Urbane Dialekte

Im gegenwärtig gesprochenen Englisch gibt es traditionelle und moderne Dialekte, wobei relativ wenige traditionelle Sprecher (etwa 10 % der Gesamtbevölkerung) einer Mehrheit von Sprechern moderner Varianten gegenüber stehen. Der moderne Dialekt mit dem höchsten gesellschaftlichen Prestige ist als Standard English.

Traditionelle Dialekte

Traditionelle Dialekte sind die sprachgeschichtlich älteren Varianten. Man hört sie vor allem in ländlichen Gegenden. Die Sprecher sind meist ältere Menschen, die in der Landwirtschaft tätig sind oder waren. Viele Wörter der einzelnen Dialekte stammen daher aus diesem Alltags- und Arbeitsbereich und sind nicht selten für Ortsfremde praktisch unverständlich.

Moderne Dialekte

Verschiedene außersprachliche Faktoren haben die Rahmenbedingungen für die modernen Dialekte geschaffen. Vor allem die Industrialisierung hat indirekt auf die Sprache gewirkt, da sich die Städte zu Ballungszentren entwickelten. Der Transport der Güter wurde im 19. Jahrhundert ausgebaut und auf die Schiene verlegt. Mittels der railway wurde aber auch die Sprache transportiert. Durch den Ausbau des Verkehrsnetzes wurden gleichzeitig Barrieren überwunden, die den kommerziellen und auch den sprachlichen Kontakt und Austausch bisher begrenzt oder verhindert hatten. Im 20. Jahrhundert haben zudem die Medien, vor allem Hörfunk und Fernsehen, maßgeblich dazu beigetragen, einen sprachlichen Standard zu normieren und zu verbreiten. Die Mehrzahl der sprachlichen Neuerungen geht in England aus dem Südosten hervor. Die Wörter, die sich nicht als Standardbegriffe etablieren können, existieren als dialektale Varianten.

Als Beispiel sollen die englischen Begriffe für das Wort „Turnschuhe“ dienen. Im Standardenglisch werden „Turnschuhe“ zumeist als trainers oder gymshoes bezeichnet. In den Nichtstandard-Varianten der modernen Dialekte hört man aber auch zahlreiche andere Begriffe:

  • Im Nordosten werden „Turnschuhe“ sandshoes genannt,
  • in der Merseyside-Region gollies.
  • Im Norden und in der Mitte Englands nennt man sie pumps, was für deutsche Muttersprachler die Gefahr eines false friend birgt.
  • Im Südwesten hingegen heißen sie daps,
  • zum Südosten hin plimsolls.

Die Bezeichnung des Standardenglisch wird im Gegensatz zu diesen modernen dialektalen Varianten überall im Land verstanden.

Für zahlreiche Wörter aus den traditionellen Dialekten gibt es hingegen oft keine Entsprechung im Standardenglisch. Das kann daran liegen, dass beispielsweise ein bestimmtes landwirtschaftliches Gerät nicht mehr verwendet wird und dessen Bezeichnung daher in modernen Varietäten überflüssig wird. So erklärt sich, dass traditionelle Dialekte einen umfänglicheren Wortschatz aufweisen als das Standardenglisch.

Diese Tendenz zur Vereinheitlichung lässt sich an den Bezeichnungen für „Mädchen“ veranschaulichen:

  • Im Standardenglisch verwendet man girl, neben diesem Begriff ist in anderen modernen Dialekten auch lass verbreitet (männliches Pendant dazu sind boy und lad).
  • In den traditionellen Dialekten existieren zudem Bezeichnungen wie maiden, wench, mawther.

Eine solche Verringerung des Wortschatzes wird in der Linguistik als lexical attrition bezeichnet (attrition – „Zermürbung, Verschleiß“). Mit Blick auf die modernen Dialekte unterscheidet man zwischen dem Norden und dem Süden Englands.
Die Dialektgrenze verläuft südlich von Birmingham (West Midlands) und Leicester. Sie trennt den Norden und die Mitte Englands vom Südwesten und Südosten ab.

Varietäten in der Aussprache

Sprachwissenschaftlich ist die Aussprache des Kurzvokals „u“ wie in but und up das wichtigste Unterscheidungskriterium innerhalb der modernen englischen Dialekte (primary dialect boundary): Im Süden wird ein kurzes „a“ artikuliert, im Norden hingegen hört man in den Wörtern but und up ein kurzes „u“ wie in put. Die sprachgeschichtliche Erklärung für dieses Phänomen ist, dass in den nördlichen Dialekten das mittelenglische Vokalsystem intakt ist, während sich im Südosten ein weiterer Kurzvokal etabliert hat und auf die angrenzenden Regionen übergegangen ist.

Regionen mit ähnlichen Merkmalen in der Aussprache (Akzent) weisen auch Übereinstimmungen in Wortwahl und Grammatik (Dialekt) auf, hinsichtlich derer sie sich vom Standardenglisch unterscheiden. Generell lässt sich feststellen, dass die sprachliche Prägung von – großen wie kleineren – Städten auf die ländlichere Umgebung übergeht. Dies ist der Fall bei London, das die angrenzenden Home Counties Essex, Hertfordshire, Teile von Buckinghamshire und Berkshire, Surrey und Kent beeinflusst, sowie bei der in den Northwest Midlands gelegenen Großstadt Manchester.

Dialekte und Akzente

Dieses Phänomen trifft ebenso für Liverpool und Birmingham in den West Midlands zu. Der in London gesprochene Dialekt heißt Cockney-Englisch. Typische Wörter und grammatische Eigenarten dieses Dialekts gehen mit einer markanten Aussprache einher: In London stehen die polite pronunciation, die auch international als Standard im Englischunterricht angestrebt wird, und der Cockney-Akzent in starkem Kontrast.

Typische Merkmale des Cockney-Englisch sind:

  • das lange „a“ beispielweise in dance, das früher kurz war,
  • das lange „i“ in by, das eher wie „oi“ klingt,
  • die Abschwächung des „r“ in car oder harbour.
  • Das „g“ in der Endung -ing entfällt, z. B. in eating > eatin'.
  • In news wird statt [ju] [u] gesprochen, das dadurch wie „noos“ klingt.
    Diese Eigenart hat sich bekanntlich im amerikanischen Englisch etabliert, wie die Aussprache von New York zeigt.
  • Das „t“ in zentraler Position wie in bottle entfällt durch die Artikulation des glottal stop (Verschluss des Kehlkopfes).
  • Beliebt sind im Cockney sogenannte back-slang-Wörter, die vom Ende her gesprochen werden, so yob statt boy oder taf statt fat.
  • Typisch ist auch der kreative rhyming slang, in dem beispielsweise für wife > trouble and strife gesagt wird oder für money > bees and honey.

Die folgenden urbanen Zentren werden im Kontrast zu London betrachtet:

Birmingham prägt die Region West Midlands, die nordwestlich von London in Mittelengland liegt. Der Dialekt dieser Gegend weist durchaus noch Eigenschaften auf, die typisch für südliche Dialekte sind, wie:

  • ein langes „i“ am Ende von Wörtern wie city und seedy,
  • auslautendes „-ing“, das als „-in' “ausgesprochen wird.
  • Im Gegensatz zu London stehen beispielsweise: – die Aussprache von „a“ in dance als „æ“ (statt „a“: im Südosten),
  • das Fehlen von glottal stops sowie
  • das Fehlen des Buchstaben „h“: hill wird wie ill gesprochen.

Anhand dieser dialektalen Eigenheiten kann ein Sprecher als northener verortet werden. Typisch für Birmingham und die Umgebung sind die Artikulationen verschiedener Diphthonge, die deutlich vom Standard abweichen, außerdem Mehrfachverneinungen wie

We didn't get nothing out of it. (statt: We didn't get anything out of it).


Der Akzent von Liverpool ist beschränkt auf die Stadt selbst sowie ihre unmittelbare Umgebung, die nach dem dort mündenden Fluss Merseyside genannt wird.

  • Neben den bereits erwähnten Ausspracheeigenheiten des Nordens (kein kurzes „a“ in but, statt „a:“ in dance „æ“)
  • wird in Liverpool – in Wörtern wie book und look ein langes „u“ gesprochen;
  • die Konsonanten p, t, k werden stark aspiriert (= behaucht) und in Endposition oft zu Frikativen (Reibelauten).

Da sich in den letzten hundert Jahren viele Iren, insbesondere aus Südirland, in Liverpool niedergelassen haben, ist der regionale Dialekt durch das irische Englisch beeinflusst. So stammt beispielsweise die Form yous, oft für Plural-you, von der Nachbarinsel. Auch in Merseyside begegnen Mehrfachverneinungen wie

I didn't have to do nothing to help her.

Eine dialektale Variante bei der Verabschiedung ist tarrah, die anstelle des informellen bye-bye verwendet wird.

Manchester liegt in nicht allzu großer Entfernung östlich von Liverpool in den Northwest Midlands.

  • Hinsichtlich der Aussprache ähnelt der dortige Akzent sehr den anderen in der Sprachregion West Central – West Midlands, Merseyside, Northwest Midlands – gesprochenen Varianten.
  • Eine weitere Gemeinsamkeit ist bei der Konsonantenverbindung „ng“ hörbar: Sie wird betont gesprochen, im Wortinneren (singer, Birmingham) sowie am Wortende (long, thing).
  • Markant für den Manchester-Dialekt ist außerdem das kurze „i“ in city oder very.

Die zunehmende Bedeutung der städtischen Varianten in der Formation moderner Dialekte spiegelt die demografischen und ökonomischen Veränderungen der vergangenen 200 Jahre in England wider:
Die Größe der Städte nimmt zu, während sich gleichzeitig die Zahl der traditionellen Dialektsprecher verringert. Sie sind nur noch in entlegenen Gegenden anzutreffen, wobei diese Gebiete zahlenmäßig und flächenmäßig abnehmen und damit zu „Inseln“ mit bestimmten sprachlichen Merkmalen werden.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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