- Lexikon
- Physik Abitur
- 6 Quantenphysik
- 6.2 Interferenz von Quantenobjekten
- 6.2.0 Interferenz von Quantenobjekten
- Zeigerformalismus nach FEYNMAN
Die Photonenoptik behandelt die Lehre des Lichts unter Berücksichtigung der Annahme, dass dieses aus Teilchen, den sogenannten Photonen, besteht. Sie erklärt alle uns bekannten Phänomene der Strahlen- und Wellenoptik, was im Folgenden beispielhaft aufgezeigt werden soll.
Kennen wir den Ort eines Teilchens zum Zeitpunkt t0, so können wir mithilfe der Photonenoptik keine Aussage über den genauen Aufenthaltsort zur Zeit machen, sondern lediglich die Wahrscheinlichkeit des Photonenübergangs von einem Ort zum andern angeben. Entscheidend ist also die Frage, mit der sich übrigens die ganze Quantenmechanik beschäftigt: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein physikalisches System vom Zustand 1 in den Zustand 2 übergeht? Konkret im Falle des betrachteten Photons: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Photon vom Ort 1 zum Ort 2 gelangt? Es sei betont, dass nicht bekannt ist, warum ein Lichtteilchen vom Ort 1 zum Ort 2 gelangt und ein anderes zu einem dritten Ort. Keiner weiß, wie sich ein Photon für einen Weg entscheidet, wir können lediglich die Wahrscheinlichkeit für eine gegebene Zustandsänderung angeben.
Zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit des Photonenübergangs vom Ort 1 zum Ort 2 skizziert man mehrere mögliche Strecken (Bild 1), die das Photon nehmen kann. Prinzipiell ist jede Verbindungslinie von 1 und 2 zugelassen. Später werden wir zeigen, dass lediglich die Verbindungsgerade und deren benachbarten Wege zur Wahrscheinlichkeit des Übergangs von 1 nach 2 beitragen.
Dem Anfangszustand (Photon befindet sich am Ort 1) wird ein Vektorpfeil beliebiger Länge und Richtung zugeteilt. Wir betrachten ihn als Zeiger einer Uhr, der sich beim Start des Photons vom Ort 1 sehr schnell zu drehen beginnt und beim Erreichen des Ortes 2 stoppt. Die Richtung des gestoppten Zeigers ist charakteristisch für den vom Photon genommenen Pfad, weshalb wir so jedem Weg ein Vektorpfeil zuordnen können. Aufgrund der unterschiedlichen Wegstrecken besitzen die Vektoren verschiedene Richtungen.
Das Quadrat der Länge eines Pfeils soll in unseren Betrachtungen stets der Wahrscheinlichkeit entsprechen, dass sich das Photon auf dem zum Vektor gehörenden Weg fortbewegte; man spricht von der Wahrscheinlichkeitsamplitude.
Jede Wegstrecke, die das Photon zum Erreichen des Zielortes zurücklegen kann, nehmen wir in unseren Betrachtungen als gleich wahrscheinlich an.
Die entscheidende Frage ist nun: Wie berechnet man die Gesamtwahrscheinlichkeit des Photonenübergangs von 1 nach 2? Die Rechenvorschrift ist nicht sehr kompliziert:
Wie bei einer üblichen Vektoraddition addiert man die Pfeile aller möglichen Wege, die das Photon nehmen kann. Das Quadrat des resultierenden Pfeils ergibt die gesuchte Wahrscheinlichkeit der betrachteten Zustandsänderung.
11 mögliche Wege für den Photonenübergang von 1 nach 2
Das erste optische Phänomen, das wir mithilfe der Photonenoptik diskutieren wollen, ist die geradlinige Lichtausbreitung, also das fermatsche Prinzip. Es besagt, dass ein Lichtstrahl, zwischen zwei Punkten 1 und 2 stets den Weg der kürzesten Zeit durchläuft. Im Falle eines optisch homogenen Mediums (einheitlicher Brechungsindex) ist dies der direkte Weg.
Zur Herleitung des beschriebenen Gesetzes muss der resultierende Pfeil des oben beschriebenen Photonenübergangs konstruiert werden. Zunächst stellen wir dazu in einem Diagramm die benötigte Zeit der Photonenwanderung in Abhängigkeit von den möglichen Wegen dar und überlegen uns daraus, welche Richtung die zugehörigen „Uhrzeiger“ einnehmen (Bild 2).
Es ist natürlich nicht möglich, alle existierenden Verbindungslinien zu berücksichtigen; das wären unendlich viele. Wir werden jedoch gleich sehen, dass uns bereits die in Bild 1 dargestellten Möglichkeiten zum gewünschten Ergebnis führen.
Zeit-Weg-Diagramm mit den zugehörigen „Uhrzeigern“
Da jeder Pfad als gleichwahrscheinlich angenommen wird, haben alle Vektoren die gleiche Länge.
Die Pfeilrichtung für den Weg A können wir beliebig festlegen, die anderen schätzen wir unter Berücksichtigung der Wegstrecken ab. Die Strecken- und somit die Zeitunterschiede der Wege A, B, C, D sind relativ groß, weshalb die Pfeile in ganz unterschiedliche Richtungen zeigen. Im Gegensatz dazu sind die Längenunterschiede der Möglichkeiten D, E, F, G, H sehr gering, wodurch die entsprechenden Vektoren eine ähnliche Orientierung aufweisen. Bei der Vektoraddition tragen sie daher ganz wesentlich zum resultierenden Pfeil bei, wogegen sich die Vektoren der Wege A, B, C sowie I, J, K gegenseitig aufheben; sie „laufen im Kreis“ und haben dadurch nur einen unwesentlichen Einfluss auf die Vektoraddition (Bild 3).
Die Wahrscheinlichkeit für einen Photonenübergang von 1 nach 2 gibt uns das Quadrat des resultierenden Vektors. Das bedeutet, dass ausschließlich der geradlinige und dessen benachbarten Wege zur Wahrscheinlichkeit der betrachteten Zustandsänderung beitragen. Licht breitet sich also nahezu geradlinig aus. Nahezu, da auch die direkt benachbarten Wege einen wesentlichen Beitrag leisten.
Blockiert man die direkte Verbindung F durch einen kleinen Gegenstand, so nimmt die Intensität des Lichts am Ort 2 ab. Manche Photonen können sich jedoch um den Gegenstand „herumschummeln“, indem sie über einen Nachbarweg zum Zielort gelangen. Dieser Vorgang ist nichts anderes als die Lichtbeugung, die im Unterricht mittels der Wellentheorie erklärt wird.
Addition der einzelnen Pfeile zur Resultierenden
Den für die betrachtete Zustandsänderung ausschlaggebenden Lichtkegel (D, E, F, G, H), wollen wir im Folgenden etwas genauer untersuchen. Dazu verdeckt man mithilfe zweier Blöcke die restlichen Lichtwege, platziert am Ort 1 eine Lichtquelle und am Ort 2 einen Photonendetektor, der als Nachweisgerät dienen soll. Beim Auftreffen eines Photons reagiert dieser mit einem Knacken. Zusätzlich wird unterhalb von Ort 2 ein weiter Detektor an der Stelle 3 justiert (Bild 4).
Der Einfachheit halber machen wir die Annahme, dass sich das Licht nur auf Wegen ausbreiten kann, die sich aus zwei Geraden zusammensetzen.
Verengung des Lichtweges durch Einbringen eines Spalts
Ist die Spaltbreite groß genug, damit sich das Licht auf den Wegen D, E , F, G, H (bzw. D’, E’, F’, G’, H’) ausbreiten kann, so ist Folgendes zu beobachten: Der am Ort 2 aufgestellte Empfänger registriert auftreffende Photonen, der Detektor an der Stelle 3 bleibt stumm. Erklären können wir diese Beobachtung wiederum durch Zeichnen der zu den Wegen gehörenden Pfeile, die dann zur Resultierenden zusammengesetzt werden müssen.
Analog zum zuvor besprochenen Fall beanspruchen die Wege D, E, F, G, H nahezu die gleichen Zeiten. Die zugehörigen Vektoren haben demnach eine ähnliche Richtungen und setzen sich zu einer großen Resultierenden zusammen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Photon von 1 nach 2 gelangt ist daher sehr groß, was durch das Klicken des Detektors bestätigt wird.
Eine andere Situation liegt bei den gestrichelten Wegen vor; sie weisen merkliche Zeitunterschiede auf, weshalb sich die Vektoren gegenseitig auslöschen (Bild 5). Die Wahrscheinlichkeit für eine Photonenwanderung von 1 nach 3 ist daher sehr gering. Infolgedessen kann der Detektor am Ort 3 keine Photonen registrieren.
Zeit-Weg-Diagramme bei großer Spaltbreite
Jetzt schieben wir die Blöcke enger zusammen, sodass nur noch die Wege E, F, G (bzw. E’, F’, G’) den Spalt durchqueren können. Da nun auch die Strecken zum Ort 3 kaum einen Zeitunterschied aufweisen, laufen die zu E’, F’, G’ gehörenden Vektoren nicht mehr im Kreis (Bild 6). Die Wahrscheinlichkeit des Photonenübergangs von 1 nach 3 hat sich durch die Verengung des Spalts demnach wesentlich erhöht.
Im Einklang mit der Theorie registriert der Detektor bei engem Spalt einfallende Photonen.
Dieses Phänomen, die Beugung am Einfachspalt, kann ebenfalls durch die Wellenvorstellung des Lichts erklärt werden.
Zeit-Weg-Diagramme bei geringer Spaltbreite
Zum Abschluss soll die aus der Sekundarstufe I wohlbekannte Brennpunkteigenschaft einer Sammellinse durch die Photonenoptik erklärt werden.
Dazu denken wir uns eine Lichtquelle am Ort 1 und einen Photonendetektor am Ort 2. Für die Photonenbewegung sind in unserer Betrachtung nur die Wege zugelassen, die sich aus zwei Geraden gleicher Länge zusammensetzen (Bild 7).
Skizziert man das Zeit-Weg-Diagramm sowie den resultierenden Pfeil, so erhält man ähnliche Ergebnisse wie in Bild 2 und Bild 3 dargestellt. Zur Wahrscheinlichkeit des Photonenübergangs tragen also auch hier hauptsächlich der direkte Weg und seine benachbarten Pfade bei.
Wie lässt sich der Einfluss der äußeren, längeren Strecken erhöhen? Oder anders formuliert: Wie können wir erreichen, dass alle Wege die gleiche Zeit beanspruchen? (Dies würde eine wesentlich größere Resultierende und somit höhere Wahrscheinlichkeit des Übergangs zum Ort 2 bedeuten!)
Für den Photonenübergang von 1 nach 2 sind nur Wege zugelassen, die sich aus zwei Geraden gleicher Länge zusammensetzen.
Dazu nutzen wir die Tatsache, dass die Lichtgeschwindigkeit in einem Medium (z. B. Glas) kleiner ist als im Vakuum und in der Regel auch kleiner als in Luft. Bringt man in den direkten Photonenweg ein Glas mit entsprechender Dicke ein, so braucht das Licht über F genauso lange wie über K. Um das gleiche Ergebnis bei allen Wegen zu erzielen, ist jeweils die geeignete Glasdicke zu berechnen und in den Pfad einzusetzen. Da die Strecken nach außen hin zunehmen, muss immer weniger Glas eingebracht werden. Zusammensetzen der einzelnen Glasstücke ergibt eine Sammellinse (Bild 8).
Nach dem Einbringen einer geeigneten Sammellinse benötigt ein Photon für jeden Weg die gleiche Zeit.
Das Zeit-Weg-Diagramm mit den eingebrachten Glasstückchen ist eine Konstante, weshalb die einzelnen Pfeile alle die gleiche Richtung besitzen. Ihre Addition führt zu einer riesigen Resultierenden, d. h. die Wahrscheinlichkeit des Photonenübergangs von 1 nach 2 wird durch das Einbringen einer geeigneten Sammellinse stark erhöht (Bild 9).
Zeit-Weg-Diagramm bei geeigneter Sammellinse
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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