Im ostthüringischen Renthendorf wurde am 2. Februar 1829 ALFRED EDMUND BREHM geboren.
Die Liebe zur Natur wurde schon sehr früh durch seinen Vater, den sogenannten Vogelpastor CHRISTIAN LUDWIG BREHM, auf ALFRED übertragen. Er gehörte zu den ersten Ornithologen, also Vogelkundlern, die Feldforschung betrieben und die heimische Vogelwelt studierten. Offensichtlich ließ der Hauptberuf als Pastor BREHMs Vater viel Zeit, sodass er mit Fernglas und Flinte bewaffnet die Wälder durchstreifte, um die Vögel zu beobachten und ggf. zu schießen. Am Ende besaß er eine Sammlung von mehr als 15 000 präparierten Vögeln, die es mit jedem Naturkundemuseum hätte aufnehmen können.
Der kleine ALFRED begleitete natürlich seinen Vater oft bei den Wanderungen und erhielt dadurch einen erstklassigen Naturkundeunterricht. Von seinem Vater wurde er ständig befragt und belehrt über die Tiere, die sie gerade sahen oder hörten: „Hörst du den Vogel dort pfeifen, Alfred? Wie heißt er und wie sieht der Tonkünstler aus? Ein Mönch ist es, richtig, mit schwarzer Kopfplatte. Und woran erkennt man das Weibchen des Mönchs? An seinem rotbraunen Schnabel, jawohl.“ So lernte ALFRED, noch bevor er lesen und schreiben konnte, die meisten Tiere und Pflanzen kennen und wie man anhand bestimmter Merkmale die verschiedenen Vogelarten bestimmt.
Von 1833 bis 1843 besuchte er die Grundschule, machte dann eine Berufsausbildung bei einem Maurermeister und ging nebenbei auf eine Gewerbeschule. Denn er wollte nicht, wie man denken könnte, Zoologe, sondern lieber Architekt werden. Nach der Beendigung der Lehre zog ALFRED BREHM 1846 nach Dresden, um dort Architektur zu studieren. Doch dann geschah etwas, was sein Leben verändern sollte, denn ein Jahr später befand er sich am Nil in Afrika.
Ein junger Naturwissenschaftler, JOHANN WILHELM VON MÜLLER, besuchte ihn und bot ihm an, auf einer Sammel- und Jagdexpedition nach Afrika als Sekretär und Gehilfe teilzunehmen. VON MÜLLER kannte ALFREDs Vater und schätzte ihn und wusste, dass ALFRED BREHM ein kenntnisreicher Amateurzoologe war und darüber hinaus ein ausgezeichneter Jäger. Als Achtzehnjähriger unternahm er nun seine erste Expedition, die statt anderthalb Jahre ganze fünf Jahre dauerte.
Nach seinem Abenteuer in Afrika studiert er in Jena Naturwissenschaften und promoviert durch die Herausgabe seiner meisterhaften Reisebeschreibung „Reiseskizzen aus Nordafrika“ am 1. Mai 1855 als Doktor der Philosophie, da seine Professoren dieses Buch als Dissertation anerkennen.
Nach der Rückkehr von seiner Forschungsreise nach Spanien lässt sich ALFRED BREHM in Leipzig nieder, arbeitet als freier Schriftsteller und schreibt für zahlreiche wissenschaftliche und populäre Zeitschriften.
BREHM plante eine zoologische Gesamtdarstellung der Vögel und ihres Verhaltens und unternahm 1860, um mehr über die nordische Vogelwelt zu erfahren, eine Reise nach Skandinavien. Noch im gleichen Jahr erschien das Buch „Das Leben der Vögel. Dargestellt für Haus und Familie“, 1861 wurde sogar eine verlängerte Ausgabe mit über 700 Seiten herausgegeben.
1861 ist auch das Jahr, in dem ALFRED BREHM heiratete, es ist seine Cousine MATHILDE REIZ, mit der er eine glückliche Ehe führte, aus der fünf Kinder hervorgingen. Da er nun eine Familie zu versorgen hatte, war ihm ein solides und sicheres Einkommen wichtig, weshalb er sich als Lehrer für Naturwissenschaften und Geografie in den Schuldienst begab. Seine Schüler waren begeistert, einem berühmten Lehrer zuzuhören, der so aufregend von fremden Ländern und exotischen Tieren zu erzählen wusste.
Doch schon im März 1862 konnte er dem Angebot des Herzogs von Sachsen-Coburg-Gotha nicht widerstehen und reiste mit ihm nach Afrika. Da aber beide schon nach kurzer Zeit an Malaria erkrankten, musste die Reise vorzeitig abgebrochen werden. Nach seiner Rückkehr 1863 ereilte ihn ein neues verlockendes Angebot, denn der neu gegründete Hamburger Zoologische Garten wollte ihn als Direktor engagieren. BREHM nahm das Angebot natürlich an, da sich nun auch die einmalige Gelegenheit bot, durch den täglichen Umgang mit Tieren aller Art seine Kenntnisse erheblich zu vertiefen. Er hatte ja bereits mit der Arbeit an seinem „Tierleben“ begonnen. Seine Arbeit als Zoodirektor erledigte er mit Begeisterung und engagiertem Eifer. Die veraltete Anlage des Zoos wurde modernisiert, neue Schaugehege gebaut und viele neue Arten dazugekauft und schon kurz nach seinem Amtsantritt verfasste er einen Zooführer.
Schon im Frühjahr 1863 erschienen die ersten Exemplare von Brehms Tierleben. Von 1864 bis 1869 erschien die sechsbändige 1. Ausgabe mit insgesamt 5 500 Seiten unter dem Namen Illustriertes Thierleben. Eine allgemeine Kunde des Thierreichs von A. E. BREHM. In diesen Bänden zeigt sich, dass BREHM ein besonders stilsicherer Schilderer und Erzähler war, der die deutsche Sprache mit ähnlicher Vollendung wie unsere großen Dichter beherrschte.
Der Dichter HUGO VON HOFFMANNSTHAL stellte ihn in eine Reihe mit SCHILLER, GOETHE, LESSING und KANT. Mit der Begeisterung, wie BREHM die Tierwelt beschrieb, steckte er das ganze Volk an, und so wurde BREHMs Tierleben so berühmt und populär wie kein zweites zoologisches Werk.
Bahnbrechend für seine Zeit war auch die Vorgehensweise, die Tiere in ihrer natürlichen Umwelt aufzusuchen und ihre Einbettung in größere Naturzusammenhänge zu verstehen, sowie ihre Verhaltensweisen zu studieren. Auch wenn er in seinen Beschreibungen einen Hang zum Andichten menschlicher Eigenschaften wie Tugenden, Gefühle oder Leidenschaften hatte, gelang es keinem anderen, die Tierwelt den Menschen so nahezubringen.
Originalzitat BREHMs aus der „Gartenlaube“, Jahrgang 1886, Seite 51–52 über das Fühlen, Denken und den Charakter von Hundsaffen:
„... Sie sind empfindsam wie Kinder, reizbar wie schwachgeistige Menschen, daher äußerst empfänglich für jede Art der Behandlung, welche ihnen angethan werden kann: für entgegenkommende Liebe wie für abweisenden Haß, für anspornendes Lob wie für verletzenden Tadel, für befriedigende Schmeichelei wie für kränkenden Hohn, für Liebkosungen wie für Züchtigungen. Demungeachtet lassen sie sich nicht so leicht behandeln, noch weniger leicht zu etwas abrichten, wie beispielsweise ein Hund oder ein anderes kluges Hausthier: denn sie sind eigenwillig in hohem Grade und fast ebenso selbstbewusst wie der Mensch. Mühelos lernen sie, immer aber nur, wenn sie wollen, und keinesfalls stets dann, wenn sie sollen; denn ihr Selbstbewusstsein lehnt sich auf gegen jede Unterordnung, welche ihnen nicht als für sie selbst ersprießlich erscheint ...“
Während die erste Ausgabe von „Brehms Tierleben“ herausgegeben wird, veröffentlichte BREHM zusammen mit seinem Freund E. A. ROSSMÄSSLER, mit dem er schon in Leipzig zusammenarbeitete, ein weiteres Buch mit dem Titel „Die Tiere des Waldes“.
1866 kündigte ALFRED BREHM schließlich seine Stelle als Zoodirektor, da der Verwaltungsrat des Zoos immer mehr versuchte, seine Rechte zu beschneiden, weil die Mitglieder des Rates mit den kostspieligen Ausbauplänen BREHMs nicht einverstanden waren.
BREHM geht nun nach Berlin mit dem Auftrag, ein Aquarium zu gründen. Was jedoch 1869 feierlich Unter den Linden/Ecke Schadowstraße eröffnet wird, ist nicht nur ein Aquarium, sondern ein Vivarium, dass 12 000 Tiere aller Art beherbergt. Das Aquarium erfreute sich bei den Berlinern, auch durch BREHMs Werbetätigkeit, großer Beliebtheit. Es bestand bis 1910 und wurde 1913 durch den Neubau am Zoologischen Garten ersetzt.
BREHMs Direktorenstelle endete jedoch wieder in einer Tragödie, da er 1871 einen Mitdirektor bekam, der BREHMs teure Vorhaben ebenfalls nicht realisieren wollte. Drei Jahre später legte BREHM dann sein Amt nieder und begann mit der zweiten Auflage seines Tierlebens. Als er die ersten beiden Bände abgeschlossen hatte, erhielt er ein neues Expeditionsangebot und so reiste BREHM im März 1876 für acht Monate nach Sibirien. Die Tierbeobachtungen, die er dort machte, ließ er in weitere Bände seines Tierlebens einfließen und behandelte sie in seinen Vorträgen.
Ein Jahr nach dem Tod seiner Mutter stirbt 1878 auch seine Frau an den Folgen der Geburt ihres fünften Kindes. BREHM, der mit seiner Frau eine vorbildliche Ehe geführt hatte, war nun ein gebrochener Mann, der den Tod seiner Frau nur sehr schwer verkraften konnte.
Einen gewissen Trost fand er in den Ehrungen, die ihm zuteil wurden, und in der Freundschaft mit vielen Gleichgesinnten, vor allem aber dem österreichischen Kronprinzen RUDOLF, mit dem er ein Jahr vorher eine Donaufahrt machte. 1879 ist auch die zweite, nun zehnbändige Ausgabe von Brehms Tierleben beendet.
Die letzten Lebensjahre ALFRED BREHMs sind überschattet von Intrigen aus österreichischen Hofkreisen und dem katholischen Klerus, da BREHM Protestant und Freimaurer war und sowohl er als auch Prinz RUDOLF sich zum darwinschen Evolutionsgedanken bekannten.
Die ständige Arbeitsbelastung am Schreibtisch wie auch an Vortragspulten zehrten außerdem noch an seinen Kräften. Zu allem Überfluss unterschrieb er 1883 einen Vertrag, eine Vortragsreise in die USA zu unternehmen. Bei Vertragsbruch hätte er eine hohe Strafe zahlen müssen. Kurz bevor er abreisen wollte, erkrankten alle seine Kinder an Diphtherie, doch er war gezwungen zu fahren, da die Strafe unerschwinglich hoch gewesen wäre.
Kaum war BREHM in Amerika angekommen, ereilte ihn die Nachricht, dass sein jüngster Sohn gestorben war. Vier Monate blieb er noch in Amerika, da er alle vereinbarten Vorträge halten musste. Am Mississippi erkrankte er wieder an Malaria, die ihn zunehmend schwächte.
Zurück in Deutschland zog ALFRED BREHM mit seiner Familie nach Renthendorf, um sich zu erholen. Schon geschwächt zog er sich eine Nierenerkrankung zu und verstarb, im Alter von 55 Jahren, am 11. November 1884.
Stand: 2010
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