LOUIS JOSEPH GAY-LUSSAC lebte in einer Zeit tiefgreifender gesellschaftlicher Umwälzungen. Mit der französischen Revolution 1789 begann sich in Frankreich und insgesamt in Europa die bürgerlichen Gesellschaft zu entwickeln. Wissenschaftler und Techniker wie JAMES WATT (1736–1819), ALESSANDRO VOLTA (1745–1827), ANDRÉ MARIE AMPÈRE (1775–1836) oder CHARLES DE COULOMB (1736–1806) hatten bedeutende Erfindungen und Entdeckungen gemacht. Dampfmaschinen wurden zunehmend als Antriebsmaschinen verwendet, die ersten Eisenbahnstrecken wurden in Betrieb genommen.
LOUIS JOSEPH GAY-LUSSAC wurde am 6.12.1778 in der kleinen Stadt Saint-Léonard-de-Noblat in Mittelfrankreich als Sohn eines Richters geboren und wurde mit 16 Jahren Schüler der École Polytechnique in Paris. Diese polytechnischen Schulen waren ein neuer Typ von Bildungseinrichtungen, die sich zum Bindeglied zwischen den Wissenschaften und der Produktion entwickelten. Die École Polytechnique war 1794 noch während der französischen Revolution eröffnet worden. Sie war ein Weltzentrum der Mathematik und der Naturwissenschaften. An ihr lehrten u. a. so berühmte Wissenschaftler wie LAPLACE, AMPÈRE, FRESNEL und CARNOT, später auch GAY-LUSSAC selbst.
Da GAY-LUSSAC zu seiner Zeit einer der besten Schüler dieser Schule war, wählte ihn der Chemiker BERTHOLLET (1748–1822) zu seinem Assistenten. 1805–1806 ging er mit ALEXANDER VON HUMBOLDT auf Europareise. Seit 1806 war GAY-LUSSAC Mitglied der französischen Akademie der Wissenschaften.
Von 1808 bis 1832 arbeitete er als Professor für Physik an der Pariser Universität (Sorbonne), ab 1809 auch als Professor für Chemie an der École Polytechnique. 1832 wechselte er an den Jardin des Plantes und wurde wenig später zum „Pair de France“ ernannt. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit war GAY-LUSSAC auch für verschiedene staatliche Ämter tätig. Am 9.5.1850 starb er in Paris. Sein Leben war reich an wissenschaftlichen Erfolgen, die er durch stete, fleißige Arbeit erzielt hat.
Seine erste wissenschaftlichen Erfolge errang GAY-LUSSAC durch Ballonfahrten . Nach den erfolgreichen Ballonaufstiegen der Gebrüder MONTGOLFIER seit 1783 beschloss die Pariser Akademie, Ballonaufstiege zu wissenschaftlichen Zwecke durchzuführen. Dafür suchte sie einige jüngere, mutige Forscher. Die Wahl fiel auf GAY-LUSSAC und den Physiker J. B. BIOT (1774–1862). Beide unternahmen im September 1804 einen gemeinsamen Aufstieg bis in etwa 7 000 m Höhe, dem bald darauf eine von GAY-LUSSAC allein durchgeführte Luftreise folgte. Erste Messungen über die Temperaturabnahme, die Luftzusammensetzung und das Erdmagnetfeld in größerer Höhe wurden durchgeführt, wobei außer bei der Temperatur keine Veränderungen mit zunehmender Höhe gemessen wurden.
Die Physik und Chemie der Gase blieben auch weiterhin GAY-LUSSACs Forschungsgegenstand. Er hat auf diesem Gebiet eine Reihe von Entdeckungen gemacht.
Die erste dieser Arbeiten, die am bekanntesten geworden ist, geht noch auf Anregung BERTHOLLETs zurück. Sie handelt von der Wärmeausdehnung von Gasen und Dämpfen und lieferte den sowohl für die Theorie als auch für praktische Anwendungen bedeutsamen Nachweis, dass „alle Gasarten und Dämpfe bei derselben Temperaturerhöhung, unter im übrigen gleichen Umständen, in gleichem Grade ausgedehnt werden“. Nach GAY-LUSSACs Messungen beträgt die Volumenzunahme bei Erwärmung von 0°C auf 100°C etwa 0,375 des ursprünglichen Volumens. Durch spätere Messungen ist dieser Wert auf 0,366 verbessert worden. Für die Temperatursteigerung von 0°C auf 1°C ergibt das 0,00366 = 1/273.
Der Zusammenhang zwischen Temperatur und Volumen von Gasen bei konstantem Druck wird heute als Gesetz von GAY-LUSSAC bezeichnet. Entsprechende Untersuchungen hat er auch für die Druckzunahme in Gasen bei steigender Temperatur und konstantem Volumen durchgeführt.
Zahlreiche Erfindungen für die chemische Industrie gehen auf ihn zurück. Bekannt ist der „GAY-LUSSAC-Turm" in der Schwefelsäureherstellung.
Stand: 2010
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