UN-Sicherheitsrat

Wichtigstes Hauptorgan der Vereinten Nationen

Im System der Vereinten Nationen trägt der Sicherheitsrat die „Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“ (Art. 24 UN-Charta). Er agiert dabei in Vertretung der übrigen Staatengemeinschaft der Vereinten Nationen und ist insgesamt somit wesentlich verantwortlich für die von der Weltorganisation angestrebte Ordnung kollektiver Sicherheit.
Seine Bedeutung erhält er auch dadurch, dass er als einziges der sechs Organe Beschlüsse fassen kann, die für alle UN-Mitglieder bindend sind.
Im Verhältnis zu den anderen Hauptorganen kommt die herausgehobene Position des SR zudem darin zum Ausdruck, dass viele wichtige Entscheidungen anderer Organe an sein vorheriges Votum gebunden sind. So stimmt die Generalversammlung über Aufnahme oder Ausschluss von Mitgliedern nur auf seine Empfehlung hin ab. Gleiches gilt für die Wahl des Generalsekretärs der Vereinten Nationen.
Aufgrund seiner wichtigen Funktion und seiner (welt)politischen Bedeutung wird der Sicherheitsrat manchmal auch „Weltsicherheitsrat“ genannt.

Wie den anderen Hauptorganen widmet die UN-Charta dem SR einen eigenen Abschnitt. Im Kapitel V befinden sich in den Artikeln 23–32 Bestimmungen zur Zusammensetzung, zu den Aufgaben und Befugnissen sowie zu Abstimmungsverfahren in diesem Gremium. Entsprechend seiner Hauptaufgabe der weltweiten Friedenssicherung enthalten zusätzlich vor allem die Kapitel VI über die friedliche Streitbeilegung und VII über Maßnahmen bei einer Bedrohung oder einem Bruch des Friedens wichtige Aussagen über Funktion und Verfahrensweisen des SR.

Zusammensetzung, Aufbau, Arbeitsweise, Entscheidungsverfahren

In einigen seiner grundlegenden Strukturen entspricht der SR bis heute den weltpolitischen Konstellationen, wie sie bei der Gründung der UNO 1945 bestanden.

Insgesamt hat er 15 Mitglieder, davon fünf ständige und zehn nichtständige. 1966 wurde die Zahl der letzteren wegen der stark gestiegenen Zunahme der UN-Mitgliedstaaten von sechs auf zehn erhöht.

Ständige Mitglieder des SR sind:

  • die Volksrepublik China,
  • Frankreich,
  • Großbritannien,
  • Russland und
  • die USA.

Russland übernahm 1991 die ständige Mitgliedschaft von der aufgelösten Sowjetunion, die Volksrepublik China 1971 von der Republik China (Taiwan).

Nichtständige Mitglieder wählt die Generalversammlung mit 2/3-Mehrheit für jeweils zwei Jahre auf Empfehlung des SR. Dabei werden nicht jeweils alle nichständigen Mitglieder auf einmal ausgetauscht, sondern fünf pro Jahr. Ihre Auswahl erfolgt nach einem Regionalschlüssel. Damit soll eine einigermaßen ausgewogene Repräsentation verschiedener Kontinente und Regionen sichergestellt werden.

Die Bundesrepublik Deutschland war seit ihrer Aufnahme in die UNO 1974 fünfmal Mitglied des SR:

  • 1977/78,
  • 1987/88,
  • 1995/96
  • 2003/04 und
  • 2011/2012

Für den Fall einer Reform des Sicherheitsrates strebt Deutschland einen ständigen Sitz oder zumindest eine stärkere Vertretung in diesem wichtigen Gremium an.

Neben ihrer dauernden Mitgliedschaft haben die fünf ständigen Mitglieder vor allem das Privileg des Vetorechts, was ihre Bedeutung noch einmal erhöht. Man nennt sie daher auch Vetomächte. Außer in Verfahrensfragen kann jeder dieser fünf Staaten durch ein Veto Beschlüsse verhindern, selbst wenn ansonsten eine ausreichende Mehrheit der Mitglieder des Rats zustimmt. In der Praxis wurde vom Vetorecht z. B. häufig bei Entscheidungen über Maßnahmen Gebrauch gemacht, die sich gegen ein mit dem ständigen Mitglied verbündeten Staat richten sollten.Ansonsten gilt für Abstimmungen das Prinzip, dass jedes Mitglied des Sicherheitsrats eine Stimme hat.

Beschlüsse des Sicherheitsrats unterscheidet man hinsichtlich sogenannter

  • Verfahrensfragen einerseits und
  • Sachfragen andererseits.

Verfahrensfragen bedürfen einer Zustimmung von neun der 15 Mitglieder. Sachfragen bedürfen einer qualifizierten Mehrheit von neun Mitgliedern, wobei es kein Veto eines ständigen Mitglieds geben darf. Die Entscheidung, ob es sich um eine Sach- oder eine Verfahrensfrage handelt bedarf einer qualifizierten Mehrheit ohne ein Veto (Möglichkeit des sogenannten Doppelveto durch Vetomächte). Mitglieder, die gleichzeitig Streitpartei sind, sollten bei Fragen der friedlichen Streitbeilegung nicht an der Abstimmung teilnehmen.

Um die Wahrnehmung der Aufgaben der SR ständig zu gewährleisten, müssen seine Mitglieder nach Art. 28 der UN-Charta jederzeit am Ort der Organisation in New York vertreten sein. In der Praxis finden Sitzungen des Sicherheitsrats auf verschiedenen Ebenen fast täglich statt. Der Vorsitz des Gremiums wechselt monatlich in alphabetischer Reihenfolge von Land zu Land. Die Einberufung des Rates erfolgt durch seinen Vorsitzenden oder auf Antrag eines Ratsmitglieds, der Generalversammlung, einem UN-Mitgliedstaat oder des UN-Generalsekretärs. Ziel der Anrufung des Sicherheitsrats ist es, seine Aufmerksamkeit auf einen für den Antragsteller wichtigen Sachverhalt im Zusammenhang der internationalen Sicherheit zu lenken und mögliche Aktivitäten anzustoßen.

Laut Charta kann der SR Nebenorgane bilden, die seine Arbeit unterstützen sollen. Es gibt verschiedene Kategorien:

  • Ausschüsse, z. B. für Geschäftsführung oder die Aufnahme neuer Mitglieder. Wichtig sind auch sogenannte Ad-hoc Ausschüsse, die für die Durchführung von Sanktionsmaßnahmen gebildet werden,erwähnt werden sollte auch der seit 2001 arbeitende Antiterrorismus Ausschuss;
  • Friedensmissionen (siehe unten);
  • Straftribunale für das ehemalige Jugoslawien und für Ruanda seit Mitte der 1990er-Jahre.
  • Kommission für Friedenskonsolidierung, seit 2006 arbeitendes gemeinsames beratendes Unterorgan von Sicherheitsrat und Generalversammlung für die Entwicklung von Wiederaufbaustrategien nach einer Konfliktbeendigung (weiteres siehe „Reformbedarf der UNO“).

Möglichkeiten der Friedenssicherung

Zur Erfüllung seiner Hauptaufgabe der weltweiten Friedenssicherung hat der Sicherheitsrat verschiedene Möglichkeiten. Die wichtigsten sind:

  • Friedliche Streitbeilegung,
  • Sanktionsmaßnahmen gegen einzelne Staaten bei Friedensbedrohung und Angriffen,
  • Friedensmissionen.

Die friedliche Streitbeilegung erfolgt in seinen Grundsätzen gemäß den Vorgaben des Kapitels VI der UN-Charta. Demnach sollen Streitparteien zunächst durch verschiedene Maßnahmen (z. B. Verhandlungen, Vergleiche oder Inanspruchnahme regionaler Einrichtungen wie heute etwa der OSZE) selbst für eine Beilegung ihres Konflikts sorgen. Kann keine Einigung zwischen ihnen erzielt werden, so sollen sie die Angelegenheit dem Sicherheitsrat vorlegen. Zudem kann dieser aber zu jedem Zeitpunkt einer solchen Streitigkeit eigenständig Untersuchungen vornehmen und Empfehlungen zu ihrer friedlichen Beilegung aussprechen.
Insgesamt ist die Tätigkeit des SR in diesen Angelegenheiten eher eine moderierende und weniger eine aktiv eingreifende.

Sanktionsmaßnahmen des Sicherheitsrats können nach Kapitel VII der UN-Charta „bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen“ erfolgen. Dabei muss er formal zunächst eine Bedrohung für den Frieden, einen Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung feststellen. Danach kann er Maßnahmen zur Beendigung dieser Situation empfehlen oder alle Staaten bindende Zwangsmaßnahmen anordnen. Solche Sanktionsmaßnahmen können nichtmilitärische Schritte (z. B. Unterbrechung wirtschaftlicher oder diplomatischer Beziehungen) sein. Frieden und internationale Sicherheit können aber auch durch eine militärische Friedenserzwingung durchgesetzt werden. Nach Art. 42 der UN-Charta kann der Sicherheitsrat „mit Luft-, See- oder Landstreitkräften die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen durchführen“.
Da die UNO nicht über eigene Streitkräfte verfügt, werden militärische Sanktionsmaßnahmen in der Praxis von einzelnen oder mehreren Staaten durchgeführt. Sie müssen sich aber immer im Rahmen der Vorgaben des Sicherheitsrats bewegen.
Solche Beschlüsse kommen dennoch einem kollektiven Beistand aller Mitglieder der UNO für eines oder mehrere ihrer bedrohten oder angegriffenen Mitglieder gleich und sind daher die ultima ratio des Systems kollektiver Sicherheit durch die Vereinten Nationen.

UN-Friedensmissionen sind in der Charta nicht explizit erwähnt, haben sich aber in den Praxis entwickelt. Der Sicherheitsrat stattet sie mit einem genau umrissenen Mandat (Auftrag) aus, in der Regel unter Berufung auf Kapitel VI der UN-Charta. Der kann z. B. in der Bildung eines Puffers zwischen Konfliktparteien, in der Überwachung eines Waffenstillstandes oder in der Kontrolle eines Truppenabzugs bestehen.
Ihre friedenssichernde (englisch daher auch peacekeeping-operations) Tätigkeit läuft also auf ein unterstützendes Engagement im Sinne einer friedlichen Beilegung von Streitigkeiten hinaus. Es handelt sich bei ihnen nicht um militärische oder sonstige Zwangsmaßnahmen.

Politische Bedeutung und Praxis des Sicherheitsrats

Bei der Betrachtung der Zusammensetzung seiner Mitgliedschaft und dem Prozess der Entscheidungsfindung fällt das besondere Gewicht der fünf ständigen Mitglieder im SR auf. Das war bei Gründung der UNO durchaus gewollt. Denn da die Weltorganisation im Vergleich zu Staaten nur über sehr eingeschränkte Machtmittel und schon gar nicht über eigene Streitkräfte verfügt, sollte die besondere Stellung dieser wichtigen Staaten einerseits deren Engagement für die UNO sichern und ihr so andererseits Autorität und Kraft zur Durchsetzung der Beschlüsse verleihen.

Genau das aber machte die Handlungs- und Funktionsfähigkeit des SR letztlich abhängig von diesen Staaten und ihrer Einigung.
Das zeigte sich im Ost-West-Konflikt, als das Gegeneinander der großen Staatenblöcke auch die Arbeit des SR durch eine wechselseitige Blockade der Vetomächte häufig erschwerte oder verhinderte.
Gleichzeitig damit kam es zu einer Aufwertung der Generalversammlung als öffentlichem Debattenforum, ohne dass diese aber die wichtigen Aufgaben des SR wahrnehmen konnte.

Nach dem Epochenwechsel 1989/90 nahm zunächst die Kooperationsbereitschaft im SR und damit auch seine Bedeutung wieder zu. Als gegen Ende der 1990er-Jahre aber die Lösungen einiger Krisen (z. B. im ehemaligen Jugoslawien) eher durch regionale Arrangements und weniger auf Initiative des SR zustande kamen, schwächte das seine Autorität abermals.
Besonders markant war in diesem Zusammenhang das Eingreifen der NATO im Kosovo 1999 ohne explizites Mandat des SR. In jüngster Zeit wurde das Monopol des SR zur Legitimation von Gewaltanwendungen vor allem durch das Vorgehen der USA im Vorfeld des Irakkrieges 2003 in Frage gestellt, der ebenfalls ohne Mandat des Sicherheitsrats geführt wurde.

Insgesamt zeigt sich bis heute immer wieder, dass die Autorität des SR letztlich v. a. vom Willen der mächtigen Staaten abhängt.
Das trifft auch auf die Verwirklichung einiger Reformvorschläge zu, die für den SR selbst und einige seiner Handlungsoptionen (insbesondere im Bereich der Friedensmissionen) gemacht werden. Sie sollen seine Wirkungsmöglichkeiten verbessern und sie den heutigen weltpolitischen Konstellationen und Notwendigkeiten anpassen.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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