- Lexikon
- Geschichte
- 2 Vor- und Frühgeschichte
- 2.2 Der Mensch in der Steinzeit
- 2.2.1 Religion und Kunst in der Altsteinzeit
- Einordnung in die Menschwerdung
Die Gattung Mensch entwickelte sich über 4 Mio. Jahre vom Homo habilis (Altmensch) über den Homo erectus (Urmensch) zum Homo sapiens sapiens (Jetztmensch). In der Übergangszeit zwischen Urmenschen und Jetztmenschen, vor etwa 70000 bis 35000 Jahren, lebte eine Menschengruppe, die als Homo sapiens neandertalensis oder Altmenschen bezeichnet wird.
Vom Altmenschen gibt es in Europa, Afrika und Asien zahlreiche Fundstellen. An etwa 150 Fundplätzen wurden fossile Knochenreste von mehr als 300 Individuen, darüber hinaus Steinwerkzeuge und die Knochen erlegter Tiere gefunden.
Bei allen Fossilienfunden von Altmenschen wird jedoch unabhängig von der jeweiligen Fundstelle von Neandertalern gesprochen.
Dieser Name geht auf den wohl berühmtesten Fund der Welt überhaupt zurück: Im Jahre 1856 bestimmte der Lehrer und Naturforscher JOHANN CARL FUHLROTT (1803–1877) Knochenfunde aus einer Höhle im Neandertal bei Düsseldorf als Reste fossiler Menschen.
Das historische Neandertal war im 19. Jh. ein etwa ein kilometerlanges wildromantisches Teilstück der Düssel zwischen Düsseldorf und Wuppertal. Hier durchschnitt der Fluss in einem steilwandigen Tal mit einigen größeren Höhlen hartes Kalkgestein. Dieses Kalkgestein wurde ab 1851 als Zuschlagstoff für die um Wuppertal entstandenen Eisenhütten in Steinbrüchen abgebaut. Im Zusammenhang mit der Kalkgewinnung räumten 1856 Steinbrucharbeiter eine knapp 20 m über dem Flussbett liegende Höhle aus. Aus dem am Fuße der Höhle liegenden lehmigen Material vom Höhlenboden ragten fossile Knochenreste heraus, die mit Interesse betrachtet wurden.
Man glaubte, es mit Skelettresten von Höhlenbären zu tun zu haben, war sich aber nicht sicher. Zur genaueren Bestimmung rief der Steinbruchbesitzer deshalb den für seine geologischen Kenntnisse weithin bekannten FUHLROTT herbei. Er legte ihm neben Oberschenkel-, Oberarm- und weiteren Knochenfragmenten auch ein Schädeldach des „Bären“ vor.
Nach eingehender Untersuchung stellte FUHLROTT fest, dass nicht die Überreste eines Höhlenbären, sondern Teile eines menschlichen Skeletts vor ihm lagen. Darüber hinaus erkannte er vor allem am länglichen, recht niedrigen und mit kräftigen Überaugenwülsten versehenen Schädeldach, dass es sich nicht um einen heutigen Menschen, sondern um einen seiner ausgestorbenen Vorfahren handeln musste.
FUHLROTT stellte drei Jahre später seine Entdeckung in einem Aufsatz als Beitrag zur Beantwortung der Frage nach der Existenz fossiler Menschen vor. Der Aufsatz löste einen heftigen Streit zwischen verschiedenen Wissenschaftlern aus, behandelte er doch den bis zu diesem Zeitpunkt ersten durch die Wissenschaft richtig erkannten Fund eines Urmenschen.
Der Aufsatz stieß in der Wissenschaft einerseits auf starke Ablehnung. So widersprach beispielsweise der berühmte Anatom der Berliner Charité, RUDOLF VIRCHOW, der Deutung der Knochenfunde. Er wandte u. a. ein, es handele sich viel wahrscheinlicher um die „Reste eines in der Jugend viel auf den Kopf geschlagenen ... Mannes“.
Die Erkenntnisse FUHLROTTs erfuhren aber auch Zuspruch. Ein bekannter Anatom aus England ordnete den Neandertaler als Homo sapiens neandertalensis in die menschliche Entwicklungsgeschichte ein. Das geschah auch unter dem Einfluss der aufkommenden Evolutionstheorie von DARWIN, der in dieser Zeit sein bahnbrechendes Werk über die Entstehung der Arten gerade abschloss.
Das und weitere Altmenschenfunde in Deutschland und Belgien führten schließlich am Ausgang des 19. Jh. zur endgültigen wissenschaftlichen Anerkennung der Funde im Neandertal.
FUHLROTT, der 1877 starb, erlebte allerdings seine wissenschaftliche Rechtfertigung nicht mehr.
Die Neandertaler lebten, als das eiszeitliche Europa von einer Kaltzeit beherrscht wurde.
Die meisten der Fossilien von Neandertalern stammen deshalb aus Höhlen, deren Eingangsbereiche sie vermutlich als schützende Behausungen nutzten. In den Höhlen weisen Feuerstellen darauf hin, dass die Neandertaler bereits Feuer erzeugen und nutzen konnten. Darüber hinaus befinden sich in den Höhlen häufig auch die Knochen von großen eiszeitlichen Tieren, wie Wildrind, Wildpferd, Mammut und Rentier, die von den Neandertalern erfolgreich gejagt wurden.
Die Altmenschen waren gut dem eiszeitlichen Klima angepasst. Sie besaßen einen bulligen, gedrungenen Körper mit schweren Muskeln und einem großen Brustkasten.
Das Volumen des Gehirns, das der Hirnschädel mit seinen starken Überaugenwülsten vor der fliehenden Stirn und den großen Augenhöhlen einschloss, entsprach in etwa dem des heutigen Menschen.
Als charakteristische Werkzeuge verwandten die Neandertaler steinerne Faustkeile. Aber auch Bohrer, Schaber und Messer aus Stein und Lanzen aus Holz wurden gefunden.
Die Neandertaler lebten in Horden. Die Lebensgemeinschaften der Horden waren relativ fest gefügt und durch die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern sozial geprägt.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit wurden von den Neandertalern ihre Toten beerdigt. Es gibt aber bislang keine Hinweise auf einen Totenkult.
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