Akteure der Entwicklungszusammenarbeit (Deutschland)

Politische Leitung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit

Entwicklungszusammenarbeit wird von einer Vielzahl von Akteuren aus dem staatlichen und nicht staatlichen Bereich realisiert.
Die politische Verantwortung für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit liegt seit 1961 beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Die Leitung des Ministeriums besteht aus der Ministerin, der Parlamentarischen Staatssekretärin und dem beamteten Staatssekretär sowie deren Referentinnen, Referenten und Büros.
Das BMZ gliedert sich in vier Abteilungen mit unterschiedlichen Zuständigkeiten:

  • Abteilung 1: Aufgaben der allgemeinen Verwaltung sowie der entwicklungspolitischen Inlandsarbeit
  • Abteilung 2: Entwicklungspolitik mit Ländern und Regionen
  • Abteilung 3: Instrumentarium der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit
  • Abteilung 4: Multilaterale Zusammenarbeit sowie Grundsätze und Förderungskonzepte

In Schwerpunktländern der Zusammenarbeit und bei entwicklungspolitisch bedeutenden internationalen Organisationen (z. B. UNO, OECD, EU, FAO) setzen das BMZ und das Auswärtige Amt Referentinnen und Referenten für wirtschaftliche Zusammenarbeit aus dem BMZ ein. Deren Aufgabe besteht darin, die fachlichen Kenntnisse des BMZ in die deutschen Auslandsvertretungen einzubringen und die entwicklungspolitischen Aktivitäten vor Ort zu koordinieren. Darüber hinaus ist das BMZ in den Direktorien von Weltbank und regionalen Entwicklungsbanken mit eigenen Fachkräften vertreten.

Institutionen der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit

Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit, was die finanzielle und technische Zusammenarbeit betrifft, wird vor allem durch folgende Institutionen durchgeführt:

  • Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) finanziert vielfältige Unterstützungsmaßnahmen (z. B. Sachgüter, Anlageinvestitionen, Studien, Beratung, Ausbildung einheimischer Fachkräfte) bei der Realisierung von Projekten in Partnerländern zu unterschiedlichen Konditionen.
     
  • Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) leistet auf dem Wege unentgeltlicher Beratungs- und Sachleistungen Unterstützung bei der Vermittlung technischer, wirtschaftlicher und organisatorischer Kenntnisse und Fähigkeiten.
     
  • Die Carl-Duisberg-Gesellschaft (CDG) und die Deutsche Stiftung für internationale Entwicklung (DSE), seit 2002 zu einer GmbH fusioniert sowie die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) der Bundesanstalt für Arbeit sind beauftragt, die einzelnen Programme für die Aus- und Fortbildung von Führungskräften aus Entwicklungsländern zu realisieren.
     
  • Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), die Alexander-von-Humboldt-Stiftung (AvH) und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) realisieren im Rahmen der Wissenschafts- und Hochschulkooperation vielfältige Programme zur Anbindung der Partnerländer an globale Wissensnetze und zur Qualifizierung akademischer Fach- und Führungskräfte.
     
  • Die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung der Bundesanstalt für Arbeit (ZAV) und die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG) unterstützen die Fachkräfte, die in ihre Heimatländer zurückkehren, mit Zuschüssen bei der Wiedereingliederung in den heimischen Arbeitsmarkt.
     
  • Das Zentrum für internationale Migration und Entwicklung (CIM) unterstützt das Programm „Integrierte Fachkräfte“, d. h. zeitlich begrenzte Beschäftigung von Fachkräften.
     
  • Der Deutsche Entwicklungsdienst (DED), der sich mit fünf anderen anerkannten Organisationen 1993 in der Arbeitsgemeinschaft der Entwicklungsdienste (AGdD) zusammengeschlossen hat, entsendet Entwicklungshelferinnen und -helfer.

Nach dem Entwicklungshelfergesetz ist Entwicklungshelfer, „wer mit einem staatlich anerkannten Träger des Entwicklungsdienstes in einem Entwicklungsland ohne Erwerbsabsicht einen mindestens zweijährigen Dienst leistet, um in partnerschaftlicher Zusammenarbeit zum Fortschritt des Landes beizutragen“.

Akteure nicht staatlicher Entwicklungszusammenarbeit

Staatliche und nicht staatliche Entwicklungszusammenarbeit ergänzen einander. Zu den mehreren Tausend entwicklungspolitischen NGOs gehören

  • Fördervereine,
  • Initiativgruppen,
  • Aktionsbündnisse,
  • Arbeitsgemeinschaften,
  • Solidaritätskreise,
  • Partnerschaftseinrichtungen,
  • Stiftungen und
  • Netzwerke

mit lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Aktionsbasis. Es sind vor allem private, kirchliche und politisch orientierte Träger, die programm- und projektorientierte Entwicklungszusammenarbeit in Bereichen wie

  • Armutsbekämpfung,
  • soziale Grunddienste,
  • Nahrungsmittel-, Not- und Flüchtlingshilfe sowie
  • entwicklungspolitische Bildungs-, Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit

leisten. Zu den NGOs, die die Bundesregierung seit über 40 Jahren fördert, gehören vor allem Kirchen, politische Stiftungen und andere fachlich, personell und finanziell leistungsfähige Träger mit langjährigen Erfahrungen.

Kirchliche Organisationen

In der nicht staatlichen deutschen Entwicklungszusammenarbeit spielen die Kirchen eine herausragende Rolle. In den über vier Jahrzehnten ihres entwicklungspolitischen Engagements konnten sie in vielen Entwicklungsländern nachhaltige Beiträge leisten, um Armut zu lindern, die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern und die politische Bewusstseinsbildung zu beeinflussen.
Die seit 1992 bestehende Kooperation zwischen Staat und Kirchen ist vor allem deshalb stabil, weil sie mit unterschiedlichen, aber sich einander ergänzenden Mitteln gemeinsame Ziele verfolgt:

  • Friedenserhaltung und Konfliktprävention,
  • Armutsbekämpfung und Entschuldung armer Länder,
  • Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen.

Kardinal KARL LEHMANN, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, erklärte am 07.11.2001 beim Festakt zum 40-jährigen Bestehen des BMZ:
„Das BMZ und die beiden großen Kirchen in Deutschland verbindet eine lange, intensive und fruchtbare Zusammenarbeit. … Die Entwicklungspolitik sollte der Sache des Friedens dadurch dienen, dass sie bei ihrer eigenen Sache bleibt: der Bekämpfung der Massenarmut in ihren vielfältigen, nicht allein materiellen Dimensionen und Erscheinungsformen.“

Die Bundesregierung bzw. das BMZ arbeiten eng mit den 1962 von den Kirchen gegründeten Zentralstellen zusammen:

  • Evangelische Zentralstelle für Entwicklungshilfe e. V.
    (EZE) und
     
  • Katholische Zentralstelle für Entwicklungshilfe e. V.
    (KZE).

Seitens der Kirchen sind sie die Hauptansprechpartner für das BMZ im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. Im Kern besteht die Kooperation in der Mitfinanzierung bedeutender Vorhaben der Kirchen durch das BMZ. Die Zentralstellen wählen die Projekte eigenständig aus und vergeben die BMZ-Zuwendungen eigenverantwortlich. Beide Zentralstellen sind in kirchliche Hilfswerke eingebunden:

  • Die EZE ist angesiedelt im Evangelischen Entwicklungsdienst (EED), der 1999 von den Landes- und Freikirchen gegründet wurde und der die bis dahin selbstständigen Werke des kirchlichen Entwicklungsdienstes – Dienste in Übersee e. V. (DÜ), Evangelische Zentralstelle für Entwicklungshilfe e.V. (EZE), Kirchlicher Entwicklungsdienst (KED) und Ökumenisch-Missionarischer Weltdienst (EMW-ÖMW) vereint hat. Der EED unterstützt Kirchen, christliche Organisationen und private Träger, die sich am Aufbau einer gerechten Gesellschaft beteiligen und Menschen helfen, die in Not und Armut leben oder von Krieg und anderen Katastrophen bedroht sind.
    Der EED arbeitet eng mit der Aktion „Brot für die Welt“ zusammen. Diese Aktion kirchlicher Entwicklungszusammenarbeit leistet in jährlich mehr als 1 200 Projekten und Programmen gemeinsam mit Partnern in Übersee Hilfe zur Selbsthilfe. Nach dem Leitmotiv „Den Armen Gerechtigkeit“ betreibt diese Aktion in einem nationalen und internationalen Netzwerk von Aktionen, Organisationen und Kooperation fachspezifische Dialoge sowie entwicklungspolitische Bildungs- und Kampagnenarbeit.
     
  • Die KZE und ihre Geschäftsstelle sind im katholischen Hilfswerk MISEREOR in Aachen eingebunden. Das „Bischöfliche Hilfswerk Misereor e. V.“ wurde 1958 in Fulda als Aktion gegen Hunger und Krankheit in der Welt gegründet. Der Name knüpft an das Bibelwort „Mich erbarmt des Volkes“ (Misereor super turbam) an. Seit seiner Gründung hat das Hilfswerk der deutschen Katholiken in über 100 Ländern mehr als 85 000 Entwicklungsprojekte in der Dritten Welt mit etwa 4 Mrd. Euro unterstützt. Die geleistete Hilfe zur Selbsthilfe dient vor allem der Bekämpfung der Ursachen von Armut und Unterdrückung in den Bereichen Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Gesundheitswesen, Bildung und Ausbildung. Entwicklungspolitische Informations-, Bildungs- und Lobbyarbeit verfolgt insbesondere das Ziel, in Deutschland das Bewusstsein für Not und Ungerechtigkeit in der Dritten Welt zu entwickeln. In jährlichen bundesweiten Fastenaktionen stehen jeweils ein aktuelles Thema der Entwicklungszusammenarbeit und der Aufruf zur aktiven Solidarität mit den Armen im Zentrum.

Die Kirchen tragen ihre Aktivitäten aus Eigenmitteln und Spenden zu großen Teilen selbst. Sie werden aber auch durch Fördermittel des BMZ unterstützt. Während sich das BMZ bei der Umsetzung seiner Konzepte zur Konflikt- und Krisenprävention auch auf die Erfahrungen kirchlicher Entwicklungsdienste stützt, fördern die Kirchen ihrerseits aktiv den Aktionsplan 2015 der Bundesregierung zur weltweiten Armutsbekämpfung.

Als ein Beispiel dafür kann ein Dialogprojekt in Burkina Faso angesehen werden:
In Dori, einem Ort mit überwiegend muslimischer Bevölkerung im Nordosten des westafrikanischen Staates, wurde vor über 30 Jahren die UFC-Diori (Union Fraternelle des Croyants de Dori) gegründet. Die Geschwisterliche Vereinigung der Gläubigen von Dori vereinte Christen und Muslime zunächst zu dem Zweck, Brunnen zu bauen. Aus dieser Initiative, die von KZE/MISEREOR gefördert und vom BMZ mit finanziellen Mitteln unterstützt wird, ist inzwischen ein umfassendes ländliches Entwicklungsprogramm geworden. Es erreicht 380 000 Menschen. Seit 1971 wurden 281 Brunnen gebaut. In den letzten zehn Jahren kamen 28 Wasser-Rückhaltebecken hinzu. Diese Arbeit steht in enger Verbindung mit der Entwicklung der Dorfgemeinschaft, der Entwicklung von Landbauprogrammen für eine standortgerechte Bewirtschaftung, der Durchsetzung von Maßnahmen zur Lagerung und Vermarktung der erzeugten landwirtschaftlichen Produkte, dem Kampf gegen Bodenerosion durch Aufforsten sowie der Durchführung von Aus- und Fortbildungsprogrammen für Landwirte. Zur Wirksamkeit des Projekts stellte ein Prüfbericht Ende der 1990er-Jahre fest, dass sich Gruppen und Dörfer zunehmend solidarischer organisieren, die Abwanderung von Jugendlichen abnimmt, Erwerbs- und Einkommensmöglichkeiten geschaffen wurden.
Die erfolgreiche Verwirklichung des Projekts zeigt, dass Entwicklungszusammenarbeit zwischen Staat und Kirchen nicht auf bloße Förderung kirchlicher Projekte gerichtet ist. Sie zielt vielmehr auf strukturelle Veränderungen der Lebenssituation benachteiligter Bevölkerungsgruppen. Gelingt es, die natürlichen Ressourcen eines Landes dauerhaft gerechter zu verteilen, trägt das mit dazu bei, Konflikten vorzubeugen. Voraussetzung dafür ist ein ständiger Dialog, der geprägt ist vom Respekt vor anderen Religionen und der die Zusammenarbeit mit ihnen anstrebt.

Politische Stiftungen

Zu den politischen Stiftungen der Parteien gehören:

  • Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD),
  • Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU),
  • Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP),
  • Hanns-Seide-Stiftung (CSU),
  • Heinrich-Böll-Stiftung (Bündnis90/Grüne),
  • Rosa-Luxemburg-Stiftung (Die Linke).

Die politischen Stiftungen fördern Institutionen sowie gesellschaftliche und soziale Gruppen in Entwicklungsländern sowie in Osteuropa mit dem Ziel,

  • demokratische Strukturen zu festigen,
  • die Bevölkerung an den politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen,
  • die wirtschaftliche Eigenständigkeit der Partnerländer zu stärken und
  • die Teilnahme breiter Bevölkerungsschichten an sozialen und wirtschaftlichen Entscheidungen ihrer Länder zu ermöglichen.

Unterstützt werden insbesondere Gewerkschaften und Parteien. Die politischen Stiftungen fördern Bildungseinrichtungen und Selbsthilfeorganisationen in ländlichen Gebieten, gesellschaftspolitische Erwachsenenbildung, die Entwicklung der Medien und den sozialwissenschaftlichen Forschungsbereich.

Andere private Institutionen

Über die amtskirchlich oder parteipolitisch gebundenen Organisationen hinaus engagieren sich auch viele andere private Träger in der Entwicklungszusammenarbeit mit Ländern Afrikas, Asiens, Lateinamerikas und den Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas sowie der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS). Programme und Projekte der privaten Träger enthalten vor allem Unterstützungsmaßnahmen, um die wirtschaftliche und soziale Situation armer Bevölkerungsgruppen verbessern zu helfen, Menschenrechte einzuhalten und die Sozialstruktur zu stärken. Zu der Vielzahl der Träger zählen:

  • Deutsche Welthungerhilfe,
  • Deutscher Caritasverband,
  • Arbeiterwohlfahrt,
  • Jugend Dritte Welt,
  • Komitee Ärzte für die Dritte Welt,
  • Terres des Hommes,
  • Weltfriedensdienst und
  • FIAN.

Bedingungen für finanzielle Zuschüsse durch das BMZ sind:

  • Gemeinnützigkeit der Organisation und Sitz in Deutschland,
  • fachliche und administrative Kompetenz,
  • Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit leistungsfähigen Partnerorganisationen in Entwicklungsländern,
  • Beitrag der Projekte zur unmittelbaren Verbesserung der Lage armer Bevölkerungsschichten oder zur Beachtung der Menschenrechte,
  • Eigenanteil an den Projektkosten von mindestens 25 %.

Die im Auftrag des BMZ tätige Beratungsstelle für private Träger in der Entwicklungszusammenarbeit (bengo) unterstützt und berät private Träger bei der Antragstellung.

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