Harappa

Mohenjo-Daro war ein Teil der Harappa-Kultur.

Das Gebiet des Indus-Tales ist seit rund 500 000 Jahren besiedelt. Das lässt sich aufgrund der zahlreichen Funde sehr gut nachweisen: So entdeckte man in den Rohribergen, westlich Mohenjo-Daros paläolithische Flintwerkstätten. Als älteste nachweisbare Dorfsiedlung dieses Territoriums gilt Mehrgarh, das seit um 8000 v. Chr. von Menschen bewohnt war.

Nach dem heutigen Ort Harappa am Ravi (ein Nebenfluss des Indus im Pandschab, Pakistan) wird eine frühe Hochkultur benannt: die Harappa-Kultur. Sie war vor allem

  • im Industal,
  • in Sind,
  • im Pandschab und
  • in Gujarat,
  • auf der Halbinsel Kathiawar und
  • an der Küste Belutschistans
  • sowie in Afghanistan

verbreitet. Neben Harappa gibt es noch Ruinenstätten in

  • Mohenjo-Daro,
  • Chanhu-Daro,
  • Kot Diji,
  • Kalibangan,
  • Lothal,
  • außerhalb der Indusebene – Sutkagen Dor in Belutschistan u. a.

Die Fundstätte von Harappa ist seit 1857 bekannt, als britische Eisenbahnbauer Millionen von Ziegeln von hier hatten wegholen lassen, um die Eisenbahntrasse Lahore-Multan zu befestigen.

Der Archäologe Sir ALEXANDER CUNNINGHAM, der die ersten Ausgrabungen in Harappa leitete, schrieb 1875 im „Archaeological Survey of India Memoirs“:

„Ich führte verschiedene Grabungen in Harappa durch, aber die gesamte Oberfläche war so vollständig von den Eisenbahnbauern geplündert worden, dass ich wenig Erhaltenswertes vorfand. Meine Hauptentdeckung bestand aus einer Anzahl von Steinwerkzeugen zum Schaben von Holz und Leder ...“

Geografische Lage

Die geografische Lage von Harappas ist nordöstlich von Mohenjo-Daro. Bereits 3300 v. Chr. existierte an der Stelle des heutigen Harappa ein Dorf, das allmählich Stadtgröße erreichte. Harappa war, im Gegensatz zu den Tempelstädten in Ägypten und Mesopotamien, eine Wohn- und Arbeitsstadt. (Dieses Charakteristikum trifft auch für alle anderen Städte der Indus-Kultur zu.) Ihre Blütezeit lag zwischen 2600 und 1900 v. Chr. In dieser Zeit verwendeten die Einwohner der Stadt in großem Umfang bereits gebrannte Ziegel zum Bauen. (Zu jener Zeit baute man in Mesopotamien noch mit getrockneten Lehmziegeln.)
Die Stadt bestand aus einem westlichen, höheren Bereich (der sogenannten „Zitadelle“) und einem östlichen Wohnstadtbereich, der allerdings vom Zitadellenbereich getrennt war. Harappa besaß, im Gegensatz zur „Schwesterstadt“ Mohenjo-Daro Befestigungsmauern. Die Stadt war schachbrettartig angelegt mit Bädern, Kornspeichern, Abwasserkanälen und Wasserreservoirs.

Status von Harappa

Harappa wird häufig als eine der beiden Hauptstädte der Indus-Kultur bezeichnet. Das ist nicht korrekt. Eine Hauptstadt setzt zunächst ein Staatsgebilde voraus. Die Art und Weise der Verflechtungen der einzelnen Städte innerhalb der Indus-Kultur sind bis heute nicht geklärt. Man geht allerdings heute von einer kulturell, sozial und politisch eigenständigen Entwicklung der Harappa-Kultur im Vergleich zu anderen Hochkulturen aus.

Handel und Handwerk

Bedeutsam für die Entwicklung der Indus-Kultur war die Entwicklung der Töpferscheibe. Sie war mindestens 600 Jahre früher als in Mesopotamien und im Iran bekannt. Das lässt sich sehr gut aus den Funden nachweisen: In Mehrgarh ist der Übergang vom Nomadenleben zur vorkeramischen Ackerbaukultur und schließlich zur Keramik lückenlos nachweisbar. Die These des französischen Archäologen JEAN-FRANÇOIS JARRIGE konnte so bestätigt werden, wonach

„die Technik in dem früher zu datierenden Mehrgarh II entwickelt wurde und sich von dort ausbreitete“.

Bürger der Stadt waren Kaufleute und Handwerker: Denn die Stadt betrieb mit den in der Region produzierten Waren einen regen Handel bis nach Mesopotamien und Afrika. Kaufleute und Handwerker werden auch Angestellte gehabt haben. Während sich in Ägypten Arbeitersiedlungenn außerhalb der Stadt befinden, liegen die Wohnstätten der Beschäftigten in Harappa mitten in der Stadt: Das heißt, Arbeiter, Kaufleute, Handwerker lebten Tür an Tür. Die Standesunterschiede waren also nicht sehr gravierend. Deshalb kann man von einer ersten Bürgerstadt sprechen. Die Bürger werden ihr Leben im Wesentlichen auch selbst organisiert haben. Fast 2 000 Jahre vor den griechischen Stadtstaaten scheint sich im Industal eine von Bürgern geschaffene Demokratie entwickelt zu haben, die auf dem Gleichheitsprinzip beruhte.

Maß- und Gewichtssystem

Das einheitliche Maß- und Gewichtssystem lässt eine geordnete Verwaltungstätigkeit vermuten. Aufgrund der gleichmäßigen Proportionen darf man eine straffe Planungsphase der Straßenzüge und Zitadellenbezirke vermuten. Die Abmessungen der gebrannten Ziegel deuten darauf hin, dass es bereits ein einheitliches Längenmaß gab. Auch die Berechnung geometrischer Körper muss den Harappern bereits gelungen sein.

Religion

Das religiöse Zentrum der Stadt wird im Bereich der „Zitadelle“ gelegen haben. Auch wird dieser Bereich Wohnstätte der Priester gewesen sein. Es gibt in Harappa jedoch keine Prozessionsstraßen. Das allerdings ist im alten Babylon Kennzeichen für die Dominanz des Priester-Königs und seiner Gehilfen. Wenn man das Nichtvorhandensein solcher riesigen Alleen in Harappa großzügig interpretiert, wird die Religion eine den Menschen nicht beherrschende Rolle gespielt haben. Aufgrund der Funde war die im Hinduismus eine Rolle spielende Gottheit Shiva bereits als Gott der (Haus)tiere bekannt. Des Weiteren kannte man auch den Phallus-Kult und weibliche Gottheiten als Fruchtbarkeitskulte. Die Religion wird ein Bilderkult gewesen sein. Als die Arya 1000 v. Chr. das Indus-Tal eroberten, werden sie Teile der vorarischen Religion übernommen haben:

  • Shiva,
  • heilige Symbole, wie die Swastika,
  • die Verehrung von Tieren, wie dem Stier, dem Elefanten.

Inwieweit die vorarische Religion den Hinduismus beeinflusst hat, ist nicht geklärt. Das lässt sich vielleicht erst dann nachweisen, wenn die Bilderschrift der Indus-Kultur entschlüsselt ist. Gesichert ist lediglich, dass die arische Sprache, eine Frühform des Sanskrit, nicht in der Region des Indus-Tales ihren Ursprung hat.

Hieroglyphische Schrift

Eine Besonderheit stellt die mit etwa 400 Zeichen auf meist quadratischen Siegeln aus Speckstein überlieferte hieroglyphische Schrift dar.
Sir ALEXANDER CUNNINGHAM schrieb über deren Entdeckung 1875 im „Archaeological Survey of India Memoirs“:

„Das merkwürdigste Objekt, das in Harappa entdeckt wurde, ist ein Siegel ... Das Siegel ist aus glattem, schwarzem, unpoliertem Stein. Ein buckelloses Rind, das nach rechts schaut, mit zwei Sternen unter dem Nacken, ist tief eingraviert. Über dem Bullen befindet sich eine Inschrift mit sechs Zeichen, die mir völlig unbekannt sind. Es sind sicherlich keine indischen Schriftzeichen, und da der Bulle auf dem Siegel keinen Buckel aufweist, schließe ich daraus, dass das Siegel nicht aus Indien stammt.“

Forscher vermuten einen Zusammenhang zwischen der Symbolik der Harappa-Schrift und Frühformen der Drawidensprache. Dem amerikanischen Forscher WALTER A. FAIRSERVIS JR. soll es gelungen sein, etwa ein Viertel der bisher bekannten Schriftzeichen zu deuten. Auch KURT SCHILDMANN behauptet allerdings: „Die Indus-Schrift ist entziffert!“ Er will einen Zusammenhang zwischen Sanskrit und Indus-Schrift erkannt haben.

Das Ende von Harappa

Das Ende von Harappa: Wie sie entstand, so verschwand die Stadt auch: ohne Anzeichen größerer Schlachten oder sonstiger Katastrophen. Man darf vermuten, dass sich weite Gebiete des Indus-Tales durch Überbeanspruchung der Böden zum Anbau agrarischer Produkte nicht mehr eigneten und die Bevölkerung deshalb auf andere Regionen auswich. Auch Naturkatastrophen (Überschwemmung, Verlandung der Flüsse etc.) kommen als Ursache für die Entsiedelung des Gebietes infrage.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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