- Lexikon
- Politik/Wirtschaft
- 6 Globalisierung und Global Governance
- 6.1 Globalisierungsprozess und globale Probleme
- 6.1.5 Migration und Bevölkerungswachstum
- UNHCR und Genfer Flüchtlingskonvention
Der Sitz der Organisation befindet sich in Genf. Das Amt untersteht der Generalversammlung der Vereinten Nationen, die sein Mandat um jeweils fünf Jahre verlängert. Der UNHCR wird von einem Hochkommissar geleitet, der von der UN-Vollversammlung gewählt wird und dieser auch Bericht erstattet. Dabei wird er von einem Exekutivausschuss unterstützt, der sich aus Vertretern von 46 Staaten zusammensetzt. Der UNHCR unterhält Büros in etwa 120 Staaten der Erde.
Der UNHCR geht auf das 1921 vom Völkerbund geschaffene Amt eines Hohen Kommissars für Flüchtlinge, das von dem norwegischen Wissenschaftler und Entdecker FRIDTJOF NANSEN eingenommen wurde, zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging der UNHCR aus der Internationalen Flüchtlingsorganisation (1946–1951) hervor. Daneben existiert das 1949 gegründete spezielle Hilfswerk für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA).
Ursprünglich war das Mandat der UNHCR geografisch begrenzt und auf drei Jahre befristet, um die im Ergebnis des Zweiten Weltkrieges heimatlos gewordenen 1,2 Mio. europäischen Flüchtlinge neu anzusiedeln. Das Mandat wurde dann auf fünf Jahre ausgedehnt, als sich die Flüchtlingskrisen weltweit ausweiteten.
In über 50 Jahren hat die 0rganisation mehr als 50 Mio. Menschen geholfen. Heute gehört UNHCR mit 5 200 Mitarbeitern zu den wichtigsten humanitären Hilfsorganisationen der Welt, die etwa 20 Mio. Menschen in 114 Ländern unterstützen. 1954 und 1981 wurde der UNHCR für seine humanitäre Tätigkeit mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Grundlage der Arbeit des UNHCR bildet das Genfer Flüchtlingsabkommen vom 28.07.1951.
Die Genfer Flüchtlingskonvention, die inzwischen von 137 Staaten (Jahr 2000) unterzeichnet wurde, ist Grundlage des internationalen Flüchtlingsrechts. Es definiert den Begriff des politischen Flüchtlings und regelt dessen Status, der auf dem Recht des Aufenthaltslandes basiert.
Nach rechtlichen Kriterien sind politische Flüchtlinge Menschen, die außerhalb eines Landes leben, weil sie eine begründete Furcht vor Verfolgung auf Grund ihrer
aben und deshalb nicht in ihr Heimatland zurückkehren können oder wollen. |
Diese Definition bezieht sich auf internationale Flüchtlinge, die sich außerhalb ihres Heimatstaates befinden und in einem anderen Staat politisches Asyl suchen. Politische Flüchtlinge haben Anspruch auf einen Personalausweis oder einen Reisepass des Aufenthaltslandes. Sie dürfen nicht in ein Land, in dem ihr Leben oder ihre politischen Freiheitsrechte gefährdet sind, ausgewiesen werden.
Ein Flüchtling ist eine Person, die
„... aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will ... “ Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 („Genfer Flüchtlingskonvention“).
Der enge Flüchtlingsbegriff der Genfer Konvention klammert jedoch große Gruppen von Flüchtlingen aus. Das betrifft beispielsweise:
Grundlegendes Ziel der UNHCR ist, Flüchtlinge zu schützen und ihnen zu helfen, sich in einer normalen Umgebung ein neues Leben aufzubauen.
Die Hilfe des UNHCR kommt ganz unterschiedlichen Personengruppen zugute. Das betrifft in jüngster Zeit auch Hilfeleistungen für Binnenflüchtlinge, die nicht der Genfer Flüchtlingskonvention unterliegen. Der UNHCR unterstützt etwa 5,3 Mio. Binnenvertriebene, die ebenso wie die politischen Flüchtlinge vor innerstaatlichen Konflikten und Menschenrechtsverletzungen fliehen mussten. Hinzu kommen Hilfsmaßnahmen für Menschen wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder aus humanitären Gründen, obwohl sie nicht formal als Flüchtling anerkannt sind.
Rechtlicher Schutz und materielle Hilfe sind eng miteinander verbunden. In speziellen Projekten für schutzbedürftige Frauen, Kinder und ältere Menschen, die etwa 80 % der Flüchtlinge ausmachen, koordiniert der UNHCR in Soforthilfeprogrammen die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Kleidung, Unterkünften, Sanitäranlagen und Medikamenten. Für dauerhafte Lösungen bieten sich drei Alternativen an:
Die Aktivitäten sind verstärkt darauf gerichtet, durch vorbeugende Maßnahmen in den weltweiten Krisengebieten große Bevölkerungsbewegungen zu vermeiden. Dazu gehört der Aufbau von Frühwarnsystemen z. B. durch Entsendung von internationalen Beobachtern in Krisenregionen.
Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der UNHCR wurden 2001 Handlungsvorschläge mit dem Titel „Agenda für den Flüchtlingsschutz“ verabschiedet. Sie sollen Regierungen und humanitären Organisationen als Richtlinien dienen, weltweit den Schutz für Flüchtlinge zu stärken.
Wegen der Komplexität der humanitären Krisen arbeitet der UNHCR eng mit einer Vielzahl anderer Organisationen zusammen wie:
Hinzu kommen weitere Organisationen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, die Internationale Vereinigung der Rotkreuz- Rothalbmondverbände, die Internationale Organisation für Migration (IOM) sowie mehr als 550 Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Mit der Weltbank hat der UNHCR ein Kooperationsabkommen unterzeichnet.
UNHCR wird vorwiegend durch freiwillige Beiträge finanziert, insbesondere von Regierungen. Hinzu kommen Zuwendungen von zwischenstaatlichen Organisationen, Unternehmen und Privatpersonen sowie zu einem geringen Teil auch aus dem UN-Haushalt. Der UNHCR erthält auch Sachspenden wie Zelte, Lastwagen, Flugtransporte und Medikamente.
Im Verlauf und Ergebnis des Zweiten Weltkrieges wurden etwa 50 Mio. Menschen aus ihren Heimatgebieten vertrieben. Mit dem sich herausbildenden Ost-West-Konflikt veränderte sich die Welt- und Fluchtgeschichte.
UNHCR leistet auf allen Kontinenten humanitäre Hilfe und koordiniert Hilfeleistungen anderer UN-Organisationen und verschiedener privater Hilfsorganisationen (Text 1). Im Jahr 2003 betraf das etwa 20 Mio. Flüchtlinge. Dazu gehören beispielsweise:
Die Lage vieler Flüchtlinge hat sich nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 weiter verschlechtert. Viele Industriestaaten verknüpfen Maßnahmen der Terrorbekämpfung immer enger mit dem Kampf gegen illegale Einwanderung. Zugleich werden die Möglichkeiten eingeschränkt, legal ein Bleiberecht zu erhalten. Insbesondere Angst vor Terroranschlägen und „Überfremdung“ führt in der EU, den USA und in Australien zu nachlassender Hilfsbereitschaft. Verstärkt wird darüber debattiert, welche Ausländer für die einheimische Wirtschaft nützlich sind. Humanitäre Gesichtpunkte treten in den Hintergrund.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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