- Lexikon
- Geschichte
- 4 Antike
- 4.1 Griechenland
- 4.1.1 Die griechische Frühzeit
- Homer – Ilias und Odyssee
Der Zeitraum von der Besiedlung des alten Griechenlands mit Beginn des 2. Jahrtausends v. Chr. bis zur beginnenden Kolonisation ab etwa 800 v. Chr. wird als griechische Frühzeit bezeichnet.
Über diese Zeit und das Leben der frühen Griechen wissen Historiker bis zum heutigen Tag nur wenig zu berichten. Denn es gibt nur wenige Quellen, aus denen solches Wissen geschöpft werden kann.
Zu den Quellen aus der Frühzeit der Griechern gehören einmal die Funde bei Ausgrabungen, z. B. die Reste der Städte Troja und Mykene, die durch den deutschen Forscher HEINRICH SCHLIEMANN (1822–1890) in der zweiten Hälfte des 19. Jh. freigelegt wurden.
Neben den Ausgrabungen waren es noch zwei umfangreiche Gedichte bzw. Dichtungen, die Licht ins Dunkle zu bringen halfen. Es handelte sich dabei um die als Epen (Heldengedichte, die häufig Stoffe aus der Sage oder Geschichte behandeln) bezeichneten Dichtungen Ilias und Odyssee vom wahrscheinlich bedeutendsten griechischen Dichter des Altertums, HOMER.
Über HOMER ist nicht viel bekannt, außer dass er aus Kleinasien stammte und in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. lebte. Im Altertum stellte man sich ihn als blinden Greis vor, der als fahrender Dichter und Musikant bei den Zechgelagen des Adels Lieder vortrug.
Über sein Leben gibt es ansonsten keine gesicherten Angaben. Selbst sein Name ist nicht hinreichend belegt. Über seinen genauen Geburtsort mutmaßte man schon in der Antike: Der Vers eines antiken Gedichts zählt allein 7 Städte als Geburtsorte des Dichters auf, wobei Smyrna (das heutige Izmir an der türkischen Ägäisküste) oder die Insel Chios am wahrscheinlichsten sind.
Beide Dichtungen wurden erst nach der Wiederentdeckung der Schrift im 8. Jahrhundert v. Chr. niedergeschrieben.
Darüber hinaus ist die Frage, ob beide Epen wirklich allein von HOMER bzw. überhaupt in allen Teilen von ein und demselben Verfasser oder doch eher von zwei verschiedenen Verfassern stammen, bis heute nicht zweifelsfrei geklärt. Sie wird nach wie vor als sogenannte „homerische Frage“ diskutiert.
Die Ursprünge der Epen gehen weit zurück in Zeiten, in denen die Griechen noch nicht schreiben konnten. Sie dürften deshalb von Generation zu Generation mündlich von fahrenden Sängern weitergegeben worden sein, wobei jeder der Sänger den überkommenen Versen eigene Zeilen beigefügt haben mag.
Die Ilias ist dem Krieg der mykenischen Griechen gegen die von König PRIAMOS regierte Stadt Troja um 1200 v. Chr. (Trojanischer Krieg) gewidmet. In der Ilias wird berichtet:
Am Anfang des Krieges stand ein Streit der griechischen Götter. Alle Götter und Göttinnen außer der Streitgöttin waren zu einer Hochzeit geladen. Die Streitgöttin erscheint ungeladen und wirft einen Apfel in die festliche Runde, den die Schönste der anwesenden Göttinnen erhalten soll: Hera, die Gattin des Zeus, Athene, die Göttin der Weisheit, oder Aphrodite, die Liebesgöttin.
Erwartungsgemäß hebt ein heftiger Streit der Göttinnen an. Um diesen zu schlichten, bestimmt Göttervater Zeus, dass der trojanische Königssohn Paris über die Vergabe des Apfels entscheiden soll. Das „Urteil des Paris“ spricht Aphrodite den Apfel zu. Sie verspricht ihm dafür die schönste Frau der Welt zur Gattin.
Diese Schönste ist Helena, die mit Menelaos, dem König von Sparta, verheiratet ist. Paris verliebt sich dennoch in sie und entführt sie nach Troja. Daraufhin verlangen die Griechen die Herausgabe von Helena, die ihnen aber verweigert wird. Agamemnon, der Bruder des Menelaos und König von Mykene, versammelt deshalb ein griechisches Heer mit berühmten Helden, wie Achilles, Ajax, oder Odysseus, dem König von Ithaka, und zieht vor Troja.
Die Belagerung Trojas durch das griechische Heer dauert zehn Jahre. Im zehnten Jahr streiten Agamemnon und Achilles um eine Sklavin. Der unterlegene Achilles beteiligt sich danach nicht mehr am Kampf. Von hier an schildert dann die Ilias den Kampf bis zum Tod des trojanischen Prinzen Hektor.
Aus der Odyssee erfahren wir das Ende des Krieges: Auf Vorschlag des listenreichen Odysseus verbergen sich in einem hölzernen Pferd die gewaltigsten Krieger Griechenlands. Als die Trojaner das Trojanische Pferd hinter die Stadtmauer ziehen, ist der Krieg entschieden. Troja wird erobert und dem Erdboden gleichgemacht.
Die Odyssee beschreibt dann weiter die leidensvolle Heimfahrt des Odysseus nach dem siegreichen Krieg, die so lange wie der Krieg selbst dauerte:
Die Götter, die mit Troja sympathisiert hatten, leiten sein Schiff in die Irre und lassen ihn die gefährlichsten Abenteuer und Prüfungen, z. B. im Kampf mit einäugigen Riesen, den Zyklopen, bestehen, ehe er seine Heimat wieder sieht. Erst nach zehn langen Jahren enden die Irrfahrten des Odysseus.
Die Epen vom Trojanischen Krieg und der Heimfahrt des Odysseus galten lange Zeit gänzlich als märchenhafte Erfindungen von HOMER. Als jedoch Ausgrabungen deutscher und englischer Altertumsforscher, z. B. die erwähnten von Troja und Mykene, manche Verszeile HOMERS bestätigten, änderte sich das grundlegend. Im ausgehenden 19. Jh. gingen manche Archäologen sogar von der absoluten Richtigkeit und der historischen Verbürgtheit der Ilias und Odyssee aus. Sie trachteten folglich danach, mit neuen umfangreichen Grabungen die wahre „homerische Welt“ wiederzuentdecken. Dass das seinerzeit zu zahlreichen Missdeutungen und falschen Erklärungen führen musste, liegt auf der Hand.
Heute hat sich die realistischere Auffassung durchgesetzt, dass man, allerdings mit der gebotenen Vorsicht, aus den Epen unzweifelhaft viele Einsichten darüber gewinnen kann, wie die Griechen in der griechischen Frühzeit gelebt, gekämpft und wie sie sich vergnügt haben.
So erfahren wir beispielsweise aus den Epen, dass Brot und Fleisch gegessen, Käse hergestellt und mit Wasser vermischter Wein getrunken wurde. Und wir können auch erfahren, dass in Verbindung mit religiösen Praktiken bereits Drogen, denen magische Heilkräfte zugesprochen wurden, bekannt waren und angewendet wurden.
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