- Lexikon
- Politik/Wirtschaft
- 5 Internationale Politik und Friedenssicherung
- 5.2 Europäische Union
- 5.2.1 Erweiterung und Vertiefung als Wege der Integration
- Generelles Beitrittsverfahren zur EU
Seit Beginn des europäischen Integrationsprozesses durch die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) im Jahr 1951 durch Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien, Niederlande und Luxemburg steht die Europäische Union (EU) vor ihrer größten Erweiterungsrunde.
Die Europäische Gemeinschaft (EG) verfolgt seit ihrer Gründung das Konzept der offenen Organisation. Dies bedeutet, dass gemäß Artikel 49 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) jeder europäische Staat die Mitgliedschaft in der EU beantragen kann. Diese ist jedoch seit der Revision des Maastrichter Vertrages durch den Amsterdamer Vertrag 1997 an die Erfüllung bestimmter Grundsätze gekoppelt. Laut Art. 6 Abs. 1 EUV beruht die Union
„auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit (…).“
Außerdem sind die Mitgliedstaaten laut Art. 4 Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) gehalten, eine Wirtschaftspolitik zu betreiben, die
„dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet ist.“
Allerdings gibt es keinen rechtlichen Anspruch auf die Mitgliedschaft in der EU. Die Aufnahme in die EU ist eine politische Entscheidung, die insbesondere dem Europäischen Rat und den Mitgliedstaaten obliegt.
Mit dem Ende des Ost-West-Konfliktes wurde die Neuorientierung der Staaten Mittel- und Osteuropas (MOE) notwendig. Durch die Aufnahme dieser Staaten sollen die Strukturen der EU auf das östliche Europa ausgeweitet werden, um damit einen Raum der Sicherheit und Stabilität für Gesamteuropa herzustellen.
Der Europäische Rat von Kopenhagen im Juni 1993 hat den MOE-Staaten die Mitgliedschaft in der EU in Aussicht gestellt, sofern sie die so genannten Kopenhagener Kriterien erfüllen:
Eine Beitrittsbedingung stellte die EU an sich selbst: Zur Gewährleistung ihrer Erweiterungsfähigkeit sollte sich die EU reformieren.
Das Beitrittsverfahren ist ein langwieriger Prozess, der von der Antragstellung bis zum Beitritt eines Landes mehrere Jahre in Anspruch nimmt. Zu Beginn erfolgt der Beitrittsantrag eines europäischen Staates an den Rat gemäß Art. 49 EUV. Daraufhin gibt die Europäische Kommission eine Stellungnahme in Bezug auf die Vor- und Nachteile eines Beitritts des antragstellenden Staates ab. Im Anschluss daran muss das Europäische Parlament mit der absoluten Mehrheit dem Antrag zustimmen, damit der Rat einstimmig beschließen kann, ob Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden. Die Verhandlungen werden im Namen der EU-Mitgliedstaaten von der halbjährlich zwischen den Mitgliedstaaten wechselnden EU-Präsidentschaft mit den Bewerberstaaten geführt. Eine entscheidende Rolle im Beitrittsverfahren kommt der Europäischen Kommission zu, da sie die gemeinsame Verhandlungsposition der EU unterbreitet und mit den Beitrittskandidaten Arbeitskontakte unterhält. Seit Herbst 1999 verfügt die Kommission über eine Generaldirektion Erweiterung, die die Arbeiten der Kommission koordiniert und von MICHAEL LEIGH geleitet wird.
Bevor die Verhandlungen aufgenommen werden, findet eine Analyse über den sich unaufhörlich weiterentwickelnden acquis communautaire statt (Screening). Innerhalb dieses Verfahrens legt die Kommission den Bewerberstaaten dar, welche Anforderungen auf sie bei der Übernahme und Anwendung des acquis zukommt. Auf diese Weise erhalten die Bewerberstaaten die Möglichkeit, eine Einschätzung darüber abzugeben, in welchen Bereichen die Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes zum Zeitpunkt des Beitritts als problematisch anzusehen ist. Für die Beitrittsverhandlungen wird der gemeinschaftliche Besitzstand (acquis communautaire) in Kapitel eingeteilt. Da der acquis communautaire von dem beitrittswilligen Land in seiner Gänze übernommen werden muss, beziehen sich die Verhandlungen lediglich auf eine Übereinkunft hinsichtlich zeitlich begrenzter Übergangsfristen und Abweichungen. Die einzelnen Kapitel unterscheiden sich in Bezug auf die Dauer der Verhandlungen. Während
wesentlich langwieriger. Schließlich erfolgt der Abschluss eines Abkommens gemäß Art. 49 EUV, welches die Aufnahmebedingungen zwischen dem Bewerberstaat und den EU-Mitgliedstaaten festschreibt.
In der Abschlussphase der Verhandlungen, der so genannten Ratifikationsphase, gibt die Europäische Kommission eine Stellungnahme zum Beitritt ab, die den Rat allerdings nicht bindet. Das Europäische Parlament, das ständig über den Verlauf der Verhandlungen informiert wird, muss mit der absoluten Mehrheit der Aufnahme eines Staates zustimmen. Anschließend entscheidet der Rat einstimmig. Haben der Rat und das Europäische Parlament zugestimmt, wird der Beitrittsvertrag von den Staats- und Regierungschefs unterzeichnet. Da der Beitrittsvertrag ein völkerrechtlicher Vertrag ist, muss er sowohl vom beitretenden Staat als auch von allen Mitgliedstaaten gemäß ihrer jeweiligen verfassungsrechtlichen Bestimmungen ratifiziert werden. Dieser Prozess nimmt ungefähr zwei Jahre in Anspruch. Das Beitrittsverfahren ist abgeschlossen, sobald die Ratifikationsurkunden hinterlegt wurden. Zum festgelegten Zeitpunkt tritt der Beitrittsvertrag in Kraft und der ehemalige Kandidatenstaat ist Mitglied in der Europäischen Union.
Die Mitglieder der Europäischen Union Niederlande (1) Belgien (2) Deutschland (3) Luxemburg (4) Frankreich (5) Italien (6) Dänemark (13) Großbritannien (7) Irland (8) Griechenland (11) Portugal (9) Spanien (10) Österreich (12) Schweden (14) Finnland (15)
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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