Armut kennzeichnet eine Lebenssituation, in der es einzelnen Personen, Gruppen oder Teilen bzw. der gesamten Bevölkerung eines Landes oder einer Region nicht möglich ist, ihr Existenzminimum aus eigener Kraft zu sichern. Armut erstreckt sich auf viele, komplex miteinander verbundene Bereiche des menschlichen Lebens.
Absolute Armut bedeutet eine Mangelsituation, in der die physische Existenz von Menschen
bedroht ist.
Absolut arm ist, wer nicht über die Ressourcen verfügt, um elementare Grundbedürfnisse zu befriedigen und ein menschenwürdiges Leben zu führen.
Das schließt sowohl
„Absolute Armut bedeutet Leben am äußersten Rand der Existenz. Die absolut Armen sind Menschen, die unter schlimmen Entbehrungen und in einem Zustand von Verwahrlosung und Entwürdigung ums Überleben kämpfen, der unsere (…) Vorstellungskraft übersteigt“ (ROBERT McNAMARA, ehemaliger Präsident der Weltbank).
Relative Armut ist dadurch gekennzeichnet, dass zwar das physische Existenzminimum gesichert ist, das soziokulturelle Existenzminimum jedoch deutlich unterschritten wird. Bei der relativen Armut wird innerhalb eines Landes der Lebensstandard unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen verglichen. Sie drückt soziale Ungleichheiten innerhalb einer Gesellschaft aus und wird oft gleichgesetzt mit der Bedrohung der Menschenwürde. Als relativ arm gilt, wer über weniger als 50 % des mittleren Einkommens im jeweiligen Land verfügen kann.
Die Messung der Armut ist mit Problemen verbunden, da sie verschiedene Dimensionen hat:
Die Weltbank definiert Armut über das Einkommen oder Vermögen.
Als absolut oder extrem arm gilt, wer über durchschnittlich weniger als einen US-Dollar pro Tag verfügt (gemessen an lokaler Kaufkraftparität).
In der Entwicklungszusammenarbeit ist dieser Bezug gängig als Messgröße für Armut. Darauf bezieht sich auch das Ziel des Millenniumsgipfels von 2000, die absolute Armut weltweit bis 2015 zu halbieren.
Neben dieser Ein-Dollar-Marke (Ressourcenansatz) gibt es den so genannten Lebenslagenansatz, der den Armutsbegriff wesentlich weiter fasst. Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) geht von einem mehrdimensionalen Armutsbegriff aus und errechnet den Index der menschlichen Armut (HPI). Das Maß der menschlichen Armut in einem Land wird auf einer Skala von 0 bis 100 angegeben, wobei 0 für gar nicht arm und 100 für sehr arm steht.
Im Gegensatz zu anderen Indikatoren, die sich meistens auf bestimmte Einkommensgrenzen beziehen und diese als maßgebend für Armut ansehen, versteht der HPI Armut als Entbehrung von Lebensqualität. Er misst Entbehrungen in drei entscheidenden Bereichen:
Der HPI ergänzt den Human Development Index (HDI), der auf einer Skala zwischen 0,0 und 1,0 den Entwicklungsstand eines Landes nach den Indikatoren
beschreibt. Mithilfe des Index soll bewusst gemacht werden, dass Armut nicht nur materielle Not ist, sondern die Menschen daran hindert, ihre Lebenschancen wahrzunehmen und sich ihren Fähigkeiten entsprechend zu entfalten.
Die Weltbank hat nach der Befragung von etwa 60 000 Armen aus der ganzen Welt eine Studie vorgelegt, wie Arme ihre eigene Situation einschätzen. Danach verbinden diese Menschen mit dem Begriff Armut
Armut wird vor allem in Verbindung mit armen Ländern – mit Entwicklungsländern – assoziiert (Massenarmut), die gegenüber den Industrieländern Entwicklungsrückstände in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht zu verzeichnen haben.
In den Entwicklungsländern ist Armut ein Massenproblem. Sie ist eine Folge von Unterentwicklung, d. h. der ungenügenden Fähigkeit der Gesellschaften, die eigene Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern (Nahrungsmitteln) und lebenswichtigen Dienstleistungen (Bildung, Gesundheit) zu versorgen. Zwischen Unterentwicklung und Armut besteht ein enger Zusammenhang. Unterentwicklung manifestiert sich in Armut und ist zugleich die Ursache von Armut.
In einzelnen Regionen, vor allem in Südostasien, in China sowie in Ländern des Nahen Osten und Nordafrika, ist die Zahl der Armen zurückgegangen. In den Ländern Südasiens und Lateinamerikas ging zwar der Anteil der Armen an der Gesamtbevölkerung zurück, starkes Bevölkerungswachstum lässt jedoch die absolute Zahl der Armen weiter ansteigen. Besonders kompliziert ist die Lage der Menschen in den Ländern Afrikas südlich der Sahara – auch genannt Schwarzafrika. Alles deutet darauf hin, dass Schwarzafrika trotz geringer Fortschritte die Ziele der Vereinten Nationen für 2015, den Anteil der extrem armen Menschen zu halbieren, nicht erreichen wird.
Allerdings gibt es auch zwischen den afrikanischen Ländern große Unterschiede. Hierbei lassen sich generell drei Ländergruppen unterscheiden.
Generell zeigt sich, dass Armut insbesondere ein Verteilungsproblem und ein politisches Strukturproblem ist. Gegenwärtig leben 80 % der unterernährten Kinder der Welt in Ländern, die einen Überschuss an Nahrungsmitteln erzeugen.
Armut ist auch in Industrieländern anzutreffen. Allerdings gibt es nur wenige Menschen, die unter Existenz bedrohender extremer Armut leiden, z. B. Obdachlose und Straßenkinder. Das vorherrschende Problem seit Mitte der 1970er-Jahre ist allerdings die relative Armut. Bestimmte Bevölkerungsgruppen sind besonders von Armut betroffen oder einem sehr hohen Risiko ausgesetzt, arm zu werden:
In Deutschland ist die Armutsgrenze am durchschnittlichen Nettoeinkommen der Bevölkerung orientiert. Wer über weniger als die Hälfte verfügt, gilt als arm. Im Gegensatz zu den Entwicklungsländern gewährleisten jedoch soziale Sicherungssysteme das Existenzminimum der Menschen.
Armut ist ein globales Phänomen. Sie bedeutet Verlust der gesamten Gesellschaft an schöpferischem Potenzial. Armut ist Ursache vieler globaler Risiken. Sie steht in engem Zusammenhang mit der Gefährdung von Frieden und Stabilität. Sie ist sowohl Ursache als auch Folge von Ressourcenverknappung und Ressourcenzerstörung sowie zunehmender gewaltsamer Konflikte, von Migration, Flucht und Vertreibung. Ihre Bekämpfung ist deshalb eine politische Herausforderung für Global Governance. Insbesondere die Beseitigung aller Formen der extremen Armut erfordert weltweit wirksame Anstrengungen von staatlichen, privatwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteuren auf internationaler, nationaler und lokaler Ebene.
weltweite Armut
Stand: 2010
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