RUDOLF DIESEL lebte in einer Zeit, die durch tiefgreifende technische Umwälzungen und schnelle technische Entwicklungen gekennzeichnet war. WERNER VON SIEMENS (1816–1892) hatte mit dem dynamoelektrischen Prinzip die Grundlagen für die Erzeugung von Elektroenergie in großem Maßstab gefunden. An 1880 begannen elektrische Beleuchtung und Elektromotoren Einzug zu halten. NIKOLAUS AUGUST OTTO (1832–1891) hatte 1867 den ersten funktionsfähigen Verbrennungsmotor vorgestellt. 1886 konstruierten CARL BENZ (1844–1929), GOTTLIEB DAIMLER (1834–1900) und WIHELM MAYBACH (1846–1929) den ersten „Motorwagen“ mit einem Benzinmotor.
RUDOLF DIESEL wurde am 18. 3. 1858 als Kind deutscher Eltern in Paris geboren und verlebte dort seine Kindheit. Während des deutsch-französischen Krieges 1870/71 wurden alle Deutschen des Landes verwiesen. DIESELS Eltern gingen nach London. Da sie dort über keinerlei Mittel verfügten, wurde RUDOLF DIESEL nach Augsburg zu Verwandten geschickt. Sein Pflegevater war hier Mathematikprofessor an der Gewerbeschule.
In Augsburg besuchte DIESEL von 1873 bis 1875 die Industrieschule. Ohne zu zögern wählte er die mechanisch-technische Abteilung. Für ihn stand fest: Er musste Maschinenbauingenieur werden und einmal eine große Erfindung machen. In dieser Zeit litt er bittere Armut. Trotz ausgezeichneter Leistungen erhielt er kein Stipendium, weil er kein bayerischer Staatsbürger war. Auch seine Eltern, die wieder in Paris lebten, konnten ihn nicht unterstützen.
1875, nach bestandener Abschlussprüfung, begann er ein Maschinenbaustudium an der Technischen Hochschule in München. Großen Einfluss auf ihn hatte dort sein Lehrer in theoretischer Maschinenkunde, CARL VON LINDE (1842–1934), der Erfinder der Ammoniak-Kältemaschine. Von ihm erfuhr DIESEL über den geringen Wirkungsgrad von Dampfmaschinen, der bei etwa 10% lag. Auch über den größtmöglichen Wirkungsgrad bei der Umwandlung von Wärme in Arbeit, den der Franzose SADI CARNOT (1796–1832) berechnet hatte, trug LINDE vor.
Nunmehr verdichtete sich DIESELS Idee von einer großen Erfindung. Er schrieb später:
„Damals stellte ich mir die Aufgabe! Das war noch keine Erfindung, auch nicht die Idee dazu. Der Wunsch der Verwirklichung des Carnotschen Idealprozesses beherrschte fortan mein Dasein. Ich verließ die Schule, ging in die Welt, mußte mir meine Stellung im Leben erobern. Der Gedanke verfolgte mich unausgesetzt.“
Nach Abschluss seines Studiums im Jahre 1880 ging DIESEL im Auftrag der Lindeschen Kältegesellschaft nach Paris, um dort eine Eisfabrik zu leiten. In dieser richtete er sich eine Werkstatt ein und begann mit der Entwicklung von Wärmekraftmaschinen. Dabei sammelte er viele Erfahrungen, ein entscheidender Erfolg war ihm zunächst nicht vergönnt. Erst Anfang der neunziger Jahre fand er Lösungen und ließ sie auch schnell patentieren. Nach mehrjähriger Arbeit konnte 1897 der erste funktionsfähige Dieselmotor vorgestellt werden.
DIESEL erwarb durch seine Patente ein großes Vermögen. Die Sorge um die Erhaltung seines Vermögens trieb ihn zu zweifelhaften Spekulationen, bei denen er viel Geld verlor. Hohe Verluste brachte ihm auch der Versuch, ein soziales Traumbild zu verwirklichen. 1903 schrieb er ein Buch „Solidarismus“, in dem er die wirtschaftliche Erlösung der Menschheit anstrebte.
Die vielen Kämpfe um Anerkennung seiner Erfindung untergruben seine Gesundheit. Hinzu kam die Angst vor Verarmung, er stand kurz vor dem finanziellen Ruin.
In der Nacht des 29. 9. 1913 nahm er sich auf einer Schiffsreise von Antwerpen nach Harwich in England durch einen Sprung ins Wasser das Leben.
Ziel von RUDOLF DIESEL war die höchstmögliche Nutzung der Wärme zur Gewinnung von Arbeit. Er verwendete bei seinen Versuchen als Treibmittel zunächst überhitzten Wasserdampf, später Ammoniak, mit dem er berufsmäßig bei Kältemaschinen zu tun hatte. Seine jahrelangen Versuche hatten zunächst kaum Erfolg, sie verhalfen ihm aber sowohl theoretisch als auch praktisch zu großen Erfahrungen.
1893 stellte er seine Erfahrungen und Gedanken in einer Schrift mit dem Titel „Theorie und Konstruktion eines rationellen Wärmemotors zum Ersatz der Dampfmaschine und der heute bekannten Verbrennungsmotoren“ dar. Neben einigen Gedanken, die sich später als nicht realisierbar erwiesen, enthält dieses Werk die Grundideen des Dieselmotors: Hohe Verdichtung von Luft weit über das damals übliche Maß hinaus und Einspritzen des Treibstoffes bei maximaler Verdichtung in die durch die Kompression verdichtete und erhitzte Luft. Noch vor Erscheinen der Arbeit ließ er seine Ideen patentrechtlich schützen.
Zum Bau eines solchen Motors benötigte DIESEL finanzielle Mittel, er rechnete mit einer längeren Erprobungszeit. Deshalb wandte er sich an zwei der größten Maschinenbaufabriken Deutschlands mit der Bitte um Unterstützung: Die Maschinenfabrik Augsburg (später MAN) und Krupp. Beide erkannten schnell die große Bedeutung der Erfindung und waren in Erwartung eines hohen Gewinnes zu Investitionen bereit. In Augsburg wurde die Versuchswerkstatt eingerichtet, zu der die Firma Krupp 30 000 Taler beisteuerte.
1897 lief dann der erste funktionsfähige Dieselmotor mit dem damals erstaunlichen Wirkungsgrad von 30%. Betrieben wurde er mit Lampenpetroleum. Obwohl naturgemäß die ersten Exemplare noch Mängel aufwiesen, wurde an mehreren Stellen in Europa und Amerika sehr schnell mit der Serienproduktion begonnen. Sich daraus ergebende Pannen, wie Kolbenfresser oder mangelnde Präzision, wurde von Gegnern als Beweis der Unbrauchbarkeit des Dieselmotors gewertet. Bis zu seinem Tode musste sich DIESEL gegen derartige Angriffe wehren.
Dieselmotoren wurden wegen ihre hohen Gewichts zunächst nur für schwere Maschinen (Schiffe, große Pressen, Lokomotiven) verwendet. Sehr schnell begannen aber auch Versuche, sie für LKW und PKW einzusetzen.
1923/24 kamen die ersten LKW der Firmen Daimler, MAN und Dorner mit Dieselmotor auf den Markt. 1935 wurde der erste PKW mit Dieselmotor gebaut. Es war der Mercedes-Benz 260 D. Heute dominiert der Dieselmotor bei LKW, aber auch ca. 25 % aller neuen PKW sind mit einem Dieselmotor ausgerüstet.
Der erste, 1897 gebaute Dieselmotor
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