Genetisch bedingte Alkoholempfindlichkeit

Obwohl Alkohol in geringeren Mengen auch in vielen Nahrungsmitteln des Menschen wie beispielsweise Brot, Gebäck, Süßwaren, Kefir oder naturtrüben Fruchtsäften enthalten ist, erfolgt der größte Teil der Aufnahme durch alkoholhaltige Getränke. Alkoholische Getränke zählen zwar zu den legalen Drogen, vor allem übermäßiger Konsum und ihr Missbrauch führen jedoch zu schweren gesundheitlichen Schäden. Durch Alkohol kann ebenfalls eine physische und psychische Abhängigkeit (Sucht) entstehen, die fatale Folgen für den Organismus nach sich zieht.

Chemisch gesehen sind Alkohole durch das Vorhandensein mindestens einer Hydroxyl-Gruppe im Molekül charakterisiert. Die Hydroxyl-Gruppe bewirkt aufgrund ihrer Polarität die Wasserlöslichkeit kurzkettiger Alkohole (Alkanole). Mit zunehmender Kettenlänge werden die Alkohole dickflüssige, ölige Stoffe. Bei zwölf und mehr Kohlenstoffatomen werden sie fest und paraffinähnlich. Alkohole werden bei der Benennung durch die Endung -ol gekennzeichnet. Der trinkbare Alkohol ist das Ethanol.
Methanol ist sehr giftig, sein Genuss führt zu Erblindung.

Der Abbau von Alkohol im menschlichen Organismus erfolgt in drei Phasen:

1. Resorptionsphase:
 Diese Phase der Aufnahme beginnt bereits in der Mundschleimhaut, wo ca. 2 % des konsumierten Alkohols aufgenommen werden. Eine weitere Menge wird über die Magenschleimhaut in das Blut überführt, der größte Teil geht im Dünndarm in den Kreislauf über. Der Übergang des Alkohols aus dem Verdauungstrakt in den Körper dauert ca. 2 Stunden.
2. Diffusionsphase:
 Da Alkohol wasser- aber nicht fettlöslich ist, verteilt er sich nach der Resorption über das Blut nur im wässrigen Körpergewebe (Da Frauen weniger „Körperwasser“ besitzen als Männer, resultiert daraus eine geringere Alkoholverträglichkeit bei Frauen gegenüber Männern.). Da unterschiedliche Gewebe einen unterschiedlichen Wassergehalt aufweisen, kommt es in den Geweben auch zu einer unterschiedlichen Alkoholanreicherung.
3. Eliminationsphase:
 Sobald der erste Alkohol über das Blut in die Leber gelangt, beginnt dort der eigentliche Abbau.

Zwei Enzyme spielen in diesem Alkoholstoffwechsel eine große Rolle – Alkoholdehydrogenase (ADH) und Aldehyddehydrogenase (ALDH). Ersteres katalysiert den Abbau von Ethanol (C 2 H 5 OH) zum Acetaldehyd (C 2 H 4 O) , letzteres die Umwandlung von Acetaldehyd zur Essigsäure (C 2 H 3 O 2 ) . Genetisch wird ADH an 5 verschiedenen Gen-Loci gebildet (als ADH1 bis ADH5 bezeichnet), wobei ADH2 3 Untergruppen und ADH3 2 Untergruppen bildet (Polymorphismus). Die einzelnen ADH-Enzyme unterscheiden sich in ihrer Aktivität bezüglich des Ethanolabbaus.
Beide Enzyme sichern, dass die zellzerstörende Wirkung des Alkohols verhindert wird. Die Leber hat jedoch nur eine begrenzte Möglichkeit diese Enzyme zu synthetisieren, d.h. es liegt nur eine bestimmte Menge dieser Enzyme in der Leber vor. Die Enzyme können ihre Tätigkeit auch bei hoher Alkoholkonzentration nicht mehr beschleunigen. Der Abbau von Alkohol erfolgt fast linear mit einer festen Rate zwischen 0,1 und 0,2 Promille pro Stunde.
Die Entgiftungskapazität der Leber liegt bei Frauen bei etwa 20 ml Alkohol und bei Männern bei ca. 60 ml Alkohol täglich.

Bei einigen Bevölkerungsgruppen wird durch genetisch bedingte Veränderung der ADH- und ALDH-Aktivität der Alkoholstoffwechsel und damit die Empfindlichkeit gegenüber Alkohol verändert.
Verändertes ADH mit etwa 5-fach höherer Enzymaktivität tritt bei 5 bis 15 % der europäischen und bei bis zu 90 % der ostasiatischen Bevölkerung auf. Durch diese erhöhte Enzymaktivität wird zwar im 1. Stoffwechselschritt der Alkohol schnell in Ethanal (Acetaldehyd) umgewandelt. Dieses noch stärkere Zellgift kann aber im 2. Stoffwechselschritt nicht schnell genug weiter in Acetat (Essigsäure) abgebaut werden.

ALDH-Defizienz kann sich durch Nichtbildung des Enzyms ALDH oder durch eine verlangsamte Tätigkeit dieses Katalysators äußern. Als Folge der genetischen Veränderung kann auch hier das sehr giftige Zwischenprodukt Acetaldehyd nicht mehr abgebaut werden und verbleibt im Organismus. Hohe Acetaldehydspiegel schädigen u.a. die Mitochondrien und vermindern die Effizienz des Citratzyklus.
Betroffene sind nach Alkoholkonsum an auffällig geröteter Gesichtshaut zu erkennen. Man spricht vom Flushing-Syndrom (englisch flush: erblühen, erröten). Die Rötung beruht auf einer Erweiterung der Blutgefäße, die durch die Anwesenheit des Zellgifts verursacht wird. Es kommt zu weiteren unangenehmen Erscheinungen wie Kopfschmerzen, Kältegefühl in den Extremitäten und Übelkeit, oft auch Herz-Kreislauf-Beschwerden (Acetaldehydsyndrom). Spätfolgen, wenn trotzdem Alkohol konsumiert wird, kann durchaus Debilität (leichter Schwachsinn) sein.

Dementsprechend tritt die gefährliche Krankheit des Alkoholismus unter diesen Bevölkerungsgruppen nur selten auf. Bei der asiatischen Bevölkerung haben zusätzlich Gesetze, Traditionen, ethische Grundsätze zur Meidung des Alkohols geführt. Einige Therapie-Medikamente für Alkoholiker arbeiten nach dem gleichen Prinzip wie der genetisch bedingte Defekt: Sie sorgen dafür, dass Acetaldehyd langsamer abgebaut wird. Die dadurch auftretenden Folgen sollen vom weiteren Verzehr abhalten.

ALDH-Defizienz kommt bei Europäern mit etwa 4–12 %, bei nordamerikanischen Indianern mit etwa 50 % und bei ostasiatischer Bevölkerung mit etwa 60–85 % vor. Jeder zweite Japaner besitzt, so wird berichtet, einen natürlichen Gendefekt, der den Abbau von Acetaldehyd zu Acetat (Essigsäure) unterbindet oder verlangsamt.

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