- Lexikon
- Geografie
- 3 Naturgeografische Grundlagen
- 3.4 Reliefformen
- 3.4.2 Formbildungsprozesse
- Karsterscheinungen
Als Karst werden alle durch Lösungsverwitterung entstandenen Reliefformen und mit ihr verbundenen Reliefbildungsvorgänge verstanden. Dabei bringen allerdings die unterschiedlichen löslichen Gesteine auch jeweils spezielle Karstformen hervor. Im Unterschied zum echten Karst werden als Pseudokarst karstähnliche Hohlformen verstanden, die durch das Abschmelzen von Eisresten von Gletschern oder Inlandeis unter der Erdoberfläche entstanden sind.
Die Karsterscheinungen in den Karstlandschaften der Erde können sehr verschiedenartig sein. Folgende Typen können im Wesentlichen unterschieden werden:
Karrenbildung
Lösungsprozesse durch Wasser, vor allem durch Niederschläge, vollziehen sich in erster Linie in löslichen Gesteinen, wie Kalk-, Gips- oder Salzgesteinen. In solchen Gesteinen laufen sie sowohl an der glatten Oberfläche ab als auch entlang von Fugen und Spalten, in Poren und in den feinen Kapillaren im Gesteinsinneren. Im Ergebnis dieser Lösungsprozesse, die sich über lange Zeiträume erstrecken können, entstehen ober- und unterirdische Karstformen unterschiedlicher Größenordnung. Sind dem Sickerwasser außerdem Zersetzungsprodukte von Pflanzen, gelöstes und Säuren beigemengt, dann verstärkt sich die Intensität der Lösungsprozesse noch.
Auffällige Kleinformen des Karstes an der Gesteinsoberfläche sind Karren oder Schratten (Bild1, Bild 2), die metertief werden können. Sie entstehen, wenn das Niederschlagswasser in Gesteinsritzen oder -spalten oberflächlich abfließt und diese durch die Auflösung des Kalksteins erweitert und vertieft werden.
Karren an der Oberfläche von Kalkgestein.
An der Erdoberfläche erkennt man den Karst vor allem an Dolinen und Erdfällen sowie an einigen Besonderheiten des Wasserhaushalts:
Einsturzdolinen sind größere Hohlformen an der Erdoberfläche, die durch das Zusammenbrechen von ausgelaugten unterirdischen Hohlformen und größeren Höhlen entstanden sind.
Lösungsdolinen entstehen dagegen an der Erdoberfläche, wenn das versickernde Niederschlagswasser im Kalkstein fast senkrechte Schloten ausgelaugt hat, die sich mit einstürzendem Gestein füllen (Bild 3).
In beiden Dolinentypen lagern meist fruchtbare rötlich braune Verwitterungslehme als Lösungsrückstände. Selbst die kleinen Dolinen werden deshalb auch intensiv landwirtschaftlich genutzt. Sie sind im sonst nur kargen Karst als grüne Inseln gut erkennbar.
Erdfälle sind wie Dolinen Hohlformen an der Erdoberfläche. Sie entstehen in Gesteinen, die über Karstgesteinen liegen. Wird das Karstgestein im Untergrund ausgelaugt und die Höhlen in ihm brechen später zusammen, dann setzt sich dieser Zusammenbruch häufig bis an die Oberfläche hoch fort und bildet Erdfälle.
Aus mehreren nebeneinanderliegenden Dolinen können durch fortgesetzte Lösungsprozesse großflächige Hohlformen, sogenannte Poljen, entstehen. Besitzen diese häufig sehr weiten Senken unregelmäßige Umrisse, werden sie als Uvalas bezeichnet.
Viele der Karstbegriffe, wie auch der Begriff Karst selbst, stammen aus dem Serbokroatischen. So bedeutet Polje serbokroatisch „Feld“, was zugleich auch auf die Nutzung dieser Karstformen hinweist.
Bedeutungsvoll sind auch Besonderheiten des Wasserhaushalts und der Hydrologie in Karstgebieten:
In Karstlandschaften gibt es neben gravitativer Versickerung von Wasser in Kapillaren, Poren, Schlotten und Karren auch Druckwasser, das entgegen der Schwerkraft zu fließen vermag. Ursache hierfür ist der hydrostatische Druck von „nachdrängendem“ Sickerwasser, der das bereits in den Klüften des Gesteins befindliche Wasser auch gegen das Gefälle „nach oben“ fließen lässt. Daher gibt es in Karstgebieten mehrere und unterschiedlich hohe Grundwasserspiegel, die Karstwasserspiegel.
Dolinenbildung im Karstgestein
Auf seinem Weg durch das Gestein löst das Wasser das Kalkgestein ständig weiter auf und schafft dadurch Hohlräume mit unterirdischen Wasserläufen. Charakteristische Merkmale dieser Karstbäche und -flüsse sind das allmähliche oder plötzliche Versickern des Oberflächengewässers in Fluss-Schwinden, auch Schlucklöcher oder Ponoren genannt. Ein bekanntes Beispiel für eine solche Fluss-Schwinde ist die Donauversickerung im Jura-Kalkstein der Schwäbischen Alb bei Tuttlingen.
Nach dem Versickern fließen die Gewässer im Berg als Höhlenbach oder Höhlenfluss weiter oder bilden Höhlenseen, bis sie wieder als Karstquellen, in einem Speiloch oder durch ein Höhlentor, an die Oberfläche treten. So tritt das Donauwasser im sogenannten „Blautopf“ westlich von Ulm wieder ans Tageslicht.
Besondere Karstformen werden in den feuchtwarmen Tropen gebildet. Dort tritt in den Poljen und Dolinen, in denen häufig das Grundwasser steht, der Turm- oder Kegelkarst auf. Infolge des hohen Wasserstands vollziehen sich in solchen Dolinen und Poljen seitliche Lösungserscheinungen. Dadurch werden über Jahrtausende Einzeltürme oder Kegel herausmodelliert (Bild 5).
Kegel- und Turmkarst in den feuchten Tropen
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