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- Das Rittertum im Mittelalter
Die Bezeichnung Ritter rührte daher, dass zu Pferde gekämpft wurde. Es handelte sich also um berittene Krieger, kurz Ritter, die mit Helm, Schild und Lanze, eisernem Kettenhemd sowie Arm- und Beinschienen ausgerüstet waren. Die schweren, unbeweglichen Plattenpanzer waren keine Kampf-, sondern nur Turnierrüstungen.
Neben das bisherige Volksheer aus leicht bewaffneten, wehrpflichtigen Bauern trat ein berittenes Berufskriegerheer. Da die Ansprüche an die Kampfestechnik und die Bewaffnung wuchsen und die Möglichkeiten einfacher Bauern überstiegen, wurde das alte Volksaufgebot schließlich im Hochmittelalter ganz vom Ritterheer verdrängt.
Ritter konnte werden, wer sich ein gut trainiertes Schlachtross, Pferde für die Knappen und zum Transport der Ausrüstung sowie die teure Ausrüstung selbst leisten konnte, also über einen bestimmten Reichtum verfügte. Aus dem „Beruf“ Ritter entwickelte sich im Laufe der Zeit einadliger Stand, dem man durch Geburt angehörte. Seit Ende des 12. Jh. konnten nur noch Söhne von Rittern wieder Ritter werden.
Der Ritter war zur Leitfigur der Gesellschaft an den Kaiser- und Fürstenhöfen geworden. Es galt als vornehm, Ritter zu sein und ritterlich zu leben. So ließ Kaiser FRIEDRICH I. BARBAROSSA zu Pfingsten 1184 auf einem glanzvollen Fest in Mainz, an dem 70 000 Ritter teilgenommen haben sollen, seine beiden Söhne zu Rittern weihen.
Das mittelalterliche Rittertum entstand in Südfrankreich. Von dort aus breitete es sich über Burgund und Flandern auf ganz Europa aus. Seine höchste Blüte erlebte es im Zeitalter der Kreuzzüge und unter den staufischen Kaisern des 12. Jh.
Der Niedergang des Rittertums als Zier der höfischen Gesellschaft erfolgte mit dem Ausgang des Mittelalters, dessen Kind es war. Ende des 15. Jh. wurden auf den Schlachtfeldern die ersten Landsknechtheere eingesetzt. Dazu kam neue Waffentechnik, z. B. die schon im 14. Jh. verbesserte Armbrust, deren Bolzen jede Rüstung „knackte“.
Die Landsknechte, in der Regel für Geld kämpfende Söldner, waren zwar Fußkämpfer. Sie waren aber schwer und besser bewaffnet, kämpften in geschlossenen Haufen und waren im Kampf außerordentlich diszipliniert. Gegen diese Kampfverbände hatten die Ritter keine Chance; verstanden sie sich doch mehr als Einzelkämpfer, die als freie Herren auch im Kampf die freie Entscheidung beanspruchten. Es war also die Unfähigkeit zur Disziplin, die den Ritterheeren zum Verhängnis wurde.
„Stirb, Götz! – Du hast dich selbst überlebt, die Edeln überlebt“,
lässt GOETHE symbolisch für die ganze Ritterschaft den sterbenden Ritter Götz von Berlichingen sagen.
Außerdem engte seit dem 14. Jh. in Deutschland der Ausbau der Territorialstaaten durch die Fürsten den Spielraum des niederen Adels, dem die meisten Ritter angehörten, immer mehr ein. Zudem verlagerte sich der wirtschaftliche Fortschritt in die aufstrebenden Städte. So verlor die ritterliche Elite der mittelalterlichen Gesellschaft an politischem Gewicht und wirtschaftlicher Stärke.
Beides führte dazu, dass immer mehr Ritter in die Städte abwanderten. Andere zogen sich auf ihre Besitzungen zurück und pressten die Bauern aus, um ihren Lebensstandard halten zu können. Wieder andere wurden zu Raubrittern, die Reisende und Kaufleute erbarmungslos ausplünderten. Das waren auch die Ursachen, weshalb der Niedergang zugleich mit einem erheblichen Ansehensverlust des Rittertums verbunden war.
Man spricht noch heute von ritterlichem Verhalten, wenn sich ein Mann achtungsvoll, großzügig und vor allem hilfsbereit verhält. Diese Werte gehen auf die Besonderheiten der ritterlichen Ethik im Mittelalter zurück:
Aus dem Ritterstand entstammte ein ritterlicher Ehrenkodex, der schließlich für den ganzen Adel verbindlich wurde:
Die ritterlichen Tugenden verpflichteten jeden Ritter zur Wahrung von Frieden und Recht, zum Schutz der Armen und Schwachen, zur Schonung des besiegten Gegners und zum Dienst für Gott und Kirche.
Die Umgangsformen eines Ritters mussten sich andererseits durch hövescheit (Höfischkeit) auszeichnen:
Neben festlicher Kleidung oder geistreichem Gespräch war es eine respektvolle Haltung zur Frau, die Minne (die „höfische Liebe“), welche vom Ritter gefordert wurde. Minne wurde als verehrendes, dienendes Werben um die Gunst der Frau verstanden (Bild 2), also als Dienst, der an den Höfen auch im Minnesang seinen Ausdruck fand. Im 12. Jh. sind es Dichter und Troubadoure, die die Liebe entdecken und besingen. In ihren Liedern und Gedichten zelebrieren sie eine nachgerade kultische Verehrung der adligen Frauen.
Ein Ritter konnte seine vorbildliche Höfischkeit nicht nur in der Minne, sondern auch beim Waffengang imRitterturnier beweisen:
Turniere wurden ab dem 12. Jh. zu einer wichtigen „Schaubühne“ höfischen Verhaltens (Bild 3). Sie boten außerdem die Möglichkeit, sich in der Kriegskunst zu üben. Die Begegnungen zweier Ritter im Turnier liefen nach einem strengen Regelwerk ab. Sie konnten friedlich oder feindlich ausgerichtet sein.
Auch die Wahl der von den Turnierteilnehmern getragenen Abzeichen hing mit dem Charakter des Kampfes zusammen. War er feindlich, trugen die Ritter ihr Familienwappen als Kampfzeichen. Ging es nur um die Ehre, wurden andere Zeichen getragen. Anhand der besonderen farblichen Gestaltung der Ausrüstungsgegenstände konnten die einzelnen Ritter von der zuschauenden höfischen Gesellschaft unterschieden werden. Außerdem verdeutlichten die Farben den Stand eines Ritters und die jeweils geltenden Kampfregeln. Diese Regeln waren vom ritterlichen Ehrenkodex geprägt und bezogen sich vor allem auf Verhaltensmerkmale wie Mut, Ehre und Großherzigkeit.
Das wirkliche Leben der Ritter stand nicht selten im krassen Widerspruch zu den ritterlichen Tugenden und den Idealen der höfischen Kultur.
So bestimmten beispielsweise häufig – statt Minne und Anbetung – eher Gewalt bis zur Vergewaltigung das Verhältnis der Ritter zu den Frauen. Und gegen die eigenen feudal abhängigen Bauern verhielten sich die Ritter nicht unbedingt den Werten ihres Ehrenkodex entsprechend.
WALTHER VON DER VOGELWEIDE hat dieses Problem des Rittertums auf den Punkt gebracht, indem er in einer seiner Dichtungen schrieb:
„Ich saß auf einem Stein, die Beine übereinander geschlagen, das Kinn in die Hand gestützt, und dachte lange nach, wie man drei Dinge vereinbaren könne, ohne eines davon zu schmälern. Zwei sind Ansehen und Besitz; das dritte ist die Gnade Gottes, die weit mehr gilt als die beiden anderen ... Aber leider kann es nicht sein, dass Besitz und weltlicher Ruhm und dazu noch Gottes Gnade zusammen in ein Herz kommen.“
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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