Werner von Siemens

WERNER VON SIEMENS lebte in einer Zeit, in der sich die Elektrophysik und die Elektrotechnik besonders schnell entwickelten. Mit dem Induktionsgesetz hatte MICHAEL FARADEY (1798–1867) die entscheidende physikalische Grundlage für die Gewinnung von Elektroenergie entdeckt. Die elektrische Telegrafie begann sich zu entwickeln. In vielen Länder wurden Forschungen zur Elektrizitätslehre und ihren möglichen Anwendungen durchgeführt. Das 19. Jahrhundert war gekennzeichnet durch eine immer engere Verbindung zwischen Grundlagenforschung und technischen Anwendungen.

Schule und Ausbildung

In diese Zeit hinein wurde WERNER VON SIEMENS am 13.12.1816 in Lenthe bei Hannover als Kind eines Gutspächters geboren. Wegen finanzieller Schwierigkeiten des Vaters trat er nach kurzem Besuch eines Gymnasiums als Offiziersbewerber in ein Magdeburger Artillerieregiment ein. Während der dreijährigen Ausbildung an der Vereinigten Artillerie- und Ingenieurschule in Berlin hatte er Unterricht bei Lehrern, die auch an der Universität Vorlesungen in Mathematik, Physik und Chemie hielten. Die vielfältigen Möglichkeiten zur technischen und wissenschaftlichen Fortbildung im Berliner Polytechnischen Verein und in der 1845 gegründeten Physikalischen Gesellschaft nutzte er auch als Leutnant der preußischen Artillerie. Insgesamt war er von 1834–1844 in Magdeburg und von 1845–1849 in Berlin Artillerieoffizier.

Die ersten wissenschaftlichen Arbeiten

Nach dem Tode beider Eltern (1839/40) fühlte er sich moralisch verpflichtet, für die acht jüngeren Geschwister zu sorgen. Seinen physikalisch-technischen Neigungen folgend, versuchte er, neben seinem Offiziersberuf mit allerlei Erfindungen (Druckerpresse für Zinkdruckverfahren, Verbesserung von Schießbaumwolle) Geld zu verdienen. Für eine 1842 gefundene neue Methode zur galvanischen Vergoldung und Versilberung erhielt SIEMENS sein erstes Patent, das durch seinen Bruder WILHELM, der später die englische Filiale seiner Firma leitete, für 1500 Pfund nach England verkauft wurde.

Mit HALSKE eröffnete SIEMENS 1847 in einem Berliner Hinterhaus die „Telegraphenanstalt Siemens & Halske“. Der erste große Auftrag war 1848 die Errichtung einer Telegrafenlinie zwischen Berlin und Frankfurt/Main. Beim Betrieb traten jedoch erhebliche Probleme wegen der mangelhaften Isolation der unterirdischen Kabel auf.
Der Bau großer Telegrafenlinien in Rußland (1853–1855) unter Leitung seines Bruders und die Errichtung der Indo-Europäischen Telegrafenlinie über 11 000 km (1869), die bis 1931 funktionierte, wie auch Seekabelverlegungen (ab 1853), bei denen sich eine von SIEMENS erfundene Kabelbremse bewährte, waren technische Höchstleistungen.

Durch wesentliche Verbesserungen der Telegrafentechnik (Fehlersuchgerät, Ruhestromtechnik, Konstruktion des Doppel-T-Ankers für seinen Zeigertelegrafen) sowie durch die Festlegung einer Widerstandseinheit (Quecksilbereinheit), aus der die Einheit Ohm hervorging, wuchs sein Ansehen als technischer Physiker.
1860 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Berliner Universität verliehen.

Wissenschaftler, Techniker und Unternehmer

Die bedeutendste Entdeckung von SIEMENS war die des dynamoelektrischen Prinzips. Siemens erkannte, dass man damit einen leistungsfähigen Generator konstruieren konnte, wenn man die Induktionsspannung und damit den Induktionsstrom nutzt, um ein starkes Magnetfeld zu erzeugen, zu dem sich die Induktionsspulen drehen. Diese von ihm konstruierten Gleichstromgeneratoren nannte er Dynamomaschinen.

Alte Dynamomaschine (um 1900)

Alte Dynamomaschine (um 1900)

1879 zeigte SIEMENS auf der Berliner Gewerbeausstellung die erste Elektrolokomotive, 1880 den ersten elektrischen Aufzug. 1881 fuhr in Berlin die erste von ihm konstruierte elektrische Straßenbahn. Auch Pläne für Berliner Hoch- und Untergrundbahnen gehen auf ihn zurück. Damit gehörte SIEMENS zu den Begründern der Starkstromtechnik. Diese wissenschaftlichen und technischen Leistungen wurden 1873 durch die Aufnahme in die Preußische Akademie der Wissenschaften anerkannt.
Für seine Leistungen wurde er 1888 vom preußischen König geadelt und durfte sich seitdem WERNER VON SIEMENS nennen.

SIEMENS´ gesamtes Schaffen, insbesondere sein Weg zum Erfinder und technischen Physiker, ist eng verknüpft mit der Herausbildung der kapitalistischen Produktionsweise, der Entwicklung von Großbetrieben und dem damit verbundenen Aufstieg Deutschlands zum Industriestaat.

Seine eigene Firma, die 1847 als Telegrafenbauanstalt gegründet worden war, profilierte und erweiterte sich zu einem elektrotechnischen Großunternehmen, das immer neue Anwendungen der Elektrizität in sein Produktionsprogramm aufnahm. Mit der Errichtung von Tochterunternehmen, u.a. in England und Rußland unter der Leitung seiner Brüder, strebte er eine Vormachtstellung auf dem Gebiet der Elektrotechnik in Europa an. Er rüstete seine Fabrik schon früh mit hoch spezialisierten Werkzeugmaschinen aus und gliederte ihr bereits 1867 eine Konstruktionsabteilung an. Damit gelang es ihm, sowohl durch technische Spitzenleistungen, als auch durch erhöhte Arbeitsproduktivität, das Weltniveau in der Elektrotechnik mitzubestimmen.

Über seine Zeit hinaus wirkend ist es aber ein Verdienst von Siemens, die Wissenschaft umfassend für den technischen Fortschritt eingesetzt und damit die Entwicklung der Technik entscheidend vorangetrieben zu haben. Die führende Stellung der deutschen Elektroindustrie zur Jahrhundertwende wäre ohne seine Leistungen undenkbar. Seine Bemühungen um die Gründung der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt (1887) und eines Elektrotechnischen Vereins (1879) sowie um die Errichtung elektrotechnischer Lehrstühle an den Technischen Hochschulen (1882) kennzeichnen ein neues Verhältnis zwischen Physik und Produktion, mit dem die vollständige Aufbereitung und Nutzung des physikalischen Wissens für die Produktion angestrebt wurde.

SIEMENS war zweimal verheiratet und hatte sechs Kinder. 1889 schied er aus der Leitung des Familienunternehmens Siemens & Halske aus und übergab sie seinen Söhnen, Brüdern und anderen Verwandten. Als er am 6.12.1892 in Charlottenburg bei Berlin starb, waren in dem bald darauf in eine Aktiengesellschaft umgewandelten Betrieben bereits über 5000 Menschen beschäftigt.

Das Grab von SIEMENS befindet sich auf dem Stahnsdorfer Waldfriedhof bei Berlin (Bild 4).
Der Name Siemens ist heute nicht nur bekannt als Firmenname eines der größten deutschen Industrieunternehmens. Zu Ehren von WERNER VON SIEMENS wird die Einheit für den elektrischen Leitwert - das ist der reziproke Wert des spezifischen elektrischen Widerstandes von Stoffen - Siemens genannt.

Grab von WERNER VON SIEMENS auf dem Stahnsdorfer Waldfriedhof

Grab von WERNER VON SIEMENS auf dem Stahnsdorfer Waldfriedhof

Werner von Siemens - Grab Werner von Siemens

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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