- Lexikon
- Musik
- 3 Musik in der Gesellschaft
- 3.4 Musik als Wirtschaftsfaktor
- 3.4.1 Musikindustrie
- Struktur der Musikindustrie
Die Musikindustrie ist hochgradig konzentriert. Den Kern bilden vier Firmenkonglomerate, die gemeinsam rund zwei Drittel der weltweiten Musikproduktion repräsentieren: Sony BMG Music Entertainment, Marktanteil ca. 25,1 %; das als joint venture organisierte Unternehmen entstand 2004 durch Zusammenschluss der Sony Music Entertainment des japanischen Elektronik-Riesen Sony Inc. mit der Bertelsmann Music Group (BMG) des Gütersloher Medienkonzerns Bertelsmann AG.
Universal Music Group (UMG), Marktanteil ca. 23,5 %; Eigentümer ist der französische Mischkonzern Vivendi Universal; das Unternehmen basiert auf der früheren Music Corporation of America (MCA) und der weitverzweigten, ehemals niederländischen Holding PolyGram, deren zahllose Einzelfirmen 1998 unter dem Dach von Vivendi Universal als Universal Music Group neu strukturiert
Electrical and Musical Industries (EMI), Marktanteil ca. 13,4 %; entstand 1931 durch Zusammenlegung der beiden ältesten europäischen Tonträgerunternehmen, der 1897 in London gegründeten British Gramophone Company und der 1900 gebildeten Londoner Tochterfirma der amerikanischen Columbia Phonograph Company.
Warner Music Group (WMG), Marktanteil ca. 12,7 %; besteht aus 37 Einzelfirmen in mehr als 50 Ländern und unterhält mit Warner/Chappell Music den weltgrößten Musikverlag mit mehr als einer Million Copyrights.
Diese sogenannten Majors (weil mehrheitliche Marktanteile) sind durch
gekennzeichnet. Sie verfügen über eigene Vertriebsorganisationen für ihre Produkte, was ihnen ihre marktbeherrschende Stellung sichert.
Ihnen stehen als Gegenpol die sogenannten Independents („Indies“) gegenüber, basisnahe Kleinfirmen, deren Aktivitäten nicht primär renditegesteuert, sondern viel stärker produktbezogen sind. Sie vertreten ein bestimmtes Musikkonzept. Wenn dieses wirtschaftlich nicht mehr umsetzbar ist, werden sie aufgegeben, statt sich unter rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nach profitableren musikalischen Betätigungsfeldern umzusehen. Ihre Bezeichnung als „Unabhängige“, womit ursprünglich der von den Major-Firmen unabhängige wirtschaftliche Status gemeint war, hat sich allerdings bereits seit den 1970er-Jahren überlebt. Auch sie sind heute – insbesondere durch Vertriebs- und Beteiligungsabkommen – als flexibel arbeitende Talentesucher und -entwickler mit den marktbeherrschenden Firmenkonglomeraten auf die eine oder andere Weise direkt oder indirekt verbunden.
Aber auch firmenintern ist durch die Bildung mehr oder weniger selbstständig arbeitender Profit Center sowie durch die relative Autonomie von Labels und Labelgruppen die Zentralisation von Finanz-, Verwaltungs- und Vertriebsmanagement mit einer weitgehenden Dezentralisierung des kreativen Bereichs verbunden. So wie die Branche insgesamt durch eine Verzahnung von zentralisierten (Majors) und dezentralisierten (Indies) Strukturen gekennzeichnet ist, weisen die hier tätigen Unternehmen eine analoge Struktur auf.
Voraussetzung dafür war die konsequente administrative Trennung der Grundfunktionen der Tonträgerherstellung und -vermarktung nach:
Diese Grundfunktionen sind Bestandteil jedes hier tätigen Unternehmens, auch wenn die Bezeichnungen variieren können und die administrative Umsetzung dieser Grundfunktionen nicht zwingend an bestimmte, mit ihnen deckungsgleiche Organisationseinheiten gebunden ist.
Obwohl der Tonträger im Zentrum der Musikindustrie steht, ist dessen Produktion und Verbreitung ohne eine ganze Reihe vor-, neben- und nachgeordneter Bereiche nicht vorstellbar. Insbesondere sind hier natürlich die Übertragungsmedien Rundfunk und Fernsehen zu nennen, die die wichtigsten Propagierungsinstrumente für die Produkte der Tonträgerindustrie darstellen, so wie sie umgekehrt mit ihrem Programminhalt – soweit es die Musik betrifft – von den Tonträgerherstellern abhängig sind.
Darüber hinaus generieren sie mit ihrer nach dem Urheber- und Leistungsschutzrecht gebührenpflichtigen Nutzung von Musik zugleich einen erheblichen Teil des Einkommens, der als Tantiemen an die Autoren und Interpreten zurückfließt. Von zentraler Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die Musikvideo-Kanäle des Kabelfernsehens, denn sie sind auf die Hauptzielgruppe der Tonträgerindustrie mit dem ausschließlichen Zweck der Absatzförderung ausgerichtet.
Ebenfalls von beträchtlicher Bedeutung sind nach wie vor die Printmedien. Insbesondere die Musikverlage – bis zur massenhaften Durchsetzung der Schallplatte einmal die zentralen Instanzen der Musikindustrie – spielen mit der kommerziellen Wahrnehmung des Urheber- und Vervielfältigungsrechtes als Materialquellen eine entscheidende Rolle. Ihre Aufgabe ist es, das von ihnen erworbene Urheber- und Vervielfältigungsrecht an einem Musikwerk durch Nutzungsverträge mit der Tonträgerindustrie sowie im Lizenzhandel zu verwerten. Dagegen spielen die ursprünglich einmal primären Aktivitäten, Notendruck und Musikalienvertrieb, inzwischen eine nicht gänzlich vernachlässigbare, aber nur noch sekundäre Rolle.
Angesichts der fundamentalen Bedeutung des Urheber- und Vervielfältigungsrechtes für den Prozess der kommerziellen Verwertung von Musik gehören zu den Branchen führenden Firmenkonglomeraten ausnahmslos auch Musikverlage, um die Rechte an den auf Tonträgern veröffentlichten Songs im Haus zu behalten:
Der in den letzten Jahren immens an Bedeutung gewonnene Handel mit Lizenzen und Rechten wird über Lizenzagenturen abgewickelt. Allein in Deutschland sind dafür über zwanzig selbstständig agierende Agenturen mit einem geschätzten Jahresumsatz von über 2 Mrd. Euro tätig, die die potenziellen Lizenznehmer in der werbetreibenden Industrie, der Konsumgüterindustrie und in den Medien mit den Lizenzgebern zusammenbringen. Marktführer ist die US-Firma „Signatures Network“, welche die Lizenzrechte von 125 internationalen Superstars – von BRITNEY SPEARS über ROBIN WILLIAMS bis MADONNA und BRUCE SPRINGSTEEN – vermarktet.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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