- Lexikon
- Kunst
- 2 Kunstgeschichte
- 2.4 Barock und Rokoko
- 2.4.1 Barock (1600-1730)
- Stilllebenmalerei im Barock
Seit dem 17. Jahrhundert gibt es verschiedene spezielle Typen der Bildgattung:
Im 16. und 17. Jahrhundert erhielt das Stillleben besondere Sinnaufladung im Vanitas-Stillleben oder in Darstellungen mit mehreren Sinnschichten. Oft muss der ästhetisch-visuelle Genuss des Betrachters als Ersatz für nie zu erreichende Güter herhalten, gelegentlich dominiert die Funktion des Erinnerungsbildes. Zunehmende Bedeutung erhielt das Stillleben in der italienischen Spät-Renaissance (15. Jh.). Es wurde dem neu erwachten Naturalismus und dem fast wissenschaftlichen Interesse an rein malerisch-gestalterischen Problemen gerecht, so an der Darstellung der unterschiedlichen Stofflichkeit von Glas, Metall, Fell, an perspektivischen Zerrungen, Spiegelungen. Für die Zeit immens wichtig war, die allegorischen und enblematischen Vorstellungen wirkungsvoll darstellen zu können.
Das Stillleben wurde im 16. Jahrhundert eine eigenständige Bildgattung, ein erster Höhepunkt sind die Stillleben CARAVAGGIOs (1573–1610). Schon das frühe Barockzeitalter wurde zur Blüte der Stilllebenkunst mit oft stark symbolhafter Prägung (Vanitasgedanke), es erhielt eine sinnbildliche Bedeutungsaufladung. Augenfällig bei der Darstellung sind die zerbrochenen Gläser, Uhren, Totenschädel, Insekten, Blumen und andere Pflanzen in verschiedenen Existenzformen oder Lebensstufen. Erinnern sollen sie an die Vergänglichkeit alles Irdischen, an Unmoral, Völlerei und fleischliche Genusssucht. Das Sillleben sollte mahnen.
Stillleben verbargen damals religiös-moralische, sinnbildliche oder sogar mit Textverweisen angereicherte Inhalte hinter ihrer ästhetisch reizvollen Oberfläche. Diese Bildsprache (Sinnbilder aus Religion und Literatur) wurde von den Betrachtern verstanden, z.B. waren im Blumenstillleben
Die niederländische Kunst des 17. Jahrhunderts brachte eine Motiv-Spezialisierung der Werkstätten und Einzelkünstler hervor:
Es gab sogar Stilllebendetails in der Genre- und Bildnismalerei, wie etwa bei REMBRANDT (1606–1669) und RUBENS (1577–1640) in Flandern.
Zu den verschlüsselten Botschaften kamen nun unmittelbar erzählende Bildaussagen. So zeigen Markt- und Küchenstücke das reiche Angebot einer ertragreichen Landwirtschaft. Sie sind Zeugnisse bürgerlichen Wohlstandes, sie zeigen Qualität und Quantität der abgebildeten Waren und dokumentieren sicheres materielles Vermögen.
Die Verfeinerung der Lebensweise zeigt sich in Delikatessen-Stillleben mit Konfekt, Hummern, Marzipan und Südfrüchten. Nun rückt das Stillleben endgültig aus dem „monochromen banketje“ (gleichfarbige Anordnung), wie bei WILLEM CLAESZ. HEDA (1594–1680/82) und erhält farbige Effekte und spannungsvollere Kompositionen (barocke Dynamik). Der faszinierende Glanz der Bilder unterhöhlt immer mehr moralische Appelle.
Die französische Malerei (JEAN-BAPTISTE-SIMEON CHARDIN, 1699–1779, Klassizismus) stellt das Zusammenspiel von Farb- und Formwerten der betont schlichten Gegenstände in den Vordergrund, im Gegensatz zu dekorativem Überfluss und dynamischer Komposition barocker Repräsentations-Stillleben.
Im 18. und 19. Jahrhundert sank die Bedeutung des Stilllebens in die Drittklassigkeit, Porträt- und Historienmalerei sowie Landschaften (Romantik und Realismus) dominierten.
Erst die Impressionisten, die Nach-Impressionisten und die Expressionisten schenkten dem Stillleben wieder mehr Aufmerksamkeit. Berühmt wurden VINCENT VAN GOGHs Sonnenblumen. Auch seine anderen Stillleben frappieren mitunter durch die VAN GOGH eigene Behandlung der Perspektive.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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