JULIUS SACHS gilt als Begründer der modernen Pflanzenphysiologie. Bereits vor ihm beschäftigten sich Wissenschaftler mit pflanzenphysiologischen Problemen. Dabei ging es vor allem um die Pflanzenernährung, das Pflanzenwachstum (eingeschlossen die Tropismen) und Sexualität der Pflanzen. Die Erkenntnisse, die bis dahin gesammelt wurden, entsprachen den verfügbaren methodisch-technischen Mitteln und physikalisch-chemischen Kenntnissen. Das waren z. B. die Entdeckung der Sexualität der Pflanzen durch CAMERARIUS (1665-1721), die Erkenntnis der Nahrungsproduktion in den grünen Blättern und des Stofftransports in andere Pflanzenteile durch MALPIGHI (1628-1694).
Da aber zu geringe Kenntnisse physikalischer und chemischer Prozesse und Gesetzmäßigkeiten vorlagen und nur leistungsschwache Mikroskope und ungenügende apparative Ausrüstung vorhanden waren, wurde die Durchsetzung des Experiments als Grundlage pflanzenphysiologischer Forschung stark behindert. Hinzu kamen noch alte Vorstellungen über die Pflanze (z. B. Verneinung der Sexualität bei Pflanzen).
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Physiologie auf eine streng experimentelle Grundlage gestellt und unter besseren physiko-chemischen wie instrumentalischen Bedingungen zu einer eigenständigen Disziplin. An den Universitäten entstanden Forschungs- und Lehrinstitute. Der Schwerpunkt der physiologischen Forschung lag allerdings mehr auf animalischen Dingen und auf dem Menschen.
SACHS' Verdienst ist es, die Pflanzenphysiologie als selbstständiges wissenschaftliches Arbeitsfeld begründet und es auf eine experimentelle Grundlage gestellt zu haben.
JULIUS SACHS wurde am 2. Oktober 1832 in Breslau geboren. Seine Kindheit und Jugendzeit wurde von Not überschattet. Sein Vater, der künstlerisch begabt war, arbeitete als Graveur in einer Fabrik. Das geringe Einkommen reichte gerade, um die Familie mehr schlecht als recht zu ernähren. In kurzer Zeit starben in der Familie SACHS fünf der acht Geschwister, sodass Trauer und Sorge immer anwesend waren. Trotzdem bemühten sich die Eltern, das Naturinteresse des Sohns zu fördern und auch seine zeichnerische Begabung.
JULIUS SACHS besuchte bis zum 12. Lebensjahr eine primitive Seminarschule. Seine Mutter erwirkte dann, dass er vom 13. Lebensjahr an das Elisabeth-Gymnasium im Ort besuchen konnte. Allerdings erreichte er als sehr guter Schüler nur die Obersekunda, da der frühe Tod seiner Eltern (Vater 1848, Mutter 1849) ihn zwang, die Schule zu verlassen. Eigentlich wollte er Seemann werden. Er hätte diese Idee vielleicht verwirklicht, wenn nicht Jan EvangeIista PURKINJE ihn zu seinem Privatassistenten ausersehen hätte. Die Familie PURKINJE wohnte in der Nähe der elterlichen Wohnung und mit den Kindern war Julius befreundet. J. E. PURKINJE war ein bekannter Breslauer Physiologe und Pathologe, der die Begabung von JULIUS SACHS erkannte und entsprechend förderte.
Für die Zukunft von JULIUS SACHS waren die Anregungen des Breslauer Physiologen und Pathologen PURKINJE aus-schlaggebend. Im Umgang mit der PURKINJE'schen Familie lernte Julius Pflanzen zu sammeln und ihre Namen zu bestimmen. Er bekam erste Eindrücke von experimenteller physiologischer Arbeit und sein für die Schönheiten der Natur empfängliches Gemüt wurde hier geschult. PURKINJE erfasste dabei seinerseits die hohe zeichnerische Begabung und das ausgeprägte Naturinteresse des Jugendlichen. Das war auch der Grund dafür, dass er Julius, nachdem seine Eltern verstorben waren, das Angebot unterbreitete zu ihm nach Prag zu kommen (die Familie war im Jahre 1850 nach Prag übergesiedelt). Julius sagte zu und wurde wissenschaftlicher Zeichner und Privatassistent bei PURKINJE.
SACHS lebte sechs Jahre im Haus der Familie PURKINJE. Er holte sein Gymnasiumsexamen nach, studierte drei Jahre an der Prager Universität und legte 1856 sein Promotion ab. Die gute Zusammenarbeit mit PURKINJE war wohl die Grundlage für seine spätere wissenschaftliche Tätigkeit.
Pflanzenphysiologie als eigenständiges Fach gab es zur damaligen Zeit noch nicht. SACHS setzte allerdings 1857 seine Habilitation auf diesem Gebiet durch und war dann später auch erster Dozent für dieses Fach. Seine Arbeiten beschäftigten sich vorwiegend mit ernährungs- und wachstumsphysiologischen Problemen.
SACHS' Verdienst bestand u. a. auch darin, dass er die von anderen Wissenschaftlern begründete Experimentalphysiologie (z. B. von HALES, KNIGHT, BONNET) neu belebte. Dadurch wurde dieser Zweig der Botanik populärer. SACHS ging es bei seinen Untersuchungen zunächst nicht um Einzelwissen, sondern er legte Wert auf die Erforschung allgemeiner Fragen. Als er von Prag wegging (er war 26 Jahre alt), hatte er bereits 16 Artikel zu verschiedenen morphologischen Themen verfasst und veröffentlicht, die Mikrochemie als Methode zum Studium des Stoffwechsels eingeführt und eine Methode zum Studium der Nährsalzaufnahme bei Pflanzen entwickelt. Damit gelang es ihm übrigens, die Auffassung von LIEBIG (1803-1873) bezüglich der Pflanzenernährung zu widerlegen.
SACHS arbeitete dann drei Jahre an der Forstakademie in Tharandt. Dort widmete er sich besonders dem Gebiet der Pflanzenernährungslehre und anderen Bereichen der Pflanzenphysiologie. Damit legte er den Grundstein für seine erste Lehrtätigkeit (mit 29 Jahren wurde er Professor der Botanik) an der landwirtschaftlichen Akademie in Poppelsdorf bei Bonn (1861-1865). In dieser Zeit stellte er das „Handbuch der Experimentalphysiologie“ fertig, das 1865 in Leipzig erschien und SACHS zu einem anerkannten Gelehrten machte. Er wurde zum Begründer der experimentellen Pflanzenphysiologie.
Eines seiner bekanntesten Experimente ist der Nachweis, dass die durch Kohlenstoffdioxidassimilation in den Chlorophyllkörnern sich bildende Stärke im Dunkeln verschwindet und im Licht von Neuem auftritt. Den Nachweis führte er mit der bekannten Iodprobe.
In seinem Werk „Vorlesungen über Pflanzenphysiologie“ (1887) beschreibt JULIUS SACHS sein Vorgehen beim Nachweis von Stärke in Laubblättern:
„ Um das Blatt legt man, bei Sonnenaufgang, an beliebiger Stelle... einen Streifen Stanniol, den man fest an die Blattfläche andrückt. Nach etwa 5-6 Stunden nimmt man den Stanniolstreifen ab; das Blatt selbst wirft man in eine Schale mit kochendem Wasser und etwa nach 5 Minuten aus dieser in ein Gefäß mit heißem Alkohol. Auf diese Weise werden die in Wasser und Alkohol löslichen Stoffe entfernt, und das Blatt erscheint völlig weiß oder gelblich. Legt man es nunmehr in eine Flasche mit schwach alkoholischer Jodlösung, worin es etwa eine Stunde liegen bleibt, und endlich auf einen mit klarem Wasser gefüllten weißen Teller, so erscheinen die vom Licht getroffenen Teile schwarzblau, die Stelle aber, die durch das Stanniolband verdunkelt war, bleibt weiß oder hellgelb.“
Seine Beobachtungen hat JULIUS SACHS in der folgenden Abbildung festgehalten:
1867 wurde SACHS als Nachfolger von DE BARY (1831-1888) an die Universität Freiburg berufen; schon im folgenden Jahr erhielt er die Professur an der Universität in Würzburg. Dort war er bis zu seinem Tode fast 30 Jahre lang tätig.
In Würzburg entfaltete SACHS seine Forschung auf pflanzenphysiologischem Gebiet in voller Breite. Er wollte keine Einzelprobleme lösen, sondern Orientierungen für die verschiedenen Bereiche der Pflanzenphysiologie geben, um daraus Forschungsschwerpunkte für die Zukunft abzuleiten. SACHS bearbeite während seiner Würzburger Zeit u. a. folgende Themen:
Wichtige Veröffentlichungen sind u. a. „Geschichte der Botanik vom 16. Jahrhundert bist 1860“ und „Lehrbuch der Botanik“. Die Abbildungen zum Lehrbuch der Botanik zeichnete SACHS fast alle selbst. Wegen ihrer Markantheit und Klarheit wurden sie vielfach in andere Kompendien übernommen.
SACHS hatte in Würzburg seinen beruflichen Höhepunkt erreicht. Mit wachsendem Ruhm hatte er sich aber auch zu einer selbstherrlichen Natur entwickelt. Er erkannte nur wenig an, was nicht aus seiner Schule hervorging und war kaum noch in der Lage, auch eigene Irrtümer zuzugeben. Die Folge war, dass er sich in den letzten Jahrzehnten seines Lebens mit einigen bedeutenden Fachkollegen wegen seiner Reizbarkeit verfeindet hatte.
Am 29. Mai 1897 starb JULIUIS SACHS in Würzburg. Die Botanik verlor mit ihm einen ihrer bedeutendsten Wissenschaftler.
Seine letzten Publikationen (1892-1896) betreffen Notizen aus dem Gesamtgebiet der Physiologie, Morphologie und Entwicklungsgeschichte.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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