- Lexikon
- Chemie
- 8 Stoffkreisläufe
- 8.4 Der Kreislauf des Stickstoffs
- 8.4.0 Der Kreislauf des Stickstoffs
- Stickstoffdüngemittel
In den Pflanzen werden durch Fotosynthese aus Kohlenstoffdioxid und Wasser organische Substanzen aufgebaut. Stickstoff wird für den Aufbau der pflanzlichen Eiweiße benötigt. Dazu müssen sie mit den Wurzeln aus dem Boden auch verschiedene anorganische Ionen aufnehmen. Der Chemiker JUSTUS VON LIEBIG erkannte im 19. Jahrhundert die Bedeutung einer ausreichenden Versorgung der Pflanzen mit gebundenem Kalium, Phosphor und Stickstoff (den sogenannten Makronährstoffen) für ihr Wachstum. Er war es auch, der das „Gesetz vom Minimum“ formulierte. Es sagt aus, dass alle Elemente in ausreichender Anzahl vorhanden sein müssen, um ein optimales Wachstum zu gewährleisten. Fehlt nur eines, kann es nicht durch eine größere Menge an anderen Stoffen ausgeglichen werden.
Die Nährstoffzufuhr erfolgte früher durch natürliche organische Dünger (Stallmist, Pflanzenabfälle). Die wachsende Nachfrage nach Nahrungsmitteln durch Zunahme der Weltbevölkerung konnte nur durch Steigerung der Ernteerträge gedeckt werden. Das machte aber eine zusätzliche Versorgung des Bodens mit mineralischen Düngern erforderlich.
Seit etwa 1830 wurde Nitratstickstoff aus den natürlichen Lagerstätten in Chile (Chilesalpeter, enthält ca. 98% ) als Dünger verwendet. Diese Lagerstätten haben aber begrenzte Vorräte, zudem ergeben sich nach Europa lange Transportwege. Andere natürliche Lagerstätten von Stickstoffverbindungen gibt es nicht. Erst die Entweicklung der technischen Ammoniaksynthese die Möglichkeit, Stickstoffdüngemittel in großen Mengen technisch herzustellen.
Der Weltverbrauch an Stickstoffdünger betrug im Jahr 2007 etwa 105 Millionen Tonnen (bezogen auf den Stickstoffgehalt), in Deutschland etwa 1,7 Millionen Tonnen (bezogen auf den Stickstoffgehalt).
Den Stickstoff der Luft können Pflanzen nicht direkt verwerten. Nur einige Pflanzenarten bilden Symbiosen mit Knöllchenbakterien, die den Luftstickstoff aufbereiten und ihn so auch den Pflanzen zugänglich machen.
Industriell hergestellte Stickstoffdünger können Stickstoff in ammoniakalischer Form (Ammoniak, Ammoniumsalze), in Nitratform oder in Amidform (Harnstoff, Kalkstickstoff) enthalten. Die Pflanzen können den Stickstoff sowohl in Form von Nitrat-Ionen als auch von Ammonium-Ionen nutzen.
Nitrat-Ionen können von den Pflanzen unmittelbar aufgenommen werden und beeinflussen daher die Stickstoffbilanz für die Pflanzen sehr schnell. Sie werden hingegen als Anionen nicht im Boden gebunden und können leicht ausgewaschen werden, wodurch bei Überdüngung das Grundwasser sehr stark mit gesundheitsschädlichem Nitrat belastet werden kann.
Ammonium-Ionen werden von Bodenbestandteilen (Huminstoffen) gebunden und können daher nicht so leicht ausgewaschen werden. Damit sie von den Pflanzen aufgenommen werden, müssen sie allerdings erst durch Bodenbakterien zu Nitrat-Ionen oxidiert werden. Sie wirken deshalb langsamer und nachhaltiger.
Handelsname des Düngers |
enthaltenes stickstoffhalti- |
Formel |
schwefelsaures Ammonium | Ammoniumsulfat | |
Kalkammonsalpeter | Ammoniumnitrat, Calciumcarbonat | |
Kalisalpeter | Kaliumnitrat | |
Harnstoff | Harnstoff |
Ammoniumsulfat fällt bei zahlreichen Prozessen als Nebenprodukt an (z. B. in Kokereien und bei der Rauchgasentschwefelung). Da bei seiner Anwendung im Boden Schwefelsäure frei wird, was zur Versauerung des Bodens führen kann, wird dieser Dünger heute nicht mehr so oft verwendet (Anteil etwa 5%).
Ammoniumnitrat ist ein konzentrierter Stickstoffdünger. Es neigt aber zu Verklumpung und kann sich unter Explosion selbst zersetzen (es dient u. a. auch als Sprengstoff). In der BRD ist daher die Verwendung von reinem Ammoniumnitrat als Dünger verboten, in anderen Ländern ist es aber teilweise zugelassen.
Als Kalkammonsalpeter ist Ammoniumnitrat durch Beimischung von Kalk ungefährlich. Gleichzeitig neutralisiert der Kalk die im Boden frei werdende Säure. Daher wird in vielen Ländern Kalkammonsalpeter eingesetzt.
Harnstoff ist der wichtigste Stickstoffdünger (Anteil über 50%). Die technische Herstellung erfolgt aus Ammoniak und Kohlenstoffdioxid unter Druck.
Er weist einen hohen Stickstoffgehalt auf und kann im Boden als Langzeitdünger wirken. Da unter Einfluss des Enzyms Urease die Hydrolyse zu Ammoniak erfolgt, wird durch Zusätze die Abbaugeschwindigkeit des Harnstoffs vermindert, indem die Aktivität der Urease gebremst wird.
Neben Einzeldüngern, die nur einen Nährstoff enthalten, werden auch Mehrkomponentendünger (z. B. Ammoniumphosphat) verwendet.
Das Ausstreuen der stickstoffhaltigen Dünger muss aber wohldosiert während der Wachstumsperiode erfolgen, damit eine Überdüngung und Belastung des Grundwassers bzw. der Gewässer ausgeschlossen werden kann.
Auch wenn eine Stickstoffdüngung auf landwirtschaftlichen Flächen notwendig ist, hat eine Überdüngung unmittelbar nachteilige Folgen für den Menschen, der Lebensmittel mit einem zu hohen Nitratanteil zu sich nimmt. Außerdem werden überschüssige Nitrate durch den Regen in das Grundwasser gespült und gelangen in die Gewässer. In den Gewässern wird durch Nitrateintrag das Pflanzenwachstum übermäßig gefördert und dadurch schwere Umweltschäden verursacht.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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