Geoffrey Chaucer

Ab 1357 gehörte CHAUCER zum Hofstaat des Königs und seiner Söhne. Unter EDUARD III. nahm er am Hundertjährigen Krieg in Frankreich teil und reiste ab 1370 in diplomatischen Missionen nach Frankreich, Flandern und Italien (1372/73 und 1378). 1374 wurde er zum Oberaufseher der Zölle im Londoner Hafen, 1385 zum Friedensrichter in Kent ernannt. Von 1389 bis 1391 war er in der königlichen Schlossverwaltung, ab 1391 in der königlichen Forstverwaltung tätig. Er wurde in Westminster Abbey beigesetzt.

Literarisches Schaffen

Zunächst stand CHAUCER unter dem Einfluss der französischen Literatur. Er übersetzte (zumindest teilweise) den „Roman de la Rose“ von GUILLAUME DE LORRIS und JEAN DE MEUNG und betrauerte in „The Book of the Duchess“ (1369/70) den Tod von BLANCHE, der Gattin seines Gönners JOHN OF GAUNT, des Herzogs von Lancaster.

Seit der ersten Italienreise machte sich der Einfluss DANTEs, PETRARCAs und BOCCACCIOs bemerkbar. Aus dieser Zeit stammen die Traumvision „The House of Fame“ (um 1380) und das Tierfabelgedicht „The Parliament of Fowls“ (um 1382). Daran schloss sich die Übertragung der Schrift „De consolatione philosophiae“ des Philosophen BOETHIUS an. Um 1385 verfasste CHAUCER die Verserzählung „Troilus and Criseyde“, die von einer tragischen Liebe vor dem Hintergrund des Trojanischen Krieges handelt. In „The Legend of Good Women“ (um 1385) entwirft CHAUCER Lebensdarstellungen von berühmten Frauen der Antike, denen die Liebe zum Verhängnis wurde.

The Canterbury Tales

Seinen Höhepunkt erreichte CHAUCERs Schaffen mit „The Canterbury Tales“ (siehe PDF "Geoffrey Chaucer - The Canterbury tales": engl., PDF "Geoffrey Chaucer - Canterbury-Erzählungen": dt.), an denen er etwa von 1387 bis 1400 gearbeitet hat. Ihre Beliebtheit bereits in mittelalterlicher Zeit lässt sich an der Zahl der Handschriften ablesen, in denen sie überliefert sind: 83 Kopien sind erhalten – für jene Epoche eine gewaltige Anzahl, die von keiner anderen weltlichen Dichtung des englischen Mittelalters erreicht wird. Eine aus 30 Vertretern verschiedenster Stände zusammengesetzte Pilgerschar, die zum Grab des heiligen Thomas Beckett in Canterbury wallfahrten will, kommt überein, dass jeder auf dem Hin- und Rückweg je zwei Geschichten erzählen soll, um allen die Zeit zu verkürzen. Von den geplanten 120 Geschichten konnte CHAUCER jedoch nur 22 fertigstellen. In ihnen entwirft er ein sprachlich brillantes Kompendium literarischer Erzählformen des Spätmittelalters, das von der Ritterromanze über die Heiligenlegende bis zur derb-drastischen Schwankerzählung reicht. Auf diese Weise entsteht ein wirklichkeitsnahes und buntes Panorama des englischen Lebens am Ausgang des Mittelalters. Als erster Autor verleiht CHAUCER jedem Erzähler eine ihn charakterisierende Geschichte und Sprache und setzt diese Charakterbilder in subtilen Zusammenhang zu seinem berühmten, das Werk eröffnenden Prolog.

CHAUCERs umfangreiches Werk bildet den Höhepunkt der spätmittelalterlichen Literatur Englands. Es ist Ausdruck eines neuen nationalen und bürgerlichen Selbstverständnisses, das zur Ablösung des Französischen als Sprache der Gebildeten und der Literatur führte und der (mittel-)englischen Sprache Geltung verschaffte.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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