JULIUS ROBERT MAYER wurde am 25. November 1814 als Sohn eines Apothekers in Heilbronn geboren. Schon während seiner Schulzeit wurde er durch seinen Vater mit physikalischen und chemischen Problemen vertraut gemacht. Von 1832 bis 1837 studierte er Medizin in Tübingen. Wegen der Teilnahme an Veranstaltungen der verbotenen bürgerlichen Studentenorganisation „Guestphalia“, die u. a. bürgerliche Freiheiten forderte, war er 1837 zeitweilig von der Universität verwiesen und studierte daher in München und Wien.
Nach Erwerb des Doktorgrads 1838 wollte er sich nicht sofort als Arzt niederlassen. Er nahm nach weiteren Studien in Paris 1840/41 als Schiffsarzt an einer Seereise eines holländischen Schiffs nach Indonesien teil. An Bord hatte er ein recht geruhsames, wenn auch nicht gerade komfortables Leben und beschäftigte sich in seiner Freizeit mit medizinischen und anderen naturwissenschaftlichen Problemen.
Auf dieser Schiffsreise erhielt MAYER entscheidende Anregungen, die schließlich im Weiteren bis zur Formulierung des allgemeinen Energieerhaltungssatzes führten.
Die eine Anregung war die Bemerkung eines Seemanns, dass sich Meerwasser bei Stürmen erwärmt.
Die andere Anregung war seine eigene Beobachtung bei Untersuchungen, dass das Venenblut in den Tropen heller ist als in Europa. MAYER vermutete Zusammenhänge zwischen dem Wärmebedarf und der Oxidation der Nahrung.
Nach seiner Rückkehr eröffnete MAYER eine gut gehende Praxis in seiner Heimatstadt Heilbronn. Er wurde Oberamtswundarzt für den Bereich Heilbronn und 1847 Stadtarzt von Heilbronn. Daneben bewirtschaftete er einen Weinberg. Das Problem der Energieumwandlung ließ ihn aber nicht wieder los. Seit 1841 beschäftigte er sich ständig damit.
Nachdem seine erste, 1841 an die Zeitschrift „Annalen der Physik und Chemie“ eingereichte Arbeit mit dem Titel „Über die quantitative und qualitative Bestimmung der Kräfte“ weder veröffentlicht noch zurückgeschickt wurde, erschien 1842 die erste Mitteilung MAYERs „Bemerkungen über die Kräfte der unbelebten Natur“ in den von JUSTUS VON LIEBIG (1803-1873) herausgegebenen Annalen der Chemie und Pharmazie. In dieser Arbeit nahm MAYER eine erste Abschätzung des mechanischen Wärmeäquivalents vor.
1845 folgte eine ausführliche Darstellung unter dem Titel „Die organische Bewegung in ihrem Zusammenhange mit dem Stoffwechsel“. In dieser Schrift formulierte MAYER als Erster den allgemeinen Energieerhaltungssatz. Er übertrug dieses Prinzip auch auf Lebewesen und formulierte, dass die „einzige Ursache der tierischen Wärme ein chemischer Prozess“ sei.
Bereits mit der ersten Veröffentlichung des Nichtphysikers MAYER begannen die Streitigkeiten um seine wissenschaftliche Anerkennung und darum, wer als Erster den Energieerhaltungssatz formuliert habe. Eine der Ursachen dafür war auch, dass MAYER seine Erkenntnisse in einer Sprache und mit einer Terminologie formulierte, die für Physiker schwer verständlich war. Sein Hauptkonkurrent in dieser Frage war JAMES PRESCOTT JOULE (1818-1889), der als Physiker wichtige Beiträge zum Problem der Energieerhaltung und -umwandlung geleistet hat.
Wie notwendig ein Eintreten für MAYER war, ist daraus ersichtlich, dass HERMANN VON HELMHOLTZ (1821-1894) bei seinen ersten wichtigen Arbeiten zum Energieerhaltungssatz den Namen MAYER überhaupt nicht erwähnte, später allerdings entscheidend mit dafür gesorgt hat, dass die Leistungen von MAYER anerkannt wurden. Einen großen Anteil daran hatte auch der irische Physiker JOHN TYNDALL (1820-1893), der die Priorität von MAYER bei der Formulierung des Energieerhaltungssatzes mehrfach hervorhob.
Trotz vieler Schwierigkeiten und persönlicher Anfeindungen im Hinblick auf Anerkennung und Priorität seiner wissenschaftlichen Leistungen – 1852/53 weilte MAYER sogar längere Zeit in einer Nervenheilanstalt – wurden sie nach 1865 allgemein anerkannt. MAYER erhielt mehrere Auszeichnungen und war Mitglied wissenschaftlicher Gesellschaften in verschiedenen Ländern. Hochgeehrt starb JULIUS ROBERT MAYER am 20. März 1878 in Heilbronn.
MAYER im Original
In seinen gesammelten Werken, die 1867 in Stuttgart herausgegeben wurden, ist ein Beitrag unter dem Titel „Die Mechanik der Wärme“ enthalten. Aus diesem Beitrag ist nachfolgend zitiert.
Beachte: Es wird eine Terminologie verwendet, die sich von der heutigen deutlich unterscheidet. Unter anderem wird der Begriff „Kraft“ im Sinne von Energie verwendet.
Jahrtausende lang war das Menschengeschlecht zur Lösung einer immer wiederkehrenden Aufgabe, nämlich ruhende Massen mit den Hilfsmitteln der anorganischen Natur in Bewegung zu setzen, fast ausschließlich auf die Verwendung gegebener mechanischer Kräfte beschränkt. Der neueren Zeit blieb es vorbehalten, den Kräften der alten Welt, der strömenden Luft und dem fallenden Wasser, noch eine andere Kraft hinzuzufügen. Diese dritte Kraft, deren Wirkungen unser Jahrhundert mit Bewunderung erblickt, ist die Wärme.
Die Wärme ist eine Kraft; sie läßt sich in mechanische Leistung verwandeln.
Einer Masse von 50 000 kg, einem Eisenbahnzug z. B., soll die Geschwindigkeit von 18 Metern in der Sekunde erteilt werden. Durch den Aufwand der erforderlichen Menge Fallkraft läßt sich diesem Verlangen entsprechen, und es werden die Wagen z. B. durch Herabrollen über eine geneigte Ebene die gewünschte Bewegung erhalten. Der Zug wird aber in der Regel ohne Aufwand von Fallkraft in Bewegung gesetzt und trotz Reibung usw. darin erhalten. Wenn man als Äquivalent der Reibung eine Steigung der Bahn von 1/150 annimmt, so würde bei einer Geschwindigkeit von 10 Metern die Last in einer Stunde 240 Meter hoch gehoben, was der einstündigen Arbeit von etwa 45 Pferden entspricht. Diese gewaltige Menge erzeugter Bewegung setzt eine gleich große Menge einer aufgewendeten Kraft voraus. Die in den Lokomotiven wirksame Kraft ist aber die Wärme.
Der Aufwand von Wärme oder die Verwandlung der Wärme in Bewegung beruht nun darauf, daß die Wärmemenge, welche der Dampf annimmt, größer ist als diejenige, welche er bei seiner Verdichtung wieder an die Umgebung abgibt. Der Unterschied ergibt die nutzbar gemachte oder die in mechanische Kraft verwandelte Wärme.
Ein Teil der Wärme, welche durch die Verbrennung der Kohle gewonnen wird, teilt sich der Umgebung mit und geht so für mechanische Zwecke verloren. Je vollkommener nun der Apparat ist, um so weniger wird verhältnismäßig Wärme an die Umgebung abgesetzt. Die besten Maschinen geben nahezu 5 Prozent Unterschied; 100 Pfund Steinkohlen liefern in einer solchen Maschine keine größere Menge von freier Wärme, als 95 Pfund Steinkohlen abgeben, welche ohne Arbeit verbrennen.
Daß Verwandlung von mechanischer Kraft in Wärme stattfindet, lehrt uns allenthalben die Erfahrung. Die hierher einschlagenden Tatsachen, die Wärmeentwicklung bei Stoß und Reibung nämlich, sind längst bekannt. Man beobachte die Erwärmung der großen Mühlsteine, der Achse aller beweglichen Räder; man erinnere sich der Rumford'schen Versuche. Überall die gleiche Erscheinung: endlose Wärmeentwicklung unter Aufwand von mechanischer Arbeit. Die Erzeugung der Reibungs-Elektrizität erfolgt ebenfalls unter dem Aufwande von mechanischer Arbeit.
Den räumlichen Abstand der Massen, z. B. der Erde und eines Gewichtes, haben wir oben als eine Kraft kennengelernt. Ein Kilogrammgewicht in unendlicher Entfernung – oder wie wir sagen wollen, in mechanischer Trennung – von der Erde stellt eine Kraft dar; durch den Aufwand dieser Kraft, d. h. durch die mechanische Verbindung beider Massen, wird eine andere Kraft erzeugt, nämlich die Bewegung eines Kilogramms mit der Geschwindigkeit von 10 000 Metern. Durch den Aufwand dieser Bewegung lassen sich 17 356 Kilogramm Wasser um 1 °C erwärmen. Die Erfahrung lehrt nun, daß dieselbe Wirkung wie bei der mechanischen Verbindung, eine Wärmeentwicklung nämlich, durch die chemische Verbindung gewisser Stoffe erzielt wird. Das Chemisch-getrennt-sein oder kürzer die Affinität der Stoffe ist eine Kraft.
Die chemische Verbindung von 1 kg Kohlenstoff mit 2,6 kg Sauerstoff ist gleichwertig der mechanischen Verbindung von 1/2 kg mit der Erde; durch beide werden 8 500 Wärmeeinheiten erhalten.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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