Die Vorgehensweise bei einem Forschungsprozess besteht aus mehreren Schritten, die im Folgenden an einem Beispiel
dargestellt werden sollen. Die Übersicht orientiert sich an einer Einteilung von BERNHARD SCHÄFERS. Es gibt auch andere Aufgliederungen. Beispielsweise wird die der jeweiligen
Untersuchung zugrunde liegende Theorieebene stärker berücksichtigt.
Dem Beispiel liegt die Untersuchungsfrage zugrunde:
Wie sehr beeinflusst die Arbeitslosigkeit eines oder beider Elternteile die Berufswahl der Kinder?
a. Ist eine abgeschlossene Berufsausbildung vorhanden?
b. Ist keine Berufsausbildung vorhanden?
c. War die Mutter während des Heranwachsens des Kindes durchgehend berufstätig?
d. War die Mutter zeitweise arbeitslos?
e. War die Mutter langzeitarbeitslos?
f. Ist die Mutter Hausfrau?
Die ausgesuchten Variablen werden anschließend in Variablenbereiche zusammengefasst, z. B. Mutter und Vater in den Bereich Eltern, Onkel, Tanten usw. in den Bereich Familie.
An dieser Stelle wird auch die durch die Untersuchung zu überprüfende Hypothese formuliert. Sie könnte lauten:
Die Arbeitslosigkeit des Vaters wirkt sich stärker auf die spätere Berufswahl des Kindes aus als die Arbeitslosigkeit der Mutter.
Es gibt in der empirischen Sozialforschung eine Vielzahl verschiedener Methoden, die unter „Formen der Datenerhebung“ noch näher beschrieben werden.
Für das gewählte Beispiel stellt die Befragung in Form einer Umfrage oder eines Interviews eine geeignete und gängige Methode dar.
Bei der Auswahl der Methoden zur Datenerhebung gibt es keine Patentrezepte; das jeweilige Forschungsdesign entsteht in der Auseinandersetzung mit dem Problem und der Fragestellung. Die Erhebungsmethode wird in Zusammenhang mit der Fragestellung und den festgelegten Variablenbereichen ausgesucht. Abhängig von der Problemstellung sind einige Methoden sinnvoller bzw. besser geeignet als andere. Oftmals hängt die Auswahl aber auch von den Vorlieben des Forschenden sowie dem Geld- und Zeitrahmen ab. Manchmal erscheint die Verwendung von zwei oder mehreren Methoden angebracht.
Im nächsten Schritt wird ein Erhebungsinstrument entwickelt, mittels dessen die zu messenden Daten ermittelt werden sollen. Soll in dem Beispiel die Datenerhebung per Umfrage erhoben werden, so kann hierfür ein Fragebogen erstellt werden; für ein Interview hingegen werden die möglichen Fragen in einer Art Leitfaden zusammengestellt – je nachdem wie das Interview durchgeführt werden soll.
Dieser Schritt stellt die entscheidende und problematischste Phase des ganzen Forschungsprozesses dar, weil die gesamte Untersuchung von der Qualität des Erhebungsinstrumentes abhängt. So kann ein schlecht formulierter Fragebogen dazu führen, dass wesentliche Daten nicht erfasst werden, was sich eventuell erst in der Auswertung herausstellt.
In einem Testdurchlauf mit einer kleinen Anzahl von Merkmalsträgern wird das Erhebungsinstrument auf seine Handhabbarkeit und mögliche Mängel untersucht. Bei dem Fragebogen bedeutet dies beispielsweise:
Mit Abschluss des Testdurchlaufs sollte die organisatorische Planung der Datenerhebung abgeschlossen sein, zu der folgende Überlegungen gehören:
Um die Ergebnisse der Untersuchung auf die Allgemeinheit übertragen zu können, muss für die Datenerhebung eine repräsentative Gruppe zusammengestellt werden. Für das Beispiel bedeutet dies, dass man nicht 100 18-jährige männliche Auszubildende aus der benachbarten Berufsschule befragen kann, sondern in der Stichprobengruppe eine für die Bevölkerung repräsentative Gruppe zusammenfügen muss mit Männern und Frauen verschiedener Altersstufen und Bildungsgrade. Eine sinnvolle Größe dieser „Stichprobengruppe“ ist abhängig von der Untersuchungsfrage und der Methode.
Ist die Stichprobe falsch gewählt, lassen sich die Ergebnisse nicht verallgemeinern – oder man müsste die Ausgangsfrage modifizieren:
Wie sehr beeinflusst die Arbeitslosigkeit eines oder beider Elternteile die Berufswahl der heute 18-jährigen männlichen Auszubildenden?
Die Ausgestaltung dieses auch als „Feldphase“ bekannten Schrittes hängt von der jeweiligen Untersuchung ab:
Verschickt man Fragebögen per Post oder führt man Interviews mit Tonband oder Videokamera durch?
Die Aufbereitung und Auswertung des Datenmaterials erfolgt z. B.:
In der Analyse der Daten wird die eingangs aufgestellte Hypothese überprüft und gegebenenfalls bestätigt, eingeschränkt, modifiziert oder verworfen.
In der empirischen Sozialforschung gibt es eine Vielzahl verschiedener Methoden. Eine gängige Klassifizierung teilt sie ausgehend von der Art der Erhebungs- und Verarbeitungsweise der Daten in
ein. Bei quantitativen Methoden steht die standardisierte, kontrollierbare Datenermittlung einer großen Anzahl von Merkmalsträgern im Vordergrund. Typische Erhebungstechniken sind
Bei qualitativen Methoden ist die Bedeutungs- und Interpretationsanalyse von entscheidender Bedeutung. Im Vergleich zu qualitativen Datenerhebungen wird hier auf eine wesentlich kleinere Anzahl von Merkmalsträgern eingegangen. Typische Methoden für solche Forschungsprojekte stellen
dar. Welche Methoden man anwendet, ist kontextabhängig. Die eingangs formulierte Forschungsfrage könnte sowohl quantitativ mittels Umfrage oder qualitativ mittels Interview durchgeführt werden.
Der Vorteil eines per Post verschickten Fragebogens liegt darin, dass eine größere Anzahl von Personen zeitgleich befragt werden kann. Bei Interviews hingegen besteht der Vorteil, dass zum einen der zu Interviewende bei Verständnisfragen nachfragen, zum anderen der Interviewer nach Ermessen bei bestimmten Antworten nachhaken kann.
Weitere bekannte Erhebungsmethoden sind:
In der Wissenschaft herrscht in bestimmten Fragen wie den Vor- und Nachteilen bestimmter Methoden Uneinigkeit. Im so genannten Methodenstreit geht es um die Frage der Zulässigkeit quantitativer oder qualitativer Methoden. Die Befürworter quantitativer Methoden sehen den Vorteil in der Objektivität und Verallgemeinerbarkeit ihrer Untersuchungsergebnisse. Vertreter qualitativer Methoden legen Wert darauf, dass es sich bei den Untersuchungsgegenständen nicht um quantifizierbare Objekte, sondern um Individuen handelt, weshalb der subjektive Aspekt stärker betont werden sollte. In der letzten Zeit hat sich dieser Konflikt jedoch zugunsten der Einsicht, dass beide Ansätze wichtige Beiträge leisten und sich gegenseitig ergänzen können, entschärft.
Das Gewicht der Diskussion über Methoden hat sich nun stärker auf eine „Analyse der Ursachen für Mängel im Forschungsprozess verlagert.“ (Nohlen, 2002)
Von entscheidender Bedeutung sind hierbei die so genannten Forschungs- oder Methodenartefakte. Sie bezeichnen eine Ergebnis-Aussage, die aufgrund von Mängeln oder Fehlern bei der Datenerhebung oder -auswertung nicht den realen Sachverhalt wiedergeben. Einige Ursachen hierfür sind:
Der Politikunterricht stellt für Schüler eine gute Gelegenheit dar, eigene Erfahrungen im Umgang mit Datenerhebung zu sammeln. Zum einen können sie sich – auch im Hinblick auf eine spätere Berufs-/Studiumswahl – mit einer zentralen Vorgehensweise sozialwissenschaftlicher Methoden vertraut machen. Zum anderen lernen sie Untersuchungen realistisch einzuschätzen, insbesondere auch zu den Grenzen der Aussagekraft oder vorhandener Manipulationsmöglichkeiten.
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