CHRISTOPHER MARLOWE wurde als Sohn eines Schuhmachers geboren und studierte mit Hilfe von Stipendien in Cambridge, wo er 1587 den Magisterabschluss erlangte. Während des Studiums in Cambridge war er vermutlich in Spionagetätigkeiten im Dienste der Krone verwickelt. In London, wo er sich direkt im Anschluss an sein Studium niederließ, führte er ein sehr freies Leben in Intellektuellen- und Theaterkreisen. Zu dieser Zeit verfasste er seine Dramen, die mit Erfolg am Theater gespielt wurden. 1593 wurde MARLOWE wegen Atheismus angeklagt. Bei einem Wirtshausstreit kam er im Alter von 29 Jahren durch Messerstiche ums Leben.
MARLOWE war einer der bedeutendsten englischen Dramatiker vor WILLIAM SHAKESPEARE: Seine Stücke eroberten seit Ende der 1580er Jahre die Londoner Bühnen im Sturm. Seinen frühen Ruhm begründete die Tragödie Tamburlaine the Great (1587), in der bereits die typischen Merkmale seiner Bühnenwerke erkennbar werden:
MARLOWES Bühnenhelden scheitern meist an der Maßlosigkeit ihrer Ansprüche. Tamburlain der Große will sich zum Weltherrscher aufschwingen und fühlt sich mächtig genug, „das Rad Fortunas mit eigener Hand zu drehen“. Doch auch er muss schließlich wie jeder gewöhnliche Sterbliche vor dem Tod kapitulieren: Das übermäßig ausgeprägte Selbstbewusstsein des Renaissancemenschen stößt an seine Grenzen.
Auch einige andere Dramen MARLOWES beweisen sein Gespür für bühnenwirksame Stoffe: The Jew of Malta (1589) zeigt den in seiner Geld- und Machtgier maßlosen Juden Barabas als zunächst Erfolgreichen, doch letztendlich Scheiternden - weniger als tragische Figur, denn als grausam verhöhnte Komödiengestalt, in der bereits Züge der späteren Comedy of humours von BEN JONSON erkennbar werden. SHAKESPEARE ließ sich wohl durch MARLOWES Drama zum Merchant of Venice anregen, schrieb aber - trotz der oberflächlichen Ähnlichkeit - ein ganz anders angelegtes Stück.
MARLOWES tragisches Historienspiel King Edward II (1592) wiederum hat keinen Geringeren als BERTOLT BRECHT zu einer erfolgreichen Neubearbeitung verlockt. The Tragical History of Doctor Faustus (1592) ist MARLOWES bekanntestes und erfolgreichstes Drama. Der Titelheld verkörpert nicht nur den Inbegriff des marloweschen Übermenschen, sondern einen zeitlosen Mythos: den des rastlos Fragenden und Gott infrage Stellenden, der sich so zum Herrn der Welt aufwerfen will. Hier gelingt es MARLOWE paradoxerweise, mithilfe mittelalterlicher Motive und mit den Techniken der Morality plays (sieben Todsünden, gute sowie böse Engel, Höllenschlund) das tragische Schicksal des ‚modernen Menschen' darzustellen, der ein Opfer seiner forschenden Wissbegier wird.
MARLOWE schrieb auch Gedichte und das witzige Kleinepos Hero and Leander (1593), dessen Hintergrund eine von Gewalt und Leidenschaft geprägte Götterwelt ist. Außerdem übersetzte er Werke von OVID und LUKAN.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
Ein Angebot von