Kernkraftwerk

Kernkraftwerke, manchmal auch Atomkraftwerke genannt, dienen der Gewinnung elektrischer Energie aus Kernenergie. Dabei erfolgt in einem Kernreaktor eine gesteuerte Kernspaltung, bei der thermische Energie freigesetzt wird. Diese thermische Energie wird über eine Energieumwandlungskette in elektrische Energie umgewandelt. Das erste Kernkraftwerk nahm in Obninsk bei Moskau 1954 seinen Betrieb auf. Es hatte eine Leistung von 5 MW.

Aufbau und Arten von Kernkraftwerken

Kernkraftwerke sind außerordentlich komplexe und komplizierte Anlagen. Das Herzstück eines Kernkraftwerkes ist ein Kernreaktor, in dem eine gesteuerte Kernspaltung erfolgt. Weitere wichtige Bestandteile sind die Turbine, der Generator und ein Kühlkreislauf mit Kondensator und häufig mit einem Kühlturm, dem aufgrund seiner Größe auffälligsten Bauwerk innerhalb eines Kernkraftwerkes.

Nach ihrem Aufbau unterscheidet man zwei Arten von Kernkraftwerken.
Bei einem Kernkraftwerk mit Siedewasserreaktor (Bild 2) wird das im Kernreaktor erhitzte Wasser in Dampf umgewandelt und dieser direkt der Turbine zugeführt. Über den Kondensator gelangt das Wasser wieder zurück in den Kernreaktor.

Kernkraftwerk mit Siedewasserreaktor

Kernkraftwerk mit Siedewasserreaktor

Kernkraftwerk
Siedewasserreaktor

Bei einem Kernkraftwerk mit Druckwasserreaktor besteht innerhalb des Kernreaktors ein erster Kreislauf mit einem Dampferzeuger (Bild 3). In einem zweiten Kreislauf gelangt der Dampf zur Turbine. Ein Vorteil einer solchen Anordnung besteht darin, dass radioaktiv kontaminiertes Wasser sich nur innerhalb des abgeschirmten Reaktorbereiches befindet. Der Nachteil besteht im insgesamt komplizierteren Aufbau.
Unter den in Betrieb befindlichen deutschen Kernkraftwerken gibt es sowohl Anlagen mit Siedewasserreaktoren (z.B. Krümmel, Würgassen, Grundremmingen) als auch Anlagen mit Druckwasserreaktoren (z.B. Brokdorf, Mühlheim-Kärlich und Neckarwestheim).

Kernkraftwerk mit Druckwasserreaktor

Kernkraftwerk mit Druckwasserreaktor

Kernkraftwerk
Druckwasserreaktor

Wirkungsweise eines Kernkraftwerkes

Die prinzipielle Wirkungsweise eines Kernkraftwerkes einschließlich der Energieumwandlungen, die in ihm vor sich gehen, zeigt Bild 4. Das Herzstück eines Kernkraftwerkes ist der Kernreaktor, in dem die gesteuerte Kernspaltung vor sich geht. Voraussetzungen für eine gesteuerte Kernspaltung sind:

  • Es muss genügend spaltbares Material vorhanden sein. Die notwendige Mindestmasse wird als kritische Masse bezeichnet.
  • Es müssen Neutronen mit der für die Kernspaltung notwendigen Geschwindigkeit existieren. Dazu müssen die bei der Kernspaltung selbst frei werdenden Neutronen abgebremst werden. Das geschieht durch Moderatoren.
  • Die Anzahl der Neutronen, die Kernspaltung hervorrufen, muss reguliert werden. Das geschieht durch Regelstäbe (Steuerstäbe), die unterschiedlich tief in den Reaktor hineingefahren werden können und die aus Materialien bestehen, die Neutronen absorbieren.
Wirkungsweise eines Kernkraftwerkes

Wirkungsweise eines Kernkraftwerkes

Bild 5 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Kernreaktors. Die nachfolgenden Zahlenangaben beziehen sich auf das Kernkraftwerk Krümmel.
Als Kernbrennstoff wird Uranoxid (UO 2 ) mit angereichertem Uran
(3,5 % Uran-235 und 96,5 % Uran-238) verwendet. In natürlichem Uran sind nur 0,7 % Uran-235 enthalten. Dieser Kernbrennstoff wird in Tablettenform hergestellt. Diese Tabletten, auch Pellets genannt, haben einen Durchmesser von ca. 10 mm und sind 10-15 mm lang. Sie werden in Brennstoffstäbe, auch Brennstäbe genannt, gefüllt. Das sind Stäbe von 11 mm Durchmesser und 4,17 m Länge. 72 solcher dünner Brennstoffstäbe werden zu einem Brennelement zusammengefasst.

Prinzip eines Kernreaktors

Prinzip eines Kernreaktors

Im Reaktor befinden sich 840 solcher Brennelemente, damit also 60 480 Brennstoffstäbe mit einer Brennstoffmenge von insgesamt 151 Tonnen.
Da sich beim Betrieb des Reaktors der Anteil des spaltbaren Materials allmählich verringert, müssen die abgebrannten Brennelemente von Zeit zu Zeit ausgetauscht werden. Nutzbar ist ein Brennelement etwa 7 Jahre lang. Zwischen den Brennelementen befinden sich 205 Regelstäbe. Sie enthalten Borcarbid und Hafnium und damit Stoffe, die Neutronen absorbieren. Diese Regelstäbe werden mithilfe von Elektromotoren oder hydraulisch von unten in den Reaktorkern hineingefahren.
Als Kühlmittel und zugleich als Moderator wird Wasser verwendet.

Die eigentliche Kernspaltung erfolgt in den Brennstoffstäben. Diese befinden sich in dem Druckbehälter, der zu etwa zwei Dritteln mit Wasser gefüllt ist (Bild 2). Das Wasser strömt von unten nach oben durch den Reaktorkern und führt dabei die Wärme ab, die durch Kernspaltung in den Brennstoffstäben frei wird.
Ein Teil des Wassers verdampft. Nach der Trennung von Wasser und Dampf im oberen Teil des Druckbehälters wird der Dampf mit einer Temperatur von etwa 280 °C und einem Druck von etwa 6,7 MPa direkt zur Turbine geleitet. Das sind bis zu 7 200 t Dampf in jeder Stunde.

In der Turbine wird die Energie des Dampfes in mechanische Energie (Rotationsenergie) umgewandelt. Die Turbine ist mit einem Generator gekoppelt. In ihm wird die mechanische Energie in elektrische Energie umgewandelt.
Der Generator im Kernkraftwerk Krümmel liefert eine elektrische Leistung von 1 316 MW bei einer Spannung von 27 kV und einer Frequenz von 50 Hz (Netzfrequenz). Daraus ergibt sich eine Stromstärke von 48 700 A. Bei einer solchen Stromstärke würden sich selbst sehr dicke Leitungen stark erwärmen und große Energieverluste auftreten. Deshalb wird durch Transformatoren Hochspannung von 220 kV oder von 380 kV erzeugt und diese Hochspannung in das Stromverbundnetz eingespeist.

Vorteile und Nachteile von Kernkraftwerken

Die Vorteile von Kernkraftwerken bestehen vor allem darin, dass

  • keine fossilen Brennstoffe wie Kohle oder Heizöl verbrannt werden müssen,
  • der Schadstoffausstoß eines solchen Kraftwerkes im normalen Betrieb relativ gering ist,
  • mit relativ kleinen Mengen Kernbrennstoff viel elektrische Energie gewonnen werden kann.

Die Nachteile von Kernkraftwerken liegen u. a. darin, dass

  • durch menschliches Versagen oder durch technische Pannen radioaktive Stoffe freigesetzt werden können und dadurch im Extremfall ganze Gebiete strahlenverseucht und unbewohnbar werden können. Ein solcher Fall trat 1986 im ukrainischen Kernkraftwerk Tschernobyl auf, wo es durch menschliches Versagen zu einer Explosion in einem der Kernreaktoren kam und viele Tonnen radioaktives Material in die Atmosphäre gelangten. In der Folge wurde selbst im über 1 500 km entfernten Deutschland eine erhöhte Radioaktivität registriert. Einen solchen schwerwiegenden Unfall bezeichnet man als GAU (größter anzunehmender Unfall). 2011 kam es im japanischen Fukushima infolge eines Tsunamis in mehreren Reaktorblöcken zu Kernschmelzen.
  • mit den abgebrannten Brennelementen radioaktiver Abfall entsteht, der wegen der langen Halbwertszeiten und der Gefährlichkeit verschiedener Stoffe jahrzehntelang sicher gelagert werden muss. So entsteht z. B. in jedem Kernreaktor in den Brennelementen auch hochgiftiges Plutonium. In abgebrannten Brennelementen sind das etwa 1% des Abfalls. Genauere Informationen sind unter dem Stichwort "radioaktiver Abfall" zu finden.

Diese Nachteile von Kernkraftwerken und die mit ihrem Betrieb verbundenen Gefahren haben zu einer intensiven Diskussion über die Nutzung von Kernenergie geführt. In den letzten Jahren sind in Deutschland im Unterschied zu einer Reihe anderer Länder keine neuen Kernkraftwerke gebaut worden. Längerfristig soll ein Ausstieg aus der Kernenergie erfolgen. Die Auffassungen über die Zweckmäßigkeit eines solchen Schrittes sind unterschiedlich.

Kernkraftwerke in Deutschland und weltweit

In Deutschland gab es im Jahr 2013 noch neun Kernkraftwerke, die in Betrieb waren und die ca. 11 % des elektrischen Stromes lieferten, der in Deutschland erzeugt wurde. Als Konsequenz aus der Atomkatastrophe in Fukushima 2011 – dort kam es infolge eines Tsunamis in mehreren Reaktorblöcken zu Kernschmelzen – wurde von der deutschen Politik der Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen, der in den 2020er-Jahren abgeschlossen sein soll.

Weltweit waren im Jahr 2013 etwa 430 Kernreaktoren in Betrieb. Die mit Abstand meisten Anlagen gibt es mit über 100 in den USA (108), gefolgt von Frankreich (58). Weltweit wird etwas über ei Zehntel der Elektroenergie in Kernkraftwerken gewonnen, wobei die Anteile in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich sind. Eine Reihe von Ländern verzichtet generell auf die Nutzung von Kernenergie. Dazu gehören z.B. Italien, Österreich, Portugal und Dänemark.

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