- Lexikon
- Politik/Wirtschaft
- 3 Wirtschaft und Wirtschaftspolitik in der sozialen Marktwirtschaft
- 3.3 Wirtschaften im Unternehmen
- 3.3.5 Betriebliche Mitbestimmung
- Betriebsrat und Gesetze betrieblicher Mitbestimmung
Durch die Novelle zur Gewerbeordnung von 1891 wurde erstmals eine gesetzliche Grundlage für freiwillig gebildete Arbeiterausschüsse geschaffen. In den Novellen des Bayerischen (1900) und des Preußischen Berggesetzes (1905) wurde gesetzlich festgelegt, dass in Bergbaubetrieben mit mehr als 20 bzw. 100 Arbeitnehmern Arbeiterausschüsse gebildet werden mussten. Danach standen den Arbeitnehmervertretungen Informations- und Anhörungsrechte in sozialen und personellen Fragen zu. Die Grenzen waren zwar noch eng gefasst, doch ein Anfang war gemacht. Allerdings muss festgehalten werden, dass die großen Arbeitskämpfe in den Jahren 1899 und 1905 viel zu dieser Entwicklung beigetragen haben. Den nächsten Eckpfeiler in der Geschichte der Mitbestimmung stellte das Gesetz über den Vaterländischen Hilfsdienst aus dem Kriegsjahr 1916 dar. Es sah unter anderem vor, dass in kriegswichtigen gewerblichen Betrieben Arbeiterausschüsse gebildet werden mussten.
Das Betriebsrätegesetz vom 4. Februar 1920 brachte den Durchbruch zu einer Betriebsverfassung im heutigen Sinne. In Betrieben und Verwaltungen des privaten und öffentlichen Sektors mussten Betriebsräte errichtet werden, die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte in zahlreichen sozialen und personellen Angelegenheiten erhielten. Im einzelnen sah das Gesetz ein volles Mitbestimmungsrecht bei der Schaffung von Arbeitsordnungen vor, auf personellem und wirtschaftlichem Gebiet enthielt es unterschiedliche Mitwirkungsrechte.
Diese ersten Ansätze von Mitbestimmung endeten kurz nach der Machtübernahme durch das nationalsozialistische Regime. Das „Führungsprinzip“ hielt auch in der Wirtschaft Einzug. Das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit aus dem Jahre 1934 unterbrach die demokratische Entwicklung und ersetzte sie durch eine totalitäre Regelung.
Bereiche, auf die durch Betriebsvereinbarungen Einfluss genommen werden kann
Mit dem Ende der Hitler-Diktatur und dem totalen Zusammenbruch von Wirtschaft und Gesellschaft kam die Stunde des Neuaufbaus der Wirtschaft. Die Alliierten waren sich darin einig, dass die bisherigen wirtschaftlichen Machtstrukturen zerschlagen und durch eine reformierte, demokratisch organisierte politische Ordnung und eine umgestaltete Wirtschaftsordnung ersetzt werden müssten.
Selbst Unternehmer an Rhein und Ruhr signalisierten, dass sie bereit seien, die Arbeitnehmer der Grundstoff-Industrien an der Unternehmensführung zu beteiligen.
Im Vorfeld der bundesdeutschen gesetzlichen Regelung der Mitbestimmung im Jahre 1951 kam es zu harten Auseinandersetzungen. Als sich die Situation zuspitzte, schaltete sich der damalige Bundeskanzler in die Gespräche ein. Am 10. April 1951 verabschiedete der Bundestag mit großer Mehrheit das „Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie“ – das „Montan-Mitbestimmungsgesetz“.
Das Betriebsverfassungsgesetz (1952) und das Bundespersonalvertretungsgesetz (1955) rundeten mit der Regelung der betrieblichen Mitbestimmung die Gesetzgebung zur Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Betrieb und Unternehmen ab. Das Betriebsverfassungsgesetz von 1952 enthält auch Vorschriften zur unternehmerischen Mitbestimmung und gilt in diesem Teil noch heute.
Die Neufassung des Jahres 1972 brachte wesentliche Verbesserungen bei den Beteiligungsrechten des Betriebsrats in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten. Es stärkte zwar die betriebliche Mitbestimmung, klammerte jedoch die unternehmerische aus, da die entsprechenden Gesetzespassagen des '52er-Gesetzes bestehen blieben und weiterhin fortgalten.
Am 14.02.2003 hat das Bundeskabinett die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) beschlossen. Das BetrVG gilt seit fast dreißig Jahren beinahe unverändert und wurde zuletzt im Jahr 1988 geringfügig geändert. Es ist nun an die veränderten Anforderungen und Bedingungen des modernen Wirtschafts- und Arbeitslebens angepasst worden.
Die Eckpunkte der Reform:
Der Betriebsrat vertritt die Interessen der gesamten Belegschaft eines Unternehmens. Er ist damit auch für ihre Willensbildung mit verantwortlich.
Im Verhältnis zum Arbeitgeber schreibt ihm das Gesetz ein kooperatives Verhältnis vor. Insbesondere darf der Betriebsrat nicht mit einem Arbeitskampf drohen oder diesen organisieren. Im Gegenzug dazu hat er allerdings besondere Beteiligungsrechte. Diese beinhalten neben Mitbestimmungsrechten auch Anhörungs- und Mitwirkungsrechte.
Die Aufgaben und Rechte von Betriebsräten sind im Wesentlichen im § 80 des Betriebsverfassungsgesetzes definiert: Er
Zudem ist der Betriebsrat bei manchen Entscheidungen des Arbeitgebers anzuhören. Wichtigster Fall ist die beabsichtigte Kündigung eines Arbeitnehmers.
Der Schwerpunkt der Betriebsratstätigkeit liegt auf der Ausübung von Mitbestimmungsrechten. Der Begriff der Mitbestimmung hat einen klar definierten Inhalt. Auf den Gebieten, die der Mitbestimmung gemäß BetrVG unterliegen, müssen Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam handeln, d. h. handelt der Arbeitgeber allein, ist seine Entscheidung rechtlich unwirksam. Im Rahmen seiner Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat auch Vorschlagsrechte.
Wesentlicher Bestandteil der Mitbestimmung ist die in sozialen Angelegenheiten. Diese beinhaltet:
Die Mitbestimmung des Betriebsrats in sozialen Angelegenheiten führt häufig zum Abschluss von Betriebsvereinbarungen. Eine Betriebsvereinbarung ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, auf die viele der tarifrechtlichen Grundsätze Anwendung finden.
Zahlen und Fakten zur Arbeit von Betriebsräten
Gesamtwirtschaftlich sind Betriebsräte nur in 10,5 % aller privatwirtschaftlichen Betriebe ab fünf Beschäftigte vorhanden (West 11 %, Ost 10 %). Dabei sind in großen Betrieben ab 300 Beschäftigten betriebliche Interessenvertretungen fast immer gegeben. In kleineren sind sie dagegen eher selten: In Betrieben mit fünf bis zwanzig Beschäftigten kommen sie in 4,2 % der Fälle vor, mit 21 bis 100 Beschäftigten in 29,9 %, mit 101 bis 299 Beschäftigten in 68 %. Eine Jugend- und Auszubildendenvertretung gibt es nur in 49 % der Betriebe mit Betriebsrat (West 50 %, Ost 44 %). In kleinen Betrieben sind sie noch seltener. 20 bis 50 Beschäftigte: 4 %, 51 bis 100 Beschäftigte: 12 %, 101 bis 200 Beschäftigte: 27 %.
Die Betriebsräte sind in ihrer großen Mehrheit nicht nur zu Tarifverträgen, sondern auch zu Gewerkschaften positiv eingestellt, weil sie sich von gewerkschaftlichen Aktivitäten Rückendeckung und Unterstützung erwarten. Aber beides reicht ihnen häufig auch nicht. So wurde z. B. die gewerkschaftliche Betreuung von Betriebsräten teilweise sehr kritisch beurteilt. Die Betriebsräte bezeichnen ihre Betreuung durch die Gewerkschaften zu
Die befragten Betriebsräte in Deutschland sind nicht generell gewerkschaftlich organisiert:
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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