- Lexikon
- Politik/Wirtschaft
- 5 Internationale Politik und Friedenssicherung
- 5.3 Weltpolitische Konflikte und Friedenssicherung
- 5.3.1 Ursachen und Strukturen von Kriegen und Konflikten
- Ursachen und Erscheinungsformen von Kriegen
Staaten stellen Heere und Kriegsflotten auf mit Soldaten – früher auch mit Söldnern – unter dem Befehl von Anführern, Offizieren, Feldherren. Disziplin, Bewaffnung und das Vorhandensein von Taktik und Strategie gehören zum Kriegführen.
Je nach Rechtsstatus, sozialer Basis, auslösendem Konfliktgegenstand, Mitteln oder Ausmaß werden verschiedene Kriegstypen unterschieden:
nach dem Rechtsstatus der Kriegsparteien | zwischenstaatlicher, nationaler, antikolonialer, Befreiungs-, binnenstaatlicher, Antiregime-, Sezessionskrieg |
nach der vorherrschenden sozialen Basis | antagonistischer Krieg, Bürgerkrieg, Volkskrieg |
nach dem kriegsauslösenden Konfliktgegenstand | Herrschafts-, Ressourcen-, Gesinnungskrieg |
nach dem Kriegsausmaß | totaler Krieg, begrenzter Krieg (begrenzt nach Region, Mittel, Ziel, Betroffenheit der Bevölkerung) |
nach den Mitteln | psychologischer bzw. Kalter Krieg, konventioneller Krieg, nuklear-taktischer Krieg, nuklear-strategischer Krieg |
Krieg als gesellschaftliche Erscheinung wird unter verschiedenen Gesichtpunkten – qualitativen und quantitativen – bestimmt.
Qualitative Definition: Krieg ist ein organisierter, mit Waffengewalt ausgetragener Machtkonflikt zwischen Völkerrechtsubjekten (Staaten, Bündnissen) oder zwischen Bevölkerungsgruppen innerhalb eines Staates zur gewaltsamen Durchsetzung
Interessen.
Quantitative Definition: Unter quantitativer Sicht ist Krieg ein gewaltsamer Massenkonflikt mit den Merkmalen:
Die quantitative Definition des Krieges geht auf die Hamburger Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) zurück.
Ein bewaffneter Konflikt unterscheidet sich von einem Krieg dadurch, dass er diese Kriterien nicht in vollem Umfang erfüllt.
Die klassische politische Kriegsdefinition, die zumeist herangezogen wird, stammt von CARL VON CLAUSEWITZ:
„Der Krieg ist … ein Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen … Der Krieg geht immer von einem politischem Zustande aus und wird nur durch ein politisches Motiv hervorgerufen. Er ist also ein politischer Akt …
Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.“
CARL VON CLAUSEWITZ (1780–1831) war preußischer General, Militärreformer und Begründer der modernen Kriegstheorie; in seinem Hauptwerk „Vom Kriege“ entwickelte er die Definition des Krieges.
In der Gegenwart wird vielfach die Ansicht vertreten, dass Krieg nicht mehr die Fortsetzung, sondern das Ende der Politik ist.
Auf CLAUSEWITZ haben sich die Theoretiker des revolutionären Krieges berufen:
aber auch Heerführer des preußisch-deutschen Militarismus wie
Der bedeutendste Fortsetzer der klassischen Kriegstheorie im 20. Jh. ist der französische Soziologe RAYMOND ARON (1905–1983) mit seiner Schrift „Den Krieg denken“.
Allgemeine Kriegsursachen sind:
zwischen Staaten oder gesellschaftlichen Gruppen.
Dabei geht es um Machtvergrößerung durch:
Auch die Ablenkung von inneren Spannungen durch außenpolitische Abenteuer kann eine Kriegsursache sein.
Spezifische Kriegsursache ist die politische Entscheidung, solche Konflikte nicht friedlich zu lösen, sondern durch bewaffnete Gewalt zu entscheiden. Die eigenen Machtansprüche sollen so auf Kosten anderer Staaten oder Gruppen durchgesetzt werden.
Die Voraussetzungen für die Kriegführung im Sinne der Kriegsvorbereitungen werden durch materielle, soziale und geistige Aufrüstung geschaffen.
materielle Aufrüstung | quantitativ: Erhöhung der Truppenstärke, qualitativ:
|
soziale Aufrüstung |
|
geistige Aufrüstung | Erzeugen von Feindbildern |
Die Kriegsursachenforschung stellt Faktoren der Kriegsentstehung (Rüstungswettläufe, unvereinbare Ziele von Staaten, psychologische und ideologische Massenmobilisierung) und ihre Verflechtungen fest und misst anhand möglichst vieler Kriege deren Dauer, die Art und Zahl der Beteiligten, die Höhe der militärischen und zivilen Opfer, die Kriegskosten sowie den Umfang der Zerstörungen. Auf dieser Basis sind Kriegsstatistiken und auch Kriegswarnungen möglich. Doch sie ersetzen nicht qualitative politische und historische Einzelanalysen von Kriegen.
Die Art, wie die Menschen Krieg führen, entwickelte sich historisch und lässt sich bestimmten Epochen und Kulturen zuordnen. Heeresorganisation, Waffentechnik, Strategie und Kriegsziele z. B. der griechischen Stadtstaaten (Poleis), des Römischen Imperiums, der Germanen in der Völkerwanderung und der mittelalterlichen Feudalmächte waren durchaus verschieden, aber immer wurde Mann gegen Mann gekämpft.
Etwa im 17. Jh. begann mit der Einführung der Feuerwaffen (Muskete, Artillerie, Sprengmittel), der Aufstellung stehender Heere und der Kriegsflotten der europäischen Nationen die Entwicklung der modernen Kriegsweise.
Kennzeichen des modernen Krieges sind Verstaatlichung, Massenhaftigkeit, Technisierung, Entgrenzung.
Verstaat- lichung | Massen- haftigkeit | Techni- sierung | Entgren- zung |
Staat als Kriegsherr und als Kriegs- Waffen sind Staatseigentum politische Kriegsbegrün- | allge- ökono-mische und ideolo- | Kampf- Schnel- | Krieg zu Lande, zu Wasser, unter Wasser, in der Luft und mittels Satelliten/ Raketen im erdnahen Kosmos Vernich- höhere zivile als militäri- |
An den beiden Weltkriegen, die um die Hegemonie im internationalen System geführt wurden, nahmen immer mehr Staaten teil; die Zahl der Opfer – vor allem Zivilisten – wuchs um ein Vielfaches und die Zerstörungen waren langfristig. Der Gegner sollte vernichtet, nicht nur geschlagen werden. Die Kriegführung wurde industrialisiert. Luftkrieg und Masseneinsatz von Maschinengewehren und schwerer Artillerie prägten den Ersten Weltkrieg, fortschreitende Entgrenzung den Zweiten Weltkrieg: Flächenbombardements, Massenerschießungen, Vertreibungen, Taktik der „verbrannten Erde“ waren Kennzeichen.
Das atomwaffengestützte Abschreckungssystem zwischen den beiden Militärblöcken NATO und Warschauer Pakt unter der Führung der beiden Weltmächte USA und Sowjetunion beruhte auf dem „Gleichgewicht des Schreckens“. Das Risiko eines Krieges war wegen der „totalen Waffen“ (Atom- und Wasserstoffbomben, ballistische Raketen) und der gesicherten gegenseitigen Zerstörung unkalkulierbar geworden. Die Kriegführung verschob sich auf kostspielige und existenzbedrohende Rüstungswettläufe sowie strategisch fundierte Drohungen und Gegendrohungen.
Nach 1990 wurde eine Vielzahl „neuer“ Kriege gezählt, die regional entstanden und in denen es um ethnische und soziale Probleme bis hin zur Zerstörung von Staaten und Gesellschaften geht.
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