Vor allem zwei Sätze verbinden sich mit der politischen Philosophie des am 5. April 1588 in Malmesbury geborenen THOMAS HOBBES. Sie finden sich in seiner 1651 auf Latein verfassten Schrift „Leviathan“ (siehe PDF "Thomas Hobbes - Leviathan (Auszug)") und lauten:
„homo homini lupus est“
(Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf)
„bellum omnium contra omnes“
(Krieg aller gegen alle)
In ihnen verdichtet sich das zutiefst pessimistische Menschenbild HOBBES', das ihn zur Abkehr von der mittelalterlichen Gesellschaftsauffassung bewog, die auf der Übereinstimmung des Einzelnen und des Staates mit einer vorgegebenen göttlichen Heilsordnung beruhte. HOBBES' materialistische Sicht der Dinge (der Natur und des Menschen) stützte sich dagegen auf das neue naturwissenschaftliche Weltverständnis, das maßgeblich von BACON, GALILEI, GASSENDI und DESCARTES geprägt war.
Der junge HOBBES wuchs als Sohn eines Pfarrers in der englischen Provinz auf, genoss aber eine hervorragende Ausbildung, deren Schwerpunkt die antiken Sprachen darstellten. Bereits im Alter von sechs Jahren beherrschte er Latein und Altgriechisch. Er besuchte eine Privatschule und studierte daraufhin an der Universität von Oxford. Dort erlangte er die Lehrlizenz und wechselte 1607 als Hauslehrer zum Herzog CAVENDISH OF HARDWICKE, dessen Sohn er unterrichtete. In dieser Stellung nahm er an der großen Europareise teil, bei der sich die Familie des Herzogs überwiegend in Frankreich aufhielt. Zurückgekehrt nach England konnte sich HOBBES – unterstützt vom Herzog – ausgiebig dem Studium der antiken Denker widmen. Beeindruckt hat ihn hierbei vor allem THUKIDIDES, den HOBBES 1828 ins Englische übersetzte, mit der Intention, die Engländer vor den Gefahren der Demokratie zu warnen. Des weiteren interessierten ihn die Naturwissenschaften und die Mathematik. HOBBES trat mit zahlreichen Gelehrten in Kontakt, freundete sich mit dem Philosophen und Naturforscher PIERRE GASSENDI an und traf während seiner 1636 unternommenen Italienreise GALILEO GALILEI.
Ein entscheidender Einschnitt in seinem Leben vollzog sich, als in England der Konflikt zwischen König und Parlament eskalierte. Der englische Monarch KARL I. hatte 1629 das Parlament aufgelöst, war aber aus Geldnot 1640 gezwungen, es wieder einzuberufen. HOBBES vertrat vehement die monarchistische Position und verteidigte das Bestreben des Königs, möglichst absolut zu regieren. Als HOBBES sich heftigen Anfeindung des Parlaments ausgesetzt sah, floh er nach Paris, wo er die nächsten elf Jahre verbrachte. Unterstützt von einflussreichen und wohlhabenden Freunden verlebte er eine relativ sorgenfreie und forschungsintensive Zeit. 1642 erschien sein Werk „De cive“. Gleich darauf arbeitete er an seinem nächsten „De corpore“ betitelten Buch. 1646 unterrichtete er den späteren KARL II., der ebenfalls nach Paris emigriert war, in Mathematik. Drei Jahre später wurde der englische König KARL I. hingerichtet, und OLIVER CROMWELL übernahm die Macht. Zu dieser Zeit hatte HOBBES mit der Ausarbeitung der Schrift begonnen, deretwegen er heute als Klassiker der politischen Philosophie gilt.
Mit dem Titel „Leviathan“ verweist HOBBES auf ein biblisches Meerungeheuer, dessen Gewalt und Stärke auch den Staat auszeichnen soll. Dem Staat verleiht HOBBES die Züge eines Ersatzgottes, der ebenso notwendig wie sterblich ist. Das berühmte Titelblatt des „Leviathan“ zeigt den Staatskörper als eine allgewaltige Gestalt, die aus den Körpern seiner Untertanen gebildet ist. Für HOBBES bedürfen die Menschen eines unbeschränkten Herrschers, weil sie ohne ihn, im Naturzustand, rücksichtslos ihre egoistischen Bedürfnisse ausleben würden. Den Naturzustand beschreibt HOBBES daher als einen Krieg aller gegen alle, in dem der jeweils Stärkere sich durchsetzt. Aus Angst vor der Stärke der anderen, suchen die Menschen Zuflucht bei einer obersten Gewalt, der sich alle unterwerfen, um ihr Leben zu erhalten. Der staatlichen Ordnung liegt also – zumindest implizit – ein Gesellschaftsvertrag zugrunde, mit dem die Bürger um der Selbsterhaltung willen ihre Macht an den Staat abtreten.
Als in Frankreich die kirchenfeindliche Tendenz des „Leviathan“ bekannt wurde, drohte HOBBES dort eine Anklage, so dass er nach England zurückkehrte. Kaum angekommen, lieferte er sich einen mehrjährigen Disput mit JOHN BRAMALL, dem Bischof von Derry, der hauptsächlich um die Frage des freien Willens kreiste. HOBBES bestritt entschieden, dass es einen freien Willen gebe. Seiner Ansicht nach war der Mensch vollständig durch seine natürlichen Triebe und Leidenschaften geprägt und als egoistisches Wesen ausschließlich auf seinen Vorteil bedacht. Nach dem Ende der Cromwellschen Diktatur bestieg 1660 der ehemalige Schüler HOBBES' KARL II. den englischen Thron. Er nahm HOBBES gegen die Anfeindungen der Kirche in Schutz, belegte ihn aber 1666 mit einem Veröffentlichungsverbot. Im Alter von 68 Jahren brachte HOBBES seine englischen Übersetzungen von HOMERs „Ilias“ und „Odyssee“ heraus. Erst gut zwei Jahre nach seinem Tod am 4. Dezember 1679 erschien sein letztes großes Werk, der „Behemoth“.
Stand: 2010
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