- Lexikon
- Politik/Wirtschaft
- 5 Internationale Politik und Friedenssicherung
- 5.2 Europäische Union
- 5.2.3 Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
- Europäische Sicherheitsarchitektur
Nach Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) 1951 stand zunächst das Projekt einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) und einer Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) auf der Agenda. Denn nach Ausbruch des Koreakriegs im Jahr zuvor hatte die Frage der Sicherheit Europas eine erneute Aktualität erlangt. Die EVG sollte einen Teil der 1949 gegründeten NATO bilden und über eine europäische Armee verfügen. Da sich die Französische Nationalversammlung aber deutlich gegen die EVG aussprach, scheiterte das Projekt ebenso wie später die EPG.
Um Deutschland in das westliche Sicherheitssystem einzubinden, wurde stattdessen die Westeuropäische Union (WEU) geschaffen. Grundlage war ein westeuropäisches Militärbündnis von 1948 (der Brüssler Vertrag) in das Deutschland und Italien aufgenommen wurden. Die WEU erlangte zunächst, anders als die NATO, keine Bedeutung. Das änderte sich erst 1991 vorübergehend durch die Regierungskonferenz von Maastricht.
Durch den Vertrag von Maastricht wurde durch die neu geschaffene Gemeinsame Außen und Sicherheitspolitik (GASP) als zweite Säule der EU erstmals ihre Verantwortung in Sicherheitsfragen festgeschrieben und die Perspektive einer gemeinsamen Verteidigungspolitik eröffnet. Da die Europäische Union jedoch über keine eigenen militärischen Mittel verfügte, wurde festgelegt, dass die WEU ersucht werden konnte, militärische Aktionen der EU auszuarbeiten und durchzuführen.
Bei den Verhandlungen zum Amsterdamer Vertrag wurde 1997 erfolglos versucht, die WEU enger an die EU anzubinden. Es gelang aber, die Petersberg-Aufgaben der WEU in Art. 17 des EU-Vertrags zu überführen und damit die Grundlage für den Aufbau der ESVP zu legen. Die Petersberg-Aufgaben beinhalten:
Auf dem Europäischen Rat in Köln am 3. und 4. Juni 1999 veröffentlichten die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union dann eine Erklärung zur Stärkung der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. In der Erklärung bekundeten sie ihre Absicht,
„der Europäischen Union die notwendigen Mittel und Fähigkeiten an die Hand zu geben, damit sie ihrer Verantwortung im Zusammenhang mit einer gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik gerecht werden kann.“
1999 vereinbarten die europäischen Staats- und Regierungschefs in Helsinki konkrete Planziele zur Verwirklichung einer ESVP (Helsinki Headline Goal). Diese Planziele sahen u. a. vor, dass im Rahmen der freiwilligen Zusammenarbeit bei EU-geführten Operationen die Mitgliedstaaten bis 2003 in der Lage sein müssen, innerhalb von 60 Tagen Streitkräfte mit einer Stärke von bis zu 5 000 bis 60 000 Personen zu verlegen und diesen Einsatz für mindestens ein Jahr aufrecht zu erhalten. Diese Streitkräfte müssen in der Lage sein, das gesamte Spektrum der Petersberg-Aufgaben zu übernehmen.
Der Europäische Rat am 19. und 20. Juni 2000 in Feira stellte dann Planziele für den Aufbau ziviler Fähigkeiten der EU auf. Festgelegt wurde
Der Vertrag von Nizza modifizierte die Bestimmungen zur ESVP und führte neue Gremien und Strukturen ein. Nach Artikel 17 des EU-Vertrags umfasst die ESVP
„sämtliche Fragen, welche die Sicherheit der Union betreffen, wozu auch die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik gehört, die zu einer gemeinsamen Verteidigung führen könnte, falls der Europäische Rat dies beschließt.“
Bezüge des EUV zur WEU entfielen, da die EU deren Funktionen übernahm. Es wurde beschlossen, ein Politisches und Sicherheitspolitisches Komitee und einen Hohen Vertreter für die GASP einzusetzen. Neu eingerichtet wurden auch:
Weiterhin wurde ein Militärstab eingerichtet, der sich aus Experten zusammensetzt, die von den Mitgliedstaaten abgestellt werden. Er unterstützt den Militärausschuss und untersteht dessen militärischer Leitung.
Im Jahr 2003 setzte die EU erstmals ihre Krisenmanagementfähigkeiten in die Praxis um. Sie trat mit der Polizeimission der Europäischen Union (EUPM) die Nachfolge der von den Vereinten Nationen geführten Polizeimission in Bosnien und Herzegowina an. Die EUPM bemüht sich, Bosnien und Herzegowina mit eigenen tragfähigen Polizeistrukturen auszustatten, die im Einklang mit europäischen und internationalen Praktiken stehen.
Durch ein im März 2003 abgeschlossenes Rahmenabkommen mit der NATO besteht für die EU die Möglichkeit, auf Mittel und Fähigkeiten der NATO zurückzugreifen.
2004 wurde vom Europäischen Rat das Streitkräfteziel 2010 verabschiedet. Ergänzend zum Streitkräfteplan wurde ein „Europäischer Aktionsplan zur Verbesserung der Streitkräftefähigkeiten“ (ECAP) weiterentwickelt. Der Aktionsplan sieht vor, Aufbau, Einsatz und Strategie der nationalen Streitkräfte zu koordinieren und die Entwicklung militärischer Fähigkeiten eng mit der NATO abzustimmen.
Da die ESVP ein Teil der GASP ist, sind Entscheidungen in diesem Bereich auch ausschließlich dem Rat der Europäischen Union vorbehalten. Zur Planung und Durchführung ziviler und militärischer Operationen wurden die folgenden Gremien und Strukturen eingeführt:
Die gegenwärtige Ausrichtung einer sicherheitspolitischen Zusammenarbeit steht im Spannungsfeld von Vergemeinschaftung und Regierungszusammenarbeit. Mittelfristig wird es wichtig sein, Leitlinien für ein sicherheitspolitisches Konzept der EU zu entwickeln, um künftig klarer als bisher zu entscheiden, in welcher Form und in welchem Rahmen die EU auf internationale Krisen reagiert. Eine angemessene Einbindung des Europäischen Parlaments erscheint im Hinblick auf die zunehmend wichtiger werdende Legitimation und Kontrolle diesbezüglicher Entscheidungen unabdingbar.
Außen- und Sicherheitspolitik der EU
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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