- Lexikon
- Politik/Wirtschaft
- 5 Internationale Politik und Friedenssicherung
- 5.3 Weltpolitische Konflikte und Friedenssicherung
- 5.3.5 Konfliktregelung und Sicherung des Friedens
- NGO und zivile Bearbeitung internationaler Konflikte
Unterstützt durch die deutsche NGO medico international betreibt die afghanische Nichtregierungsorganisation OMAR (Organisation for Mineclearance and Afghan Rehabilitation) seit den 1990er-Jahren in Afghanistan mit der Zivilbevölkerung Aufklärungsprogramme zum Thema Landminen, von denen es sehr viele in diesem durch einen langen Bürgerkrieg zerstörten Land gibt. Viele Menschen werden dabei bis heute Opfer solcher versteckter Minen. Solche Aufklärung erweitert ganz wortwörtlich die Bewegungsfreiheit der einheimischen Bevölkerung.
Ein ganz anderes Beispiel ist eine Initiative des Forum Ziviler Friedensdienst (ZFD), in dem staatliche und nichtstaatliche Organisationen zusammenwirken, in Bosnien, wo Mitte der 1990er-Jahre ein blutiger Bürgerkrieg tobte und in dem die Beziehungen zwischen den Angehörigen serbischer und bosniakischer Bevölkerungsteile noch heute sehr gespannt sind. Fachkräfte von ZFD versuchen hier, als ehrliche Makler Dialogstrukturen aufzubauen, beispielsweise durch Seminare zum Abbau gegenseitiger Vorurteile.
Solche kaum bekannten Projekte wirken auf den ersten Blick wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie gibt es aber, meistens kaum beachtet, in großer Anzahl und sie stehen für eine vor Ort häufig nicht unwichtige Dimension konkreter Friedensarbeit von NGOs, die sie alleine oder in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen oder im Rahmen größerer Programme durchführen. Bei einigen NGOs kann man sich auch für eine gewisse Zeit als Freiwilliger an ausgewählten Projekten beteiligen.
Der weltweite Frieden und die internationale Sicherheit sind heute längst nicht mehr nur durch zwischenstaatliche Krisen und Kriege, sondern vielfach durch innerstaatliche Konflikte und Bürgerkriege, durch gewaltsame Auseinandersetzungen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen gefährdet. Besonders häufig liegt ihr Grund dabei in ethnisch und/oder religiös motivierten Gegensätzlichkeiten oder Streitigkeiten verschiedener Bevölkerungsteile.
In einer solchen Situation muss auch die Konfliktlösung stärker als früher an den verursachenden gesellschaftlichen Problemen ansetzen. Internationale Friedensstrategien orientieren daher häufig
Dazu gehört etwa die Förderung von Aussöhnung und Dialog zwischen den Konfliktparteien oder die Unterstützung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
Im Rahmen einer solchen, nicht auf militärische Mittel zurückgreifenden zivilen Konfliktbewältigung übernehmen heute neben und ergänzend zu Staaten und zwischenstaatlichen internationalen Organisationen auch viele Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wichtige Aufgaben. Entsprechend ihres zivilgesellschaftlichen Selbstverständnisses und ihrer allgemeinen Ausrichtung auf Strukturen der nationalen und transnationalen Zivilgesellschaft(en) zielen ihre Ansätze dabei weniger auf staatliche Akteure oder politische Parteien, sondern mehr auf die Arbeit mit gesellschaftlichen Gruppen und die Stärkung von Strukturen der Zivilgesellschaft.
Gegenüber staatlichen Akteuren haben sie dabei verschiedene Vorteile, z. B.
Für eine zivile Konfliktbearbeitung durch NGOs gelten dabei zunächst einige allgemeine Ziele, Prinzipien und Arbeitsweisen:
Hinsichtlich des konkreten Engagements der NGOs muss man zunächst zwischen verschiedenen Konfliktstufen differenzieren:
Auf Grundlage dieser Differenzierung kann man drei unterschiedliche Ebenen benennen, auf denen sich NGOs mehr oder weniger stark engagieren:
Konfliktprävention setzt vor dem Ausbruch extrem konfrontativer oder gewalttätiger Auseinandersetzungen an ihren gesellschaftlichen und/oder politischen Ursachen an. Sie verfolgt mit den Mitteln der Dialogs und des Aufbaus gegenseitigen Verständnisses eine auf Nachhaltigkeit zielende Strategie ziviler Konfliktaustragung. Konkret gibt es unterschiedliche Ansätze.
In der Konfliktprävention sind sowohl lokale wie auch transnational arbeitende NGOs engagiert. Als zivilgesellschaftliche Akteure können sie hier oftmals wichtige Erfolge erzielen.
Anders ist das im Bereich der Friedensschaffung nach schon ausgebrochenen Gewalttätigkeiten, bei der neben zivilen Instrumenten (z. B. Verhandlungen, Vermittlungsdiplomatie, Schiedssprüche oder auch wirtschaftliche und politische Sanktionen) manchmal auch militärische Mittel (z. B. Truppen zur Friedenserzwingung) durch Staaten oder internationale Organisationen wie die UNO angewendet werden.
Dass NGOs über keinerlei militärische Möglichkeiten verfügen, ist klar. Aber auch hinsichtlich der zivilen Variante ist ihre Bedeutung gegenüber den beiden genannten Akteuren hier bisher eher gering.
Allerdings gibt es aufgrund des heutigen Charakters vieler internationaler Krisen durchaus Überlegungen, sie auch hier stärker einzubeziehen. Bei Friedensverhandlungen könnte es etwa sinnvoll sein, neben der klassischen zwischenstaatlichen Verhandlungsdiplomatie auch weniger offizielle Vermittlungsansätze auf gesellschaftlicher Ebene zu suchen.
Allerdings sollte man berücksichtigen, dass diese manchmal auch „track zwei“ genannte Variante der Diplomatie wahrscheinlich allenfalls eine Ergänzung zur traditionellen wird sein können. Denn gerade in einer hochexplosiven Konfliktlage verfügen Staaten und zwischenstaatliche Organisationen doch über die unmittelbar und kurzfristig wesentlich effektiveren Instrumente oder Druckmittel einer Friedensschaffung von außen.
Daneben gibt es zwei weitere Bereiche, in denen NGOs erfolgversprechend agieren könnten:
Die Friedenskonsolidierung setzt nach der Beendigung einer schweren Krise oder eines gewaltsamen Konflikts an. Ihr geht es um eine Entspannung der Lage, die Umsetzung einer umfassenden Friedensregelung und die langfristige Sicherung des Friedens durch den Abbau von Konfliktursachen und den Aufbau gesellschaftlicher und politischer Strukturen, die eine gewaltlose Austragung von Gegensätzen und Streitigkeiten ermöglichen.
Auch hier sind viele NGOs tätig, die dabei oftmals auf lang bewährte und klassische Formen ihrer Arbeit zurückgreifen können.
Gerade dieses Beispiel zeigt aber auch, dass NGOs in der zivilen Konfliktbearbeitung vielfach auf die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren angewiesen sind.
Alleine wären sie mit dieser Aufgabe sicher oftmals überfordert. Besonders nach militärischen Konflikten müssen internationale Helfer beispielsweise zunächst häufig auch militärisch geschützt werden. Man sollte ihre Möglichkeiten also nicht überschätzen. Allerdings leisten sie in vielen Bereichen, von denen hier nur einige beispielhaft angeführt werden konnten, heute auch unverzichtbare Dienste.
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