacht zur ersten Wacht.
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