- Lexikon
- Geografie
- 3 Naturgeografische Grundlagen
- 3.2 (21599)
- 3.2.1 Die Atmosphäre und ihre Eigenschaften
- Anwendung von Satellitendaten für die Wettervorhersage
Ein Satellit ist ein natürlicher oder künstlicher Himmelskörper, der sich um die Erde oder einen anderen Zentralkörper bewegt. Im engeren Sinne versteht man unter Satelliten künstliche Himmelskörper, die die Erde umrunden. Um die Erde bewegen sich inzwischen auf kreisförmigen bzw. elliptischen Bahnen eine große Anzahl von Satelliten mit den verschiedensten Aufgaben. Neben Forschungssatelliten gibt es z. B. Nachrichtensatelliten, Spionagesatelliten oder Wettersatelliten.
Auf die Daten dieser Wettersatelliten stützen sich heute in starkem Maße die Wettervorhersagen. Die Beobachtung der Erdatmosphäre und der Erdoberfläche vom Weltraum aus bietet die Möglichkeit, in globalem Umfang Informationen in hoher zeitlicher, räumlicher und spektraler Auflösung zu gewinnen. Die herkömmlichen Wetter-und Klimabeobachtungen vom Boden aus weisen dagegen große räumliche Lücken über den Ozeanen und unbewohnten Gebieten auf.
Nach ihrer Erdumlaufbahn unterscheidet man bei Wettersatelliten polarumlaufende und geostationäre Satelliten.
Polarumlaufende Satelliten kreisen auf Bahnen, die in der Nähe beider Pole der Erde verlaufen (Bild 2). Durch eine leichte Neigung der Bahn gegen die Äquatorebene wird erreicht, dass sie die jährliche Wanderung der Erde um die Sonne mit vollführen. Diese Bahn wird als sonnensynchrone Bahn bezeichnet. Da die Erde sich andererseits um ihre eigene Achse dreht, wird täglich die globale Beobachtung des Wetters möglich. Satellitendaten ermöglichen im Gegensatz zu den Beobachtungen auf der Erde oder mit Flugzeugen und Ballonen eine lückenlose Überdeckung.
Die Flughöhe der Satelliten auf diesen Bahnen beträgt 800 bis 1 500 km. Für die routinemäßige Wetterbeobachtung haben die USA die Satelliten der NOAA-Serie (National Oceanic and Atmospheric Administration), Russland die Satelliten der Meteor-Serie im Einsatz. Weltweit spielen die NOAA-Satelliten wegen ihrer Geräte-Kontinuität und Zuverlässigkeit die absolut wichtigste Rolle. Bei einer Flughöhe von 830 km und Umlaufzeit von 100 Minuten erreichen die gefunkten Daten gegenwärtig eine Auflösung von einem Quadratkilometer.
Bahnen polarumlaufender Satelliten
Geostationäre Satelliten bewegen sich in der Äquatorebene in ca. 36 000 km um die Erde (Bild 3). Ihre Umlaufzeit entspricht mit einem Tag genau einer Erddrehung, so dass diese Satelliten fest über einem Ort „stehen“. Die Bahn wird auch erdsynchrone Bahn genannt. Außer dem europäischen Satelliten Meteosat befinden sich noch zwei US-Satelliten (GEOS), ein japanischer Satellit (GMS), ein indischer Satellit (INSAT) und ein chinesischer Satellit (FY) für meteorologische Anwendung auf dieser Bahn. Sie erfassen jeweils in einem Breitenbereich zwischen 70º nördlicher und 70º südlicher Breite alle atmosphärischen Prozesse. Der Vorteil gegenüber den polarumlaufenden Satelliten ist die Möglichkeit, alle 30 Minuten – in Spezialfällen auch öfter – einen Datensatz zu gewinnen. Dafür ist die Auflösung meist wegen der großen Höhe noch geringer und die Polargebiete werden nicht erfasst. Die polarumlaufenden Satelliten hingegen ermöglichen genau das und meist auch in einer zeitlichen Auflösung von 2 Stunden.
Bahn geostationärer Satelliten
Polarumlaufende und geostationäre Wettersatelliten sind im Rahmen der Weltwetterwacht in einem globalen meteorologischen Beobachtungssystem verbunden. Zunächst konnten von den Satelliten nur Kamerabilder erzeugt werden, ihnen folgten aber schon bald Strahlungsmessgeräte (Radiometer und Spektrometer). Heute liefern Satelliten Daten der Erde und der Atmosphäre aus vielen verschiedenen Wellenlängenbereichen, vom sichtbaren Bereich über den Infrarotbereich bis hin zum Mikrowellenbereich. So kann die Reflexion und Wärmeausstrahlung von Wolken und Erdboden ebenso erfasst werden wie die Strahlungsabsorption durch Wasserdampf und andere Gase (Bild 5). Spezielle Empfangsanlagen dienen der analogen und digitalen Datenerfassung, Datenverarbeitung und Datenspeicherung.
Für die Wetterdiagnose und die Wettervorhersage sind durch Satellitenbeobachtungen Informationen über Wolken und Niederschläge, Temperaturen, Schnee- und Eisbedeckung in einer großen zeitlichen und räumlichen Auflösung verfügbar. Das Wettergeschehen wird durch eine große Menge unterschiedlicher Wolkenstrukturen sichtbar gemacht.
Satelliten liefern Daten der Erde und der Atmosphäre vom sichtbaren Bereich über den Infrarotbereich bis hin zum Mikrowellenbereich.
Die geostationären Satelliten können wegen ihrer großen Bahnhöhe erstens die Kugelform der Erde zeigen und andererseits die Merkmale der großräumigen atmosphärischen Zirkulation wiedergeben: in Äquatornähe das Band der Intertropischen Konvergenzzone, nördlich und südlich davon die wolkenarmen Gebiete der Subtropenhochs und schießlich die Hoch- und Tiefdruckgebiete der gemäßigten Breiten.
Große Wolkenwirbel sind typisch für Tiefdruckgebiete in den gemäßigten und polaren Breiten, ihre Ausdehnung und Form kennzeichnen das jeweilige Entwicklungsstadium.
Das Nebeneinander von Hochdruckgebieten und Tiefdruckgebieten ist in mittleren Breiten häufig anzutreffen, wobei die Intensität je nach Jahreszeit schwankt.
Die Grenzlinien zwischen warmen und kalten Luftmassen bezeichnet man als Fronten.
Besonders im Mittelwesten der USA können diese Erscheinungen in extremer Form auftreten.
In den tropischen Breiten sind tropische Wirbelstürme nicht selten. Von ihnen gehen die größten Gefahren aus. Je nach dem Ort ihres Auftretens werden sie auch Hurrikane (Atlantik, Amerika, Ostpazifik), Taifune (Westpazifik, Philippinen, Japan) genannt. Die Wirbelstürme werden nach ihrer Erscheinungsform im Satellitenbild klassifiziert, ihre Zugbahn kann genauestens verfolgt werden und Warnungen können rechtzeitig herausgegeben werden. Neben extrem starkem Wind verursachen sie besonders bei Übertreten aufs Land Starkregen mit Überschwemmungen oder Schlammlawinen.
In Satellitenbildern lassen sich auch viele kleinräumigere meteorologische Erscheinungen (Phänomene) erkennen, dazu gehören Wolkenstraßen, Konvektionszellen, Nebelfelder sowie Erscheinungen, die durch die Gestalt der Landoberfläche ausgelöst werden.
Leewellenwolken werden beim Überströmen von Gebirgen ausgelöst, es sind stehende Schwerewellen. In den Wellenbergen bilden sich Wolken und den mit Absinken verbundenen Wellentälern lösen sie sich auf. Die Wolkenbänder orientieren sich dabei senkrecht zur vorherrschenden Windrichtung.
Hinderniswirbel werden meist im Lee von einzelnen Bergen ausgelöst, dies bevorzugt an Vulkaninseln im Ozean. Es müssen eine Reihe von Bedingungen erfüllt sein, sodass umgekehrt aus der Existenz von Hinderniswirbeln auf bestimmte atmosphärische Bedingungen geschlossen werden kann.
Die heutigen NOAA-Satelliten liefern aber nicht nur Daten, die als Wolkenbilder sichtbar gemacht werden. Durch geeignete Kombination von Spektralkanälen wird der Vegetationsindex bestimmt und dargestellt. Der Entwicklungszustand der grünen Vegetation kann über das Jahr so leicht verfolgt werden. Es wird versucht, den Vegetationsindex mit der Biomasseproduktion und der Verdunstung in Zusammenhang zu bringen.
Instrumente zum Empfang von Mikrowellenstrahlung auf den operationellen NOAA-Satelliten wurden laufend verbessert und erlauben Meereiserkundungen durch die sonst störende Wolkendecke hindurch.
Das System Erde-Atmosphäre wird seit einigen Jahren mit vielerlei Zielen erforscht. Deshalb existiert neben den reinen Wettersatelliten heute bereits eine größere Zahl von Satelliten zur Erkundung dieses Systems. Die eingesetzten Instrumente haben hohe räumliche und/oder spektrale Auflösung und die damit verbundene hohe Datenflut wird nur noch an einigen Orten empfangen und verarbeitet. Die Daten stehen dann im Gegensatz zu den Wettersatelliten entweder nur gegen Bezahlung oder für Forschungsgruppen zur Verfügung. Für die Klimaforschung ergeben sich ganz neue Datensätze, wie zur Solarkonstante, zu Einstrahlung und Ausstrahlung am Boden und von Wolken, Gesamtstrahlungsbilanz, Spurengas-Konzentration, Vegetationsbedeckung, Oberflächentemperatur und Rauigkeit der Ozeane, Schnee- und Eisbedeckung, Gehalt an Staub- und Aschepartikeln sowie Umweltveränderungen in Form von Waldrodung, Desertifikation und Phytoplanktongehalt im Meer.
Glücklicherweise werden heute viele der aus diesen Satellitenmessungen gewonnenen Datensätze im Internet präsentiert. Beispiele dafür sind die Meeresoberflächentemperatur und die Ozonverteilung über der Antarktis. Die mit dem Begriff Ozonloch verbundene winterliche Ozonabnahme über den Polargebieten der Erde wurde erst durch Satellitenmessungen entdeckt, ebenso wie die seit dem Ende der 70er Jahre fortschreitende Verstärkung dieser Ozonabnahme. Das löste auch viele politische Aktivitäten zur Verringerung des Schadstoffeintrags in die Atmosphäre aus.
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