Ein Blutgerinnsel in einer Herzarterie mag nur 2 mm dick sein und nur Bruchteile eines Gramms wiegen und doch kann es in weniger als einer Stunde einen Menschen töten. Das Blutgerinnsel, welches in den Blutbahnen hängen bleibt und somit den Fluss des Blutes stark einschränkt (Thrombus), behindert die normale Versorgung der Herzmuskulatur mit Sauerstoff. Die Muskelzellen ersticken regelrecht und sterben ab. Das führt unweigerlich zum lebensbedrohlichen Herzstillstand.
Bei Blutern, das sind Menschen mit einer genetischen Erkrankung, welche die normale Blutgerinnung verhindert, löst eine kleine offene Wunde bereits Lebensgefahr aus. Wird die Wunde nicht sofort stark abgebunden und ärztliche Hilfe gesucht, fließt das Blut unaufhörlich aus dem Körper. Als Folge kann der Mensch verbluten. Zur teilweisen Hemmung der Blutgerinnung können Medikamente eingesetzt werden, z. B. Cumarine und Heparin (Antikoagulantien, Thrombocyten-Aggregations-Hemmer).
Die geschilderten Fälle von nicht stoppender Blutung und Bildung von Thrombosen sind Extremfälle eines Systems, das normalerweise mit unnachgiebiger Präzision funktioniert und eine wesentliche Voraussetzung für das Leben ist. Wenn der Gerinnungsvorgang Wunden nicht automatisch verschließen und den Heilungsvorgang einleiten würde, wäre das Leben unmöglich. Wenn das Gerinnungssystem nicht mit Sicherungen ausgestattet wäre, die verhindern, dass es zu Gerinnseln an der falschen Stelle kommt, könnten sich überall in der Blutbahn Thromben bilden.
Blutzellen
Die Fähigkeit der Blutgerinnung beruht auf einem fein abgestimmten Gleichgewicht von biochemischen Reaktionen der Blutverfestigung und Gerinnungsauflösung (Fibrinolyse). So erklärt sich, dass der Gerinnungsvorgang aus einer Kaskade von 15 Schritten besteht, an denen 30 Substanzen beteiligt sind. Viele davon sind Proteine oder Proteinenzyme; 12 von ihnen werden als Faktoren bezeichnet:
Faktor I Fibrinogen
Faktor II Prothrombin
Faktor III Gewebefaktor
Faktor IV Ca-Ionen
Faktor V Proaccelerin
Faktor VII Proconvertin
Faktor VIII; IX Antibluterfaktor
und die Faktoren X, XI, XII und XIII.
Über die 15 Schritte und Substanzen erfolgt eine präzise Abstimmung und Regelung.
Bei einer offenen Wunde werden auch Blutgefäße verletzt. Diese Verletzungen bewirken mechanische und biochemische Veränderungen an der verletzten Stelle.
In einer glatten unverletzten Blutbahn zirkulieren die Thrombozyten frei mit dem Blutstrom. Treffen sie auf verletztes Gewebe, bewirken frei werdende Substanzen dieses Gewebes, dass sich die Eigenschaften der vorbeikommenden Thrombozyten ändern. Sie werden klebrig und bleiben hängen. Schnell errichten sie einen vorläufigen Damm, der den Blutverlust stoppt. Gleichzeitig produzieren sie Substanzen, die die eigentliche Gerinnung in die Wege leiten. Über eine komplexe Reaktionskaskade wird schließlich das Enzym Thrombokinase freigesetzt. Dieses Enzym katalysiert durch Abspaltung von Oligopeptiden die Bildung von unlöslichem Fibrinpolymerisat aus löslichem Fibrinogen. Etwa 5 - 7 Minuten nach der Verletzung bewirkt es die Umwandlung von Prothrombin in Thrombin. Auch Thrombin wirkt als Enzym. Es regelt die Polymerisation von löslichem Fibrinogen in unlösliche Fibrinfäden. Fibrin liegt als Netz auf der Verletzungsstelle und bildet mit den Thrombozyten, Leukozyten und Erythrozyten einen stabilen Pfropf, der die Blutung zum Stillstand bringt.
Blutgerinnung beim Wundverschluß
Es gibt aber auch Substanzen, die der Gerinnung entgegen wirken und Fibrin wieder auflösen. Nach Heilung der Wunde muss auch der Thrombus verschwunden sein, da er sich sonst lösen und mit dem Blut weggeschwemmt werden könnte. Daran sind zwei Enzyme beteiligt. Das Plasmin bewirkt die Zersetzung von Fibrin in lösliche Bestandteile - die Fibrinopeptide. Das Enzym entsteht aus seiner Vorstufe, dem Plaminogen, einem Zymogen, das im Blutplasma vorliegt. Die Fibrinopeptide hemmen Thrombin und verhindern somit eine fortgesetzte Gerinnung. Im Blut herrscht ein Gleichgewicht zwischen Gerinnung und Auflösung von Gerinnseln (Fibrinolyse).
Eine echte Blutgerinnung findet man außer bei den Wirbeltieren auch noch bei Gliederfüßern, vor allem bei Zehnfußkrebsen (Decapoda), doch sind die Reaktionssequenzen relativ unbekannt. Einen Wundverschluss durch Pfropfen aus zusammengeballten, „agglutinierten“ Zellen bilden auch noch andere Tiere aus, z. B. Stachelhäuter und Weichtiere.
Vereinfachte Darstellung der Blutgerinnung
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