- Lexikon
- Chemie Abitur
- 10 Anwendungen der Chemie
- 10.1 Werkstoffe
- 10.1.1 Aufbau und Bildung synthetischer organischer Polymere
- Kunststoffe in Kraftfahrzeugen
Sicher, umweltschonend, insbesondere sparsam im Verbrauch, gleichzeitig komfortabel, langlebig und dann auch noch preiswert, so soll ein Auto heute sein. Wie wäre das zu realisieren, wenn es keine Kunststoffe gäbe: die Lampenabdeckungen fehlten oder wären aus herkömmlichem Glas, das Armaturenbrett vielleicht aus Holz, die Sitzpolster aus Leder, die Räder aus Naturkautschuk, Bodenbeläge, Himmel, Lenksäulenverkleidung, usw. fehlten vielleicht ganz. Der Kühlwasserbehälter wäre aus Metall, ebenso der Tank. Die Liste ließe sich beliebig erweitern, die eingangs genannten Anforderungskriterien wären unerfüllbar.
Bis zu einem Viertel der Masse eines modernen Mittelklassewagens, die ca. 1 100 Kilogramm beträgt, besteht heute aus polymeren Werkstoffen:
So bestehen inzwischen rund 25 % der über 7 000 Bauteile eines modernen Pkws aus Kunststoffen - Tendenz steigend. Sie sorgen für
Die modernen makromolekularen Werkstoffe werden ständig weiterentwickelt und ermöglichen immer umfangreichere Anwendungen.
Fast 8 % aller in Deutschland produzierten Kunststoffe finden ihren Weg in den Fahrzeugbau, wobei hauptsächlich sechs Kunststoffarten eingesetzt werden.
Insgesamt werden bis zu 150 verschiedene Kunststoffe im Autobau verwendet, die jedoch alle auf den im folgenden aufgeführten 11 wichtigsten Werkstofftypen basieren. Je nach Synthesesteuerung, Zugabe von Additiven oder Verstärkungsmitteln (z. B. Glasfasern) können die Eigenschaften eines einzelnen Kunststoffs variiert werden und so den gestellten Anforderungsprofilen in den verschiedenen Anwendungsbereichen genügen.
Kunststoff | Kurzbe-zeichnung | Anwendungsbereich |
Polypropylen | PP | Stoßfänger, Luftfiltergehäuse, Führungskanäle, Seitenblenden |
Polyurethan | PU | Sitzpolster, Armaturenpolsterung, Stoßfänger, Dachhimmel, Verkleidungen |
Polyethylen | PE | Kraftstofftank, Waschwasserbehälter |
Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymer | ABS | Innenverkleidungen, Radblenden, Kühlergrill |
Polyamid | PA | Motorabdeckungen, Ansaugkrümmer, Radblenden, Stecker |
Polyvinylchlorid | PVC | Unterbodenschutz, Stoßleisten, Kabelisolierungen, Innenraumverkleidungen |
Polymethyl-methacrylat | PMMA | Streuscheiben von Heckleuchten |
Polycarbonat | PC | Scheinwerferabdeckungen, Stoßfängerverkleidungen, Karosserieaußenteile |
Polyethylen-terephthalat | PET | Textilien, Abdeckungen, Gurte, Airbag (Bild 3) |
Polybutylen-terephthalat | PBT | Elektronikgehäuse, Stoßfängerverkleidungen, Karosserieaußenteile, Stecker |
Polyoxy-methylen | POM | Clipse, Steckverbindungen, Lagerkomponenten |
Die Entwicklung geht weiter. Durch die moderne Hybridtechnik werden die Vorteile von Metallen und Kunststoffen kombiniert. Beide Werkstoffe werden in einem Spritzgießverfahren bombenfest miteinander vereint, wodurch enorm stabile Bauteile mit bis zu 40 % Gewichtseinsparung gegenüber reinen Metallkonstruktionen erzielt werden können. Ingenieure denken noch weiter voraus; so haben sie bereits eine Autokarosserie entwickelt, die zu 100 % aus Kunststoffen besteht, nur 95 kg wiegt und die sich in Crashtests als stabil erwiesen hat – das CCV-Automobil (Composite Concept Vehikel). Durch Verwendung elektrisch leitender Polymere könnten aufladbare Polymerbatterien die heutigen Bleiakkus ersetzen, Scheinwerfer könnten lernen, sich bei Bedarf zu verdunkeln, oder Rückleuchten in Heckscheiben aus Kunststoffen integriert werden und anderes mehr.
Nach 10 bis 15 Jahren sind unsere Autos schrottreif und stehen zur Wiederverwertung an. Heute geht es dabei noch vorwiegend um das Metallrecycling, da in den Autos der 80er-Jahre noch wesentlich geringere Kunststoffmengen eingebaut wurden. Auch widmete man damals bei der Konstruktion im Gegensatz zu heute dem Recycling noch weniger Aufmerksamkeit. Nach Entfernen aller Flüssigkeiten (Benzin, Öle, Brems- und Kühlflüssigkeiten), werden brauchbare Teile demontiert und danach das Fahrzeug geschreddert. Dabei werden die Metalle fast vollständig zurückgewonnen, der Rest gelangt in die sogenannte Schredder-Leichtfraktion (SLF), die neben Elastomeren aus Reifen und Klebern, Glas, Lackstaub, Rost, Textilien und Leder, Holzfasern und Pappe auch ca. 30 bis 35 % sonstige Kunststoffe enthält. Noch gelangen diese zum größten Teil auf Deponien oder in Verbrennungsanlagen, da sie nicht als sortenreines Material vorliegen. Allerdings wird sich dies in Zukunft ändern: Die Industrie hat sich gesetzlich dazu verpflichtet, den Anteil der zu deponierenden Abfälle von den heute durchschnittlichen 25 % zu reduzieren, und zwar auf 15 % im Jahre 2006 und ab 2015 auf 5 %. Zum einen geschieht dies, indem bei der Konstruktion darauf geachtet wird, dass die einzelnen Teile leicht recycelbar sind, zum anderen werden auch Maschinen zur Auftrennung der Kunststoffe, die in Autos verwendet werden und deren Trennung aufgrund der ähnlichen Dichten erschwert wird, entwickelt. Die zurück gewonnenen Kunststoffe können prinzipiell rohstofflich, werkstofflich oder energetisch verwertet werden, wobei die zur Zeit bekannten besten Verfahren zur rohstofflichen Verwertung und zur energetischen Nutzung aus ökologischer Sicht nahezu gleichwertig sind.
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