Lebens- und Familienformen in Deutschland

Grundbegriffe

Lebensformen beinhalten vielfältige Möglichkeiten menschlichen Zusammenlebens:

  • verschiedene Familienformen,
  • Singles,
  • Lebensgemeinschaften,
  • gleichgeschlechtliche Partnerschaften,
  • Wohngemeinschaften etc.

Unter Familie (Kernfamilie) wird das Zusammenleben von Eltern und Kindern in einer Haushaltsgemeinschaft verstanden. Man unterscheidet zwischen

  • Kernfamilien und
  • Mehrgenerationenfamilien.

Mehrgenerationenfamilien schließen auch die Großeltern und Geschwister unabhängig von der Haushaltsstruktur ein.
Unter Eltern werden

  • sowohl die Zwei-Eltern-Familie (Mutter und Vater)
  • als auch die Ein-Eltern-Familie (Mutter oder Vater)

gefasst. Familienformen unterscheiden sich nach ihrem rechtlichen Status in:

  • Ehen mit Kindern,
  • Lebenspartnerschaften (unverheiratete Eltern) mit Kindern,
  • ledige,
  • geschiedene bzw.
  • verwitwete Mütter oder Väter mit Kindern.

Verheiratete Paare, die die Absicht haben, sich scheiden zu lassen, werden statistisch/juristisch als getrennt lebend bezeichnet.
Familienformen sind aber auch:

  • Patchworkfamilien (ein Partner oder auch beide haben mehrmals geheiratet oder leben in Partnerschaft und ihre Kinder haben verschiedene Elternteile),
     
  • Pflegefamilien (Eltern haben ein Pflegekind aufgenommen),
     
  • Adoptionsfamilien (Eltern bzw. ein Elternteil haben ein Kind adoptiert, das heißt an Kindes statt angenommen).

Die Dynamik in den Lebens- und Familienformen wird auch häufig als Lebensabschnittspartnerschaft bezeichnet. Es besteht ein Widerspruch zwischen dem Wunsch vieler Menschen nach stabiler Partnerschaft und dem tatsächlichen Leben in verschiedenen Lebens- und Familienformen. Häufig wird die nichteheliche Lebensgemeinschaft als eine Lebensform gewählt, die vor der Heirat über eine längere Zeit gelebt wird.

Im Artikel 6 des Grundgesetzes werden Ehe und Familie verfassungsrechtlich geschützt. Während noch Anfang der 1950er-Jahre in Deutschland Kinder überwiegend in Ehen aufwuchsen, haben sich in den letzten Jahrzehnten die Familienformen dynamisch verändert. Zwar ist die Ehe nach wie vor die vorherrschende Familienform, in der Kinder aufwachsen, aber es werden zunehmend Kinder außerhalb der Ehe geboren, bzw. sie wachsen in Zweit- und Drittehen auf.

Nach bundesdeutschem Recht wird die Ehe (unabhängig von der Existenz von Kindern) durch das Ehegattensplitting steuerrechtlich begünstigt. Davon profitiert vor allem das traditionelle altbundesdeutsche Ehesystem, in dem der Ehemann die Haupternährerfunktion wahrnimmt und die Ehefrau Hausfrau ist. Diese Begünstigung ist heute umstritten, weil es nicht den vielfältigen Formen des Zusammenlebens der Menschen Rechnung trägt und die Ehe einseitig privilegiert.

Aktuelle Daten zu Lebens- und Familienformen

In Deutschland leben rund:

  • 38 Mio. Paare (Ehepaare und Lebensgemeinschaften) mit Kindern und
  • 6 Mio. Ein-Eltern-Familien mit Kindern (zu 87 % Mütter-Kinder-Familien).
  • 22 Mio. Menschen leben in Paargemeinschaften ohne Kinder und
  • 14 Mio. Menschen leben allein.
  • Rund 1,5 Mio. Menschen leben mit Verwandten oder nicht Verwandten in Mehrpersonenhaushalten.

In Deutschland ist die Geburtenrate rückläufig. Die Zahl der Singles und Paare nimmt zu, die Zahl der Familien dagegen ab. Die Zunahme alternativer Lebensformen neben der traditionellen Kernfamilie, die rückläufigen Geburtenzahlen und steigende Scheidungsraten rufen Diskussionen über den zunehmenden Wandel der Lebens- und Familienformen hervor. Dennoch haben Partnerschaft, Liebe und Kinder einen hohen ideellen Sinn.

In alten Bundesländern liegt die Zahl der Single-Haushalte höher als in den neuen Bundesländern, jedoch wächst auch dort die Zahl der Singles. Deutlich unterscheidet sich die Zahl der Ein-Eltern-Familien in Ost- und Westdeutschland.

In Ostdeutschland ist der prozentuale Anteil der Ein-Eltern-Familien bedeutend höher und die Zahl der ledigen Mütter, die ein Kind haben, wesentlich höher. Während in Westdeutschland jedes zehnte Kind außerhalb der Ehe geboren wird, sind es in Ostdeutschland ca. 40 % aller lebend geborenen Kinder.

Heiratsalter und Ehedauer

In Deutschland schlossen im Jahr 2000 rund 420 000 Paare die Ehe. Damit ging das Heiratsverhalten weiter zurück.
Junge Menschen heiraten später. Infolge der langen Ausbildungsdauer entscheiden sich junge Menschen, später bzw. gar nicht zu heiraten. Dieser in den alten Bundesländern vorherrschende Trend vollzieht sich in den neuen Bundesländern ähnlich. 20 % der westdeutschen Frauen, die zwischen 1956 und 1965 geboren wurden, blieben bis zum 40. Lebensjahr unverheiratet.
In der DDR waren nahezu 80 % der Frauen bei Beendigung des 25. Lebensjahres verheiratet. Diese abrupte Veränderung hat verschiedene Ursachen:

  • zunehmende Wahlmöglichkeiten und
  • Anerkennung verschiedener Lebensformen,
  • wirtschaftliche und soziale Unsicherheiten,
  • längere Ausbildungszeiten.

Im Jahr 2000 wurden in Deutschland 194 000 Ehen geschieden. Der Trend ist steigend. Etwa 37 % der Ehen werden wieder geschieden. Während in den ersten Jahren nach der Vereinigung in Ostdeutschland die Scheidungsrate rückläufig war, steigt die Zahl der Ehescheidungen seit 1993 wieder deutlich an. Im Jahr 2000 waren 148 000 minderjährige Kinder von den Ehescheidungen betroffen.

Familie und Geburtenentwicklung

Die Geburtenentwicklung ist in den letzten Jahrzehnten in der Bundesrepublik deutlich rückläufig. Hochrechnungen besagen, dass Deutschland im Jahr 2050 ca. 53,7 Mio. Einwohner haben wird (diese Berechnung schließt die Zahlen einer möglichen Zuwanderung aus dem Ausland nach Deutschland aus).

Frauen des Geburtsjahrganges 1945 haben in den alten Bundesländern 1,78 Kinder geboren, in den neuen Bundesländern 1,86 Kinder. Im Unterschied dazu haben in Deutschland insgesamt Frauen des Geburtsjahrganges 1965 1,42 Kinder geboren. Kinder zu haben, bedeutet heute ein erhöhtes Armutsrisiko.

Frauen bekommen später ihre Kinder – wobei das durchschnittliche Alter der Mütter bei der Geburt des ersten ehelichen Kindes in den neuen Bundesländern leicht geringer ist. Interessant ist auch die Tatsache, dass viele hochqualifizierte Frauen (nahezu 40 %) gar keine Kinder mehr bekommen und gering qualifizierte Frauen mehrere Kinder haben. Das hat Folgen für das Bildungsniveau in Deutschland.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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