Helicobacter pylori

Helicobacter pylori ist ein ca. drei Tausendstel Millimeter großes Bakterium. Es hat eine spiralige, leicht gekrümmte Form und besitzt an seinem Ende mehrere Geißeln. Mit diesen Geißeln kann es sich schnell fortbewegen. Es bewohnt mit Vorliebe die Schleimhautschicht des Magens, in welcher es ideale Lebensbedingungen findet. Die Magenschleimhaut hat genau den richtigen Anteil an Sauerstoff, den das Bakterium für seine Vermehrung braucht. Gleichzeitig schützt die Magenschleimhaut das Bakterium vor der aggressiven Magensäure.
Zusätzlich zu diesen Bedingungen bildet Helicobacter pylori einen Stoff, der in den Stoffwechsel der Magenschleimhautzellen eingreift und indirekt dafür sorgt, dass zu viel Magensäure produziert wird. Dadurch kann es zu einer chronischen Entzündung kommen. Giftstoffe (Toxine), die direkt vom Bakterium abgesondert werden, greifen außerdem direkt die Magenschleimhaut an. Auch so können Geschwüre ohne die vermehrte Produktion von Magensäure entstehen.

Das Bakterium Helicobacter pylori ist eine relativ neue Entdeckung und hat die Behandlung häufiger Magen-Darm-Erkrankungen bereits revolutioniert. Generationen von Medizinstudenten hatten gelernt, dass der Magen bei Stress vermehrt Magensäure (Salzsäure) abgibt. Diese Säure greife die Schleimhaut an und könne Magenschleimhautentzündung sowie Magen- und Darmgeschwüre auslösen. Diese Erkenntnisse gehen auf den deutschen Mediziner KARL SCHWARTZ zurück, der 1910 herausgefunden hatte, dass Zwölffingerdarmgeschwüre nur bei erhöhter Magensäureproduktion auftreten.

Diese Vorstellung „Ohne Säure kein Geschwür“ wurde 1979 durch die Entdeckung von Helicobacter p. durch den Pathologen ROBIN WARREN (Australien) gründlich revidiert. Er fand heraus, dass Magenschleimhautentzündungen und die daraus hervorgehenden Geschwüre eine Infektionskrankheit sein können, die durch das Bakterium ausgelöst wird.
Für ROBIN WARREN war es zunächst schwierig, das Bakterium zu kultivieren. Wie so oft bei großen Entdeckungen kam ein Zufall zu Hilfe. Am Osterwochenende 1982 vergaßen die Laboranten von WARREN, aus der Magenschleimhaut von betroffenen Patienten stammende Bakterien zu entsorgen. Nach dem längeren Wochenende hatten sich aus den Einzelindividuen Bakterienkolonien gebildet. Neu an der Entdeckung war, dass diese Bakterien 5 Tage, nicht wie bei vorherigen Versuchen 2 Tage, für eine sichtbare Vermehrungsrate benötigen. Jetzt konnten die drei Tausendstel Millimeter großen Keime überall auf der Welt isoliert werden.

Dass Helicobacter tatsächlich Entzündungen auslösen, haben WARRENS Mitarbeiter BARRY J. MARSHALL und ein zweiter junger Mann im Selbstversuch bewiesen. Sie nahmen geringe Mengen Helicobacter auf oralem Weg ein und bekamen prompt eine schmerzhafte Magenschleimhautentzündung (Gastritis), die beim ersten Probanden nach 14 Tagen und bei dem anderen erst nach 3 Jahren geheilt werden konnte. Bei Blutuntersuchungen Betroffener stellte man außerdem fest, dass das Immunsystem durch Entzündung und Bildung von Antikörpern gegen Helicobacter vorgeht. Offensichtlich schafft es das Immunsystem aber nicht, die Keime vollständig auszurotten. Damit stand fest, dass die Krankheit mit Antibiotika behandelt werden muss.

Für die Wissenschaftler ergab sich nun die Frage, wie sich Bakterien in der feindlichen, säurehaltigen Umwelt des Magens ansiedeln und auf Dauer überleben können. Man fand heraus, dass Helicobacter ein Enzym besitzt, welches die Magensäure vorübergehend neutralisiert. Es handelt sich um Urease, die Harnstoff in Ammoniak und Kohlenstoffdioxid spaltet. Ammoniak neutralisiert die Salzsäure kurzfristig, sodass die Keime in die weniger saure Magenschleimhaut eindringen können. Mit ihren Geißelbündeln können sich die Bakterien mit großer Geschwindigkeit bewegen und in den Zellen verankern.

Einmal eingenistet setzt Helicobacter nun Gifte (Toxine) frei, die die Zellen zur Produktion entzündungsfördernder Stoffe veranlassen. Hieraus entsteht langsam das Geschwür. Warum nicht alle Infizierten Folgekrankheiten entwickeln, ist noch unklar. Auch der Infektionsweg ist noch rätselhaft.

Bis vor wenigen Jahren konnten durch Helicobacter pylori verursachte Infektionen ausschließlich durch Entnahme von Gewebe (Biopsie) aus der Magenschleimhaut (Gastroskopie) und anschließende histologische sowie bakterioskopische Beurteilung des Materials nachgewiesen werden.
Inzwischen gibt es auch weniger belastende Diagnosemethoden , z. B. durch Nachweis entsprechender Antikörper im Serum oder mithilfe eines Atemtestes.
Mit weltweit 1 Milliarde infizierter Menschen ist Gastritis eine der häufigsten Infektionskrankheiten. In Deutschland sind 40 % der Bevölkerung Bakterienträger. Der Befall führt zur Magenschleimhautentzündung und bei vielen Patienten entwickelt sich daraus ein Geschwür im Magen oder Zwölffingerdarm. Bei unterlassener Behandlung können die Geschwüre zur Krebserkrankung führen. Das Risiko, an Magenkrebs zu erkranken, erhöht sich um das 6-Fache.

In Lakritz enthaltene Wirkstoffe sollen die Magenschleimhäute durchdringen und Helicobacter ausrotten können.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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